[E] Unerwartet

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Gegen Abend tausche ich mein Arbeitsoutfit gegen ein blaues, weich fallendes, knielanges Sommerkleid. Ich bedaure, dass ich die neue Unterwäsche vor dem Tragen waschen muss und entscheide mich stattdessen für ein schon bewährtes schwarzes Set.

Ich packe das Halsband in meine Tasche und mache mich auf den Weg. Ich entscheide mich, zu laufen und höre dabei Musik, um den Alltag zu vergessen und die Vorfreude auf den Abend zu steigern.

Bei Marco angekommen, fällt mir im Wohnzimmer direkt auf, dass der Fernseher nicht mehr auf dem Boden, sondern auf einem kleinen metallenen Kasten steht. Außerdem fehlt eines der Regale, wodurch die übrigen nicht mehr so leer aussehen.

"Hattest du einen schönen freien Tag?" Marco will wissen, was ich gemacht habe, aber ich kann es ihm jetzt noch nicht sagen. Ich will keine Diskussion mit ihm darüber.

"Ja, hatte ich, danke. Ich sehe, du warst shoppen?" ich deute auf das Kästchen unter dem Fernseher. Die Ablenkung vom Thema ist nicht sehr elegant aber er versteht wohl, dass Nachfragen nicht erwünscht sind.

"Ja. Ich muss endlich dafür sorgen, dass ich mich hier wieder wohl fühle."

"Gefällt mir! Hast du noch mehr gekauft?"

"Ja. Einen neuen Küchentisch mit Stühlen. Aber ich will dir lieber etwas Anderes zeigen. Aber nichts Neues, nur etwas, was du noch nicht kennst. Aber das zeige ich dir lieber oben." sein Grinsen sagt mir, dass es nicht um Wohnungseinrichtung geht.

Ich nehme das Halsband aus der Tasche, folge ihm nach oben und werfe auf dem Weg im Vorbeigehen einen Blick in die Küche. Der neue Tisch ist aus dunklem Holz, welches im Kontrast zum Rest der Wohnung steht. Die helle Einrichtung war wohl nicht seine Idee. Ich muss an Lillys Invasion der bunten Teppiche und Dekorationen denken. So ist das wohl nach Trennungen.

Er bittet mich mit einer Geste in das Zimmer. "Ich bin gleich bei dir."

Ich betrete das Zimmer und ziehe die noch geöffneten Vorhänge zu. Als Marco zurückkommt, hat er Kopfhörer in der Hand. "Das sind Noise Cancelling Kopfhörer. Wenn man die aufhat, hört man nichts mehr, was um einen herum passiert."

Ich muss unwillkürlich lächeln. Mir gefällt die Vorstellung. "Und du hättest gerne, dass ich die aufsetze?"

Er nickt. "Und wenn du willst, dann gerne zusammen mit dieser Augenmaske." Ich nehme die Maske aus seiner Hand. Sie ist aus Satin und fühlt sich angenehm kühl und weich an.

"Keine Angst, ich will dir keine Schmerzen zufügen. Ich möchte dir nur mal zeigen, wie intensiv sich alles anfühlt, wenn man zwei seiner Sinne ausschaltet."

"Klingt gut."

Er lächelt, kommt zu mir und küsst mich. Dann gibt er mir die Kopfhörer in die Hand. "Setze sie mal auf, um zu testen, wie das ist. Wenn du sie aufhast, schalte ich das Noise Cancelling ein."

Ich setze die Kopfhörer auf und die Muscheln schmiegen sich um meine Ohren. Ich passe die Größe des Bügels an, so dass sie richtig sitzen, dann schaue ich Marco an.

Ich höre ihn sehr gedämpft "Noch solltest du mich verstehen, aber, wenn ich das Noice Cancelling aktiviere" er fasst an die eine Muschel des Kopfhörers, ich höre ein leises klick und dann nichts mehr. Ich sehe, wie Marco spricht und dann lächelt. Als er in die Hände klatscht, kann ich das Geräusch sehr leise hören, doch weder richtig erkennen noch lokalisieren.

Marco nimmt mir die Kopfhörer ab und ich nehme plötzlich wieder all die kleinen Umgebungsgeräusche wahr. Den Rasenmäher in der Nachbarschaft, das Rascheln meines Kleides, als ich mich bewege. "Das funktioniert wirklich gut!" bin ich erstaunt.

MinaWhere stories live. Discover now