»Warum tust du das? Befürwortest du das Vorhaben deines Onkels?«, wollte ich wissen.

Statt einer Antwort starrte Shane mich aus diesen blauen Augen an. Diese Augen... Denen war ich schon mal verfallen. Jetzt verstand ich bei bestem Willen nicht wie. Deswegen erwiderte ich seinen Blick so steinern wie möglich. Dieses Spiel, das er so gerne spielte... das konnte ich auch.

»Wieso?!«, drängte ich.

Shane befeuchtete die Lippen, schaffte es allerdings meinem undurchdringlichen Blick standzuhalten und kam mir einen Schritt näher. »Aus welchem Grund tust du es?«

Ich stieß tief Luft aus. »Wovon redest du?«

Mein Gegenüber schüttelte unglaubwürdig den Kopf. »Du hättest einfach die Regeln deines Vaters befolgen können. Dir wäre vielleicht eines Tages dieses Land ergeben gewesen, aber du hast dich immer geweigert. Und auch jetzt bist du nur hier, um ihnen« Er nickte in Richtung Matt. »zu helfen. Warum? Hast du vergessen was sie tun? Hast du vergessen, dass sie deine Mutter auf dem Gewissen haben?«

Meine Lippen spalteten sich. Wusste er nicht, dass es Jason war? Tat er das alles deshalb? Weil er seinem verlogenen Onkel lieber glaubte?

»Fragst du dich nicht warum ich bei meinem Onkel aufgewachsen bin? Fragst du dich nicht, was mit meinen Eltern geschehen ist? Nicht nur dir haben diese Monster jemand wichtigen genommen! Nicht nur du hast durch ihre Hand gelitten.«, schüttelte er den Kopf. In seinen Augen spiegelte sich Trauer, aber auch endlose Wut wider. »Ich... Ich konnte dich immer verstehen. Jedes Mal wenn du dich alleine in dein Zimmer zurückgezogen hast, Tränen vergossen hast, jedes Mal wenn du dachtest niemand in diesem riesigen Palast würde deinen Schmerz verstehen, war ich da – in deiner Nähe, mit demselben Kummer in der Brust. Aber jetzt- jetzt willst du mir weismachen, dass das alles vergessen ist? Du kannst dich vielleicht an diese Tage nicht mehr erinnern, aber ich werde sie nie vergessen und es ihnen nie verzeihen. Nie. Hörst du?«

Noch während er sprach, öffnete sich ein Loch in meiner Brust, von dem ich ausging es sei längst gestopft. Ihm war aufgefallen, welch schwere Tage ich hinter mir hatte und wie einsam ich mich stets gefühlt hatte. Das Atmen fiel mir schwerer, wenn ich daran dachte, dass es in diesem Palast noch eine Person gegeben hatte, die vor sich hin gelitten und dennoch eine aufrechte Haltung nach außen hin bewahrt hatte. Und noch dazu hatte er mich bemerkt. Doch jetzt beging er denselben Fehler wie ich vor einigen Monaten noch. Er hinterfragte nicht, er glaubte sofort. Ich hatte erst vor kurzer Zeit erfahren, wer eigentlich hinter dem Tod meiner Mutter steckte.

»Das waren sie nicht.«, schluckte ich schwer. Wie sollte ich ihm das glaubwürdig erklären? »Ich weiß nicht, was deinen Eltern widerfahren ist, aber meine Mutter wurde von keinem Farblosen ermordet. Es...« Ich atmete tief ein. »Es war dein Onkel.«

Ein bitteres Lachen. »Haben sie dir das erzählt?«

Ich konnte ihm deswegen nicht einmal wütend sein. Er tat mir leid. Es waren seine Eltern, beide, die er verloren hatte. Auch wenn ich es nun bezweifelte, dass Farblose hier die Finger im Spiel hatten, konnte ich ihm schlecht sagen, dass es sein Onkel war. Denn im Grunde genommen erfuhr ich erst jetzt von Shane selbst, dass er seine Eltern verloren hatte.

»Nein«, murmelte ich. »Das hat Jason mir persönlich gebeichtet. Kurz bevor er vor meinen Augen Henry erschossen hat.« Henry... Sein Gesicht war eins der leblosen Gesichter, die ich nie mehr wieder aus meinem Gedächtnis bekommen würde. Sein Name würde mir für immer einen Schauer über den Rücken jagen. Noch immer spürte ich die Wärme seines Blutes an meinen Händen, an meinem Beinen.

Nur ganz kurz huschte Entsetzen über sein Gesicht ehe er es mit einem Kopfschütteln überspielte. »Du spinnst doch. Henry hatte nichts mit irgendwas zu tun. Allein das beweist doch, dass du lügst.«

Hoffnungslos verzog ich den Mund zu einem Strich. Was hatte ich erwartet? Es hatte auch mich unendlich viel Zeit gekostet die Augen zu öffnen und der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. »Es ist okay, Shane. Es ist schwer zu glauben, dass man auf der falschen Seite steht. Dass der eigene Onkel ein Mörder-«

Meinen nächsten Atemzug machte ich mit dem Rücken an die Wand gepresst. Shane stand dicht vor mir, meinen Kragen in seiner Faust geballt. »Wage es nicht meinen Onkel-«

»Lass sie los, Shane.«, ertönte eine tiefe Stimme vom Treppensatz. Jason McGuard. Er stand da und blickte auf uns herab. Sein Blick auf mich gerichtet.

Wie ihm befohlen ließ der Rote von mir ab und wich zurück. Seine Augen spuckten Feuer als er seinen Onkel ansah. Dieser lief die Treppen nach unten, aber meine Aufmerksamkeit galt nun der Person hinter ihm. Sierra. In Handschellen, ebenso in blauer Begleitung in den Keller geführt.

Frohes neues Jahr an alle 🎉

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin