101.Kapitel~ "Wer sie sichtet, meldet sich unverzüglich bei den Ken."

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101. Kapitel ~ "Wer sie sichtet, meldet sich unverzüglich bei den Ken."

Die kalte Luft lässt mich zittern, als ich mit schnellen Schritten die Straßen, auf dem Weg zu den Fraktionslosen, durchquere.

Meine Gedanken lassen mir keine Ruhe, egal wie sehr ich mich anstrenge.
Ich mache mir jetzt schon Sorgen wegen Dustin, irgendetwas passiert doch immer. Uns zu trennen war eine ganz große Dummheit.

Außerdem ist meine Hoffnung, das Lexi ihr Gedächtnis überhaupt noch hat, nicht sonderlich groß. Kieshiena hat schließlich auch vergessen, und gerade das stimmt mich noch viel trauriger.

Am liebsten würde ich jetzt einfach losheulen.
Aus irgendeinen Grund wandern meine Gedanken zu Peter.

Peter, den ich erst hintergangen habe. Peter, der es mir dann mit Verrat heimgezahlt hat.

Unwillkürlich kommt mir nun auch Eric in den Sinn.
Doch genau da komme ich an den Punkt, wo ich aufhöre darüber nachzudenken.

Zum einem liegt es daran das es mir nicht gut tut und mir ganz komisch wird. Zum anderen könnten es jedoch auch die Plakte sein, die mir im fahlen Schein der Laternen ins Blickfeld stechen.

Zögerlich mache ich ein paar Schritte an die Hausmauer heran.

Als ich erkenne was darauf abgebildet ist, erschaudere ich, kann mich kaum rühren.

"Dustin Jacobsen, 16 Jahre, Flüchtling.
Wer ihn sichtet, soll sich unverzüglich bei den Ken melden."

Ein Bild meines besten Freundes prangt dort. Die blauen Augen ernst nach vorne gerichtet, die schwarzen Haare verwirrt aus dem Gesicht gestrichen.

Verdammt, schießt es mir sofort durch den Kopf. Sie suchen ihn. Sie suchen mich. Sie suchen uns.

Denn nur ein kleines Stückchen weiter hängt ein Fahnungsplakat von mir.

"Ally Hudson, 17 Jahre, Flüchtling.

Suchstärke: extrem stark.
Wer sie sichtet, meldet sich unverzüglich bei den Ken."

Auf dem Bild sehe ich furchtbar aus. Die kurzen, blonden Haaren kleben mir dreckig und fettig am Kopf, tiefe Ringe liegen unter meinen Augen. Mein Gesicht wirkt schon fast eingefallen.
Ich frage mich, wo und wann sie diese Bilder gemacht haben.

Je länger ich vor den Bildern stehe und sie mir angucke, die Worte immer und immer wieder lese, desto unwohler wird mir zumute.

"Jeanine scheint wirklich alles zu geben.", murmle ich mir selbst zu, ehe ich die Plakate nacheinander wütend von der Wand reiße, zerknülle und zu Boden gehen lassen.

Eins ist klar; ich muss mich dran machen, Lexi zu finden. Am besten beeile ich mich und benehme mich nicht allzu auffällig. Aber nachts werden wohl kaum so viele Leute unterwegs sein.
Bis auf die Ferox- Verräter, die sicherlich durch die Gassen schleichen.

Ohne großes Zögern setze ich mich wieder in Bewegung.

Nach einer langen Weile fes Laufens komme ich den altbekannten Gassen der Fraktionslosen näher. Ich werde von dem beißendem Gestank des Mülles empfangen. Beinahe hätte ich vergessen wie unangenehm der Geruch hier draußen doch ist.
Es kommt mir wie eine halbe Ewigkeit vor, dass ich das letzte Mal hier war.

Willenlos | Divergent / Die Bestimmung ✔Where stories live. Discover now