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Als Louis am nächsten Morgen aufwacht, fühlt er sich wie überfahren. Er hat schlecht geschlafen, wurde immer wieder wach und ist entsprechend übel gelaunt, als er nach unten in seine Küche geht um sich Kaffee zu machen. Zu seiner Überraschung sieht er dort Thorsten sitzen. "Was machst du schon hier?" - "Ich wollte dir das bringen" - "Was ist das?" - "Du wolltest alles über Thilo Wagner wissen" - "Ah, gut. Danke!" Louis nimmt einen großen Schluck Kaffee, bevor er die Mappe öffnen will, die vor ihm liegt. "Wo ist Susi?" - "Ich denke, die schläft noch" - "Bist du dir da sicher?" Louis hebt den Kopf und schaut Thorsten an. "Naja, ich hör sie nicht". Louis konzentriert sich, aber auch er hört keinen fremden Herzschlag im Haus. Er springt auf und läuft nach oben. Das Gästezimmer ist leer, das Bett gemacht, Susannes Duft liegt noch in der Luft, ganz leicht, als wäre sie schon lange weg. "Nein ... Sunshine, das kannst du doch nicht machen", flüstert er und hält sich am Türrahmen fest. Thorsten steht plötzlich neben ihm und hält ihm ein Blatt Papier vors Gesicht, auf dem sein Name steht. "Das lag vor deiner Tür". Zögernd nimmt Louis den Zettel und dreht ihn hin und her. Schließlich gibt er sich einen Ruck, faltet das Papier auseinander und beginnt zu lesen.

Hey Louis,

vermutlich bin ich schon lange weg, wenn du das hier liest.
Ich bin schon früh gefahren, um dir nicht mehr über den Weg zu laufen - du hättest versucht, mich aufzuhalten.

Louis ... ich weiß nicht, was du von mir erwartest. Ja, ich glaube dir diese Gefährtensache. Aber ich bin es nicht, kann es nicht sein!
Louis, ich bin verheiratet, habe Familie, Verpflichtungen ...
Ich fand diesen Tag mit dir schön, aber ich bin keine Frau, der man ein paar Komplimente macht und sie dann ins Bett bekommt. Ich war noch nie ein Mitläufer, nur weil andere das tun, muss es für mich nicht auch das Richtige sein.

Ich wünsche dir, dass du deine richtige Gefährtin bald findest und glücklich wirst.

Susanne

Langsam rutscht Louis an der Wand, an der er lehnt, herunter, zerknüllt das Papier und schmeisst es mit einem Schrei durchs Zimmer. Er schliesst seine Augen und schlägt seinen Kopf wieder und wieder an die Mauer hinter ihm. Thorsten, der mitgelesen hat, legt ihm eine Hand auf die Schulter. "Was hast du denn zu ihr gesagt?" - "Die Wahrheit", murmelt Louis, "dass sie meine Mate ist und ich um sie kämpfen werde" - "Aber was meint sie mit ins Bett bekommen?" - "Keine Ahnung. Ich hab sie doch nichtmal richtig geküsst, nur auf die Stirn" - "Denk nach! Einfach so sagt man das doch nicht!" - "ICH WEISS ES NICHT, VERDAMMT NOCHMAL!" - "Schrei mich nicht an, ich will dir nur helfen!", knurrt Thorsten. Verzweifelt fährt Louis sich durch die Haare, dann fällt ihm etwas ein. "Sie hat mich gefragt, wieviele Freundinnen ich hatte ..." - "Und?" - "Ich war ... ehrlich" - "Was?" - "Du weißt selber, dass ich früher nicht sehr wählerisch war. Scheiße!" - "Du hast sie gezählt?" Fassungslos schaut Thorsten seinen Freund an. "Was? Nein, natürlich nicht. Keine Ahnung ... es waren viele. Aber die letzten Jahre hatte ich keine Frau mehr. Aber das weiß Susanne nicht ... wir haben nicht mehr weitergeredet, weil sie dann schlafen gehen wollte. Ich muss das irgendwie klarstellen ... bloß wie? Ich hab ja nichtmal ihre Nummer". Bedrückt sieht Louis zu Boden. "Da kann ich dir helfen". Ruckartig hebt er den Kopf und schaut Thorsten an, der ihm zunickt. "Japp, ich hab ihre Nummer ... ich schick sie dir gleich - unter einer Voraussetzung" - "Die wäre?" - "Ruf sie nicht an, also nicht gleich. Sie ist mit dem Auto unterwegs, wenn ihr was passiert, weil du anrufst und sie ablenkst ..." - "dann würde mich das umbringen", murmelt Louis. "Na komm!" Aufmunternd hält Thorsten ihm eine Hand hin und zieht ihn hoch, als Louis sie ergreift.

Sie gehen zurück in die Küche und Louis nimmt sich die Mappe, die Thorsten ihm gebracht hat. "Es wird dir nicht gefallen, was da steht", meint Thorsten und tippt auf seinem Handy herum. Louis Handy gibt einen kurzen Ton von sich, als seine Nachricht mit der Nummer von Susanne eingeht, was Louis aber nicht mitbekommt, so vertieft ist er ins Lesen.  "Wie kann ein Mann nur so ein Arsch sein?", fragt er leise, als er fertig ist. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie er das geheimhalten kann? Er ist seit drei Jahren arbeitslos, versäuft und verhurt das Geld, das Susanne gehört und sie merkt nichts? Sie ist doch nicht dumm!"  Wütend läuft er durchs Zimmer, nachdem er die Mappe auf den Tisch gepfeffert hat. "Louis?" - "Ja?" - "Ich hab vor dem Klassentreffen schon ein bisschen recherchiert - diese drei Jahre passen genau" - "Auf was willst du hinaus?" - "Vor drei Jahren gab es noch Fotos, auf denen sie fröhlich war, seitdem wirkt alles nur noch gestellt. Ich denke, sie weiß ganz genau, dass irgendwas nicht stimmt. Vielleicht ahnt sie etwas, aber sie weiß es halt nicht" - "Und warum hält sie dann so an diesem Mann fest?" - "Louis, sie hat Kinder, da schmeisst man Jahre nicht einfach weg"  - "Ich will sie da raus holen, Thorsten. Sie hat ein schönes Leben verdient. Sie hat erzählt, dass er und seine Freunde sie mehr oder weniger aus dem Haus schmeißen, dann Orgien feiern und sie am nächsten Tag saubermachen muss. Ich bin stinksauer grade! Ich hatte gehofft, dass sie übertreibt ... Thorsten, sie muss da weg!" - "Du wirst sie da rausholen, ganz bestimmt. Aber du darfst nichts überstürzen. Wenn sie erfährt, dass du ihren Mann überprüft hast, wird sie auf stur stellen und du kannst sie vergessen. Mach langsam, die Matebindung wird dir helfen". Louis nickt, greift zu seinem Handy und schickt Susanne eine kurze Nachricht, dann überlegen die Freunde gemeinsam, wie er jetzt am besten vorgehen kann.

Alpha LouisWhere stories live. Discover now