Ich erwartete, dass mein Vater das Wort ergreifen würde, aber das tat er nicht. Er traute mir zu mit den Anführern fertig zu werden und ich wollte ihn nicht enttäuschen. »Ich bin die rechtmäßige Nachfolgerin der Roten und plane demnächst mein Amt anzutreten... Allerdings kann es zu Problemen kommen. Wie ihr eventuell mitbekommen habt, haben die Blauen versucht uns zu stürzen. Ihr Hinterhalt hat uns schwer getroffen und daher sind wir gezwungen hier unterzutauchen.«

»Worauf soll das hier hinaus?«, unterbrach Gloria mich.

Ich verkniff es mir ein weiteres Mal die Augen zu verdrehen. »Mein Vater bestätigt hiermit meine Identität, aber wird es nicht mehr vor dem Volk tun können. Ihr seid nun Zeugen, die stattdessen vor unseren Bürgern einen Schwur ablegen können.«

»Dann schätze ich, hast du absichtlich ein falsches Armband getragen? Wo ist das echte?«, lehnte sich der Grüne Arme verschränkend zurück. Sein Misstrauen entging mir nicht.

Ich ließ mir nichts anmerken als er das Armband erwähnte, aber mein Inneres verkrampfte sich spürbar. »Selbstverständlich.«, log ich kurzerhand. »Aber es befindet sich aus Sicherheitsgründen im roten Viertel.«

Eine gefährliche Stille legte sich auf alle Anwesenden. Als könnte jeder die Lüge riechen, die ich gerade gedankenlos in den Raum geworfen hatte. Meine Handflächen fingen an zu schwitzen und mein Herz schlug mir einen Ticken lauter in den Ohren. »Unsere Zusammenarbeit ist heute mehr denn je gefragt. Begleitet mich zum roten Viertel und legt mit mir vor dem Volk den Schwur ab bevor die Blauen einen weiteren Angriff starten.«

»Seine Streitkraft reicht noch lange nicht aus, uns alle auf einmal ins Visier zu nehmen.«, erklärte Gloria und sie wusste wovon sie sprach. Ihre Farbpartie war die Hauptstreitkraft dieses Landes. Sie waren nicht nur in der Überzahl, sondern durchliefen jedes Halbjahr ein erstklassiges Trainingsprogramm, um jederzeit bereit für mögliche Invasionen zu sein.

»Aber für ein einzelnes Viertel schon.«, warf Jack widersprechend ein. »Hat Jason vielleicht schon Kontakt zu euch gesucht?«

Die braune Anführerin und der grüne Anführer tauschten einen raschen Blick aus. Mein Großvater hingegen streckte sich kurz durch und ergriff in diesem Moment das Wort: »Er hat Beamte in mein Viertel schicken lassen, um das Gespräch mit mir zu suchen. Allerdings war ich in der Zeit auswärts.«

Sobald er fertig gesprochen hatte, richtete ich meinen erwartungsvollen Blick auf die anderen beiden, die einen Moment zu lang schwiegen. »Warum haben Sie ihn am Leben gelassen?« Diese Frage galt seltsamerweise Jack.

»Es lag nicht an mir-«

»Ich bin keine Mörderin.«, unterbrach ich ihn, um zu verdeutlichen, dass ich diejenige war, die den Abzug hätte drücken können. Und nicht der Farblose.

»Du?« Gloria zog in Unglauben ihre rechte Braue hoch und betrachtete mich aus ihren feindseligen Augen.

Ich reckte das Kinn. »Ich hatte die Möglichkeit seinem Leben ein Ende zu bereiten, aber ich habe mich bewusst dagegen entschieden. Ich bin keine Mörderin. Stattdessen habe ich vor, ihn einfangen und in den Kerker werfen zu lassen. Seine Tochter und seinen Neffen ebenso.«

»Und wie gedenkst du dies zu tun?«

Sie beantworteten die ursprüngliche Frage nicht und lenkten ab. »Auch dafür werde ich jede Hilfe, die ich kriegen kann, benötigen. Aber mehr hierzu kann ich euch im roten Viertel erzählen. Ich würde mir jetzt viel lieber anhören ob Jason versucht hat Kontakt zu euch aufzunehmen...«

Ein langes Seufzen. »Das hat er, aber selbstverständlich haben wir ihn sofort abgeschüttelt.«, versicherte der Grüne schließlich.

Eine Stimme in meinem Hinterkopf flüsterte mir zu, ihnen nicht zu glauben. Ich hatte das Gefühl, dass hinter dem Gesagten mehr steckte. »Und bei Ihnen?«

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWhere stories live. Discover now