Ich lachte traurig auf. Seit wann spielte sie den Helden und ich den Bösewicht vor denen sie Unschuldige beschützen musste? Ich wollte alles hören. Alles, was sie über meine Mutter wusste. Ich wollte mich hier hinsetzen und den Geschichten dieser Frau, ihrer Heldin, lauschen und die Welt um mich herum verblassen lassen. Aber- »Wieso seid ihr hier allein. Wo ist der ganze Rest? Was ist hier passiert?«

»Matt und deine Stiefmutter sind in Sicherheit. Wir sind bis hier her eingedrungen und haben jeden Blauen getötet, der sich uns in den Weg gestellt hatte. Dich haben wir nicht ausfindig machen können. Wir teilten uns daher auf, Drake und Mia machten sich auf den Weg ins Büro, aber trafen auf einen roten Sicherheitsmann. Er schoss auf Drake, aber rührte Mia nicht an, da sie einst hier arbeitete. Dann verschwand er bevor ich mich auf die Suche nach den beiden begab und sie so vorfand.«

»Ich wollte ihm helfen das Armband zu finden.«, flüsterte meine ehemalige Bedienstete. »Er wollte nicht, dass ich mitkomme, aber ich beharrte darauf. Immerhin habe ich hier gearbeitet und kannte den ein oder anderen Ort, wo man sowas Wichtiges verstecken könnte.«

»Das ist jetzt irrelevant.«, sagte ich und senkte schließlich meinen rechten Arm. »Was wollt ihr mit dem Armband, wenn ihr es gefunden habt?«

»Es dir geben. Der rechtmäßigen Nachfolgerin.«

Ich glaubte ihr kein Wort. Die Box in meiner Tasche wurde plötzlich schwerer. »Und... habt ihr es gefunden?«

»Nein.«

»Seid ihr alleine hier?«

»Draußen warten noch unsere Leute.«

Ich nickte. Ich musste zu meinem Vater. Denn er war der Einzige, der meine Identität bestätigen konnte.

»Dann lasst sie nicht warten.«, trat ich zur Seite. Ich hatte nicht den Mut nach Jacks Leichnam zu fragen, also tat ich es auch nicht. Stattdessen senkte ich den Blick und wartete dass sie an mir vorbeigingen, was sie nicht taten. »Bringt ihn ins Krankenhaus, sucht nach Dr. Lind und sagt ihm, dass Belle Night euch persönlich geschickt hat. Er kennt meine Identität. Er wird sich um ihn kümmern.«

Als sich immer noch keiner rührte, hob ich den Blick wieder. Beide starrten mich an. »Kommen Sie nicht mit?«, wagte es schließlich Mia. »Wohin wollen Sie jetzt noch gehen?«

»Du kannst die Formalitäten fallen lassen, Mia. Ich bin schon lange nicht mehr deine Vorgesetzte.«

Sie seufzte schwer und warf einen raschen Blick auf Drake. »Sie- Du solltest mit uns kommen. Ja-«

»Ich will nichts davon hören.« Mein Herz raste. Ich wollte seinen Namen nicht hören. Nicht jetzt. Nicht, wenn ich bereits so kurz davor stand zusammenzubrechen. Nicht, wenn ich jeden Funken Kraft in mir noch brauchte, um ans Ziel zu gelangen.

»Aber-«

»Bitte« Tränen drohten an die Oberfläche zu brechen. »Ich muss los. Ihr schafft das schon.«, nickte ich auf Drake. »Ihr schafft das.«

Mit diesen Worten drehte ich mich endgültig weg und lief nach unten und suchte dann einen Weg nach draußen, wo man mich nicht entdecken würde. Ich musste hier raus. Ich musste zu meinem Vater, auch wenn ich nicht wusste wo er war. Jack wusste es... Er hatte mir versichert, dass er in Sicherheit war. Aber ich konnte ihn nicht fragen.

Abrupt hielt ich inne. Vielleicht wusste es Matt. Ich rannte zurück zu Layla und Mia, die gerade dabei waren Drake jeweils auf einer Schulter hochzuheben und den Raum zu verlassen.

»Wo ist Matt?«, fragte ich noch bevor sie mich registrierten. »Ich muss ganz dringend zu ihm.«

»Dann musst du uns folgen.«, erwiderte Layla angestrengt unter dem Gewicht ihres Kameraden. »Wir haben aber keine Zeit. Er muss so schnell wie möglich ins Krankenhaus.«

Ungeduldig tippte ich mit dem Fuß auf und ab. »Okay.« Ich hielt ihnen die Tür auf und half ihnen nach draußen, wo wir auf weitere Farblose trafen. Allesamt fiel ihnen die Kinnlade runter. »Bella- Ich meine Miss Night.«, verbeugte sich einer. Es war Pherb.

Unter normalen Umständen hätte ich über diese Geste geschmunzelt, aber im Moment war mir nicht danach. Deswegen nickte ich ihm nur zu. Ich ging davon aus, dass alle meine Identität nun kannte. Woher auch immer.

»Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen und dann muss ich zu Matt.«

»Verstanden.«

~~~

Die nächste halbe Stunde ertrug ich stumme Blicke auf mir während wir in einem Auto ins Krankenhaus rasten. Besonders Pherb schien etwas auf dem Herzen zu haben, aber traute sich nicht damit rauszurücken. Ob es um Jack ging? Auch ich wagte es nicht das Thema anzusprechen.

Stillschweigend folgten wir Layla und Mia ins rote Krankenhaus. Überall, wo ich hinblickte, war Chaos. Menschen wimmelten vor dem Krankenhaus, standen im Regen und verlangten reingelassen zu werden. Sie riefen nach Hilfe. Sie weinten. Sie klagten.

Ich stand nun mittendrin und versuchte uns einen Weg durch die Meute zu bahnen. Was war geschehen. Wieso gab es so viele Verletzte? Von wo kamen sie alle?

Am Schalter schnitt ich die Warteschlange: »Wir müssen zu Dr. Lind!«

»Tut mir leid, aber unsere Ärzte haben im Moment alle Hände voll. Sie müssen sich wie jeder andere anstellen, Miss.«

»Ich bin die Tochter von William Night und verlange nach meinem Arzt!«

Kurz stockte ihr der Atem, aber sie find sich schnell wieder. »Für solche Scherze haben wir keine Zeit. Stellen Sie sich bitte an.«

Verdammt. Ich gab Pherb ein kurzes Zeichen, dass sie einfach reinstürzen sollen. Noch schien keiner sie als Farblose aufgefasst zu haben. Und wenn das geschah, konnte ich ihnen mit meinem violetten Armband gar nicht helfen...

»Stehen geblieben!«, rief uns die Empfangsdame hinterher, aber wir flüchteten ins Innere. Die Sicherheitsmänner schienen mit der Menschenmenge draußen abgelenkt zu sein. Bis sie uns jemanden an den Hals los schickten, würden wir im Büro meines Arztes sein.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt