Perspektiven

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Auf dem Heimweg rufe ich Lilly an und kotze mich über Ben aus. Obwohl Lilly Ben und seine Eskapaden kennt, ist sie geschockt von dem, was ich ihr erzähle.

"Wie kann er nur so mies zu dir sein! Was machst du denn jetzt?" will Lilly wissen.

"Ich gebe ihm mal ein paar Tage Zeit, um sich darüber klar zu werden, was er getan hat und sich zu entschuldigen. Wenn von ihm nichts kommt, weiß ich nicht, was ich machen soll. Wegen so einer Aktion will ich unsere Freundschaft nicht einfach aufgeben aber er muss verstehen, dass sowas nicht geht."

"Ich hoffe, er meldet sich. Das wäre wirklich dumm von ihm, dich wegen so was zu verlieren. Sag mal, wie war eigentlich das Treffen mit Marco am Freitag?"

"Gut... was genau wir gemacht haben, erzähle ich dir lieber mal persönlich aber es hat mir auf jeden Fall gefallen."

"Oh, ich bin gespannt! Ich kann mir das wirklich nicht vorstellen, wie sowas abläuft aber es freut mich, dass es dir gefallen hat. Ich hatte ehrlich gesagt ein bisschen Angst, wie es dir gehen würde, wenn es dir nicht gefallen hätte."

"Den Gedanken habe ich vorher ganz gut verdrängt. Dann wäre es wohl richtig scheiße gewesen, dass Marco ein Arbeitskollege ist."

"Ich bin echt neugierig, wir sollten uns unbedingt treffen! Ich bin nur leider die ganze Woche auf Dienstreise und am Wochenende bei meinen Eltern. Aber nächste Woche habe ich ja Geburtstag. Magst du vorbeikommen und wir kochen was zusammen? Nach Feiern ist mit zurzeit sowieso nicht."

"Klar, gerne! Wir feiern einfach zu zweit. Das können wir ja ganz gut."

Lilly lacht. "Das klingt gut. Ein bisschen fies, dass ich so lange auf die Story warten muss aber bis dahin gibt es ja vielleicht noch mehr zu erzählen."

"Puh, noch mehr? Ich glaube, das wird ein langer Abend."

"Perfekt!"

"Dann wünsche ich dir eine gute Dienstreise und auch schon mal viel Spaß bei deinen Eltern. Aber wir schreiben ja sicher nochmal bis dahin."

"Danke, schlaf dich erst mal gut aus."

"Danke. Bis dann."

"Ciao."

Ich lege auf und fische meine Kopfhörer aus der Tasche. Ich brauche jetzt Musik.

Als ich daheim bin, stelle ich die Tasche ab und lasse mich aufs Sofa fallen. Jetzt spüre ich die Erschöpfung der letzten Tage mit voller Wucht. Außerdem tut mein Nacken weh und ich spüre leichte Kopfschmerzen. Der Heimweg mit der schweren Tasche war im Nachhinein nicht die beste Idee. Aber wenigstens hat er geholfen, meine Wut etwas abklingen zu lassen.

Ich schalte den Fernseher ein, merke aber bald, wie mir die Augen zufallen. Ich schalte den Fernseher wieder aus und überwinde mich, meine Tasche aus- und den Inhalt aufzuräumen.

Und obwohl es eigentlich viel zu früh dafür ist, ich noch kein Abendessen hatte und die Sonne noch nicht mal untergegangen ist, gehe ich schlafen. Das Wochenende war einfach zu viel.

Als mich mein Wecker aus dem Schlaf reiße, habe Ich über zehn Stunden geschlafen und fühle mich zwar noch nicht ganz fit aber wesentlich besser als gestern.

Der Montag schleppt sich dahin - so ganz fit bin ich wirklich noch nicht. Nach der Mittagspause spricht mich der Chef an und bittet mich um ein Gespräch. Da mein Vertrag in einem halben Jahr ausläuft, vermute ich, dass das der Inhalt des Gespräches sein wird.

Ich folge ihm in sein Büro, in dem schon Torsten wartet.

"Frau Lehmann, sie wissen ja, dass ihr Vertrag in einigen Monaten ausläuft."

MinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt