[E] Die Lektion

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Am Dienstag finde ich im Briefkasten neben einer Rechnung einen einfaches, in der Mitte gefaltetes Blatt Papier. Ich entfalte es und lese:

Lass deine Finger von Marco

oder lebe mit den Konsequenzen.

Ich drehe das Blatt um, doch die Rückseite ist leer.

Dass der Zettel von Susi ist, ist klar, dass sie weiß, wo ich wohne, damit auch. Instinktiv schaue ich zur Straße, ob ich ihr Auto sehe, entdecke aber nichts Verdächtiges. Also gehe ich in meine Wohnung und überlege, ob ich Marco darüber informieren soll. Eigentlich bringt es nichts, da er wohl auch nichts dagegen unternehmen kann, andererseits will er das sicher wissen.

Doch mit einem Blick auf mein Handy sehe ich, dass die Überlegung überflüssig ist.

Marco: Achtung, Susi weiß, wo du wohnst. Ich weiß nicht, was sie vorhat. Ich erkläre dir später, was passiert ist.

Marco weiß also schon Bescheid. Ich sehe, dass die Nachricht schon eine Stunde alt ist und gerade, als ich ihm von dem Zettel in meinem Briefkasten berichten will, schreibt er wieder.

Marco: Fuck, Susi ist echt gerissen. Sie war vorhin im Büro und hat erfahren, dass du nicht mehr hier arbeitest. Dann hat sie unter dem Vorwand, ich hätte sie gebeten, dir etwas zu bringen, was du in der Firma vergessen hast, von Judith deine Adresse erfragt.

Ich habe keine Ahnung, was sie von dir will, pass bitte ein bisschen auf.

Ich mache ein Bild von dem Zettel aus dem Briefkasten und schicke es Marco.

Marco: Oh klasse, Psychoterror. Das passt zu ihr. Ich muss sowieso in den nächsten Tagen mal wieder mit meinem Anwalt sprechen, ich frage mal, was man da machen kann.

Da ich nicht weiß, was ich sonst dazu schreiben soll, antworte ich einfach nur

Danke.

Ich frage mich wirklich, was Susi vorhat und fühle mich unwohl bei dem Gedanken, dass sie irgendwas plant. Ob eine Aussprache helfen würde? So könnte man zumindest herausfinden, was sie will. Vielleicht wäre es aber auch besser, das Ganze einfach zu ignorieren, damit die aufgibt. Ich muss auf jeden Fall mit Marco darüber sprechen. Also schreibe ich ihm nochmal.

Hast du Lust auf ein Treffen am Freitag? Ich glaube, ich hätte zur Susi-Thematik ein bisschen Gesprächsbedarf. Und wenn wir uns schon treffen, könnten wir die Zeit auch gleich für andere Dinge nutzen ;)

Marco: Freitag kann ich leider nicht, wie sieht's bei dir am Samstag aus?

Ich: Samstag ist gut, gerne.

Marco: Ich freue mich.

Ich: Ich mich auch.

In den nächsten Tagen bin ich ständig auf der Suche nach Zeichen von Susi. Draußen schaue ich mich häufiger um, ob ich ihr Auto sehe, bei jedem Blick in den Briefkasten frage ich mich, ob ein neuer Zettel darin zu finden ist und als meine Nachbarin an der Tür klingelt, um zu fragen, ob ich ein Paket für sie angenommen habe, schnellt mein Puls in die Höhe. So kann das echt nicht weitergehen, aber das ist wohl genau das, was sie provozieren wollte.

Am Samstagabend gehe ich zu Marco. Von Susi habe ich seit Dienstag nichts gesehen, gelesen oder sonst wie wahrgenommen, ich will aber unbedingt von Marco hören, was er dazu sagt.

Wir setzen uns ins Wohnzimmer und Marco schließt die Rollläden zum dunklen Garten. Ob er in Zwischenzeit auch so paranoid ist, wie ich?

"Hast du nochmal was von Susi gehört?" will er wissen.

MinaWhere stories live. Discover now