Zwölf

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Penelopé

Nach dem Abendessen bot das Hotel Live Musik am Strand an. Nadal wäre am Liebsten direkt ins Zimmer gegangen, doch das hatte ich nicht zugelassen. "Auf die schiefen Töne kann ich verzichten", beschwerte er sich, während er Izáns Kinderwagen den Steg entlang fuhr. "Du hast sie noch nichtmal gehört" Nadals pessimistische Art konnte so anstrengend sein. "Ich mag Musik nicht" Das war mir schon klar.

"Vielleicht lernst du sie zu lieben?" Mit einem strahlenden Lächeln sah ich ihn an. Die Sitze waren alle besetzt, doch sobald einer der Kellner Nadal erkannte pfiff er mehrere andere Kellner herbei, die ihm dabei halfen einen Tisch aufzustellen, an den wir uns setzen konnten. Freundlich bedankte ich mich bei ihnen.

Die 'Band', welche aus einer Sängerin und einem Gitarrist bestand, spielte sanfte und sommerliche Töne aus Lateinamerika. Genau mein Geschmack. Sie erinnerte mich an meine Jugend, wenn ich alleine in meinem Zimmer davon geträumt hatte irgendwann das Meer zu sehen, ohne Angst haben zu müssen, dass mir was zustoßen könnte.

Jahre später war es keine Vorstellung mehr, es war mein Leben. Dank ihm.

Izán wippte den Kopf immer langsamer zur Musik, bis ihm die Augen vollständig zufielen. Er war immer ein angenehmer Schläfer. Nie hatte er seiner Mutter Probleme gemacht. Es war wohl eher andersrum, wenn ich ihn nachts durch mein leises Weinen aus dem Schlaf geweckt hatte. Wenn es nachts still, dunkel und ich alleine mit meinen Gedanken war, erst dann wurde ich meiner Lage so richtig bewusst. Ich wollte mich nicht an diese Zeiten erinnern. Nie wieder. Sie sollten aus meinem Kopf verbannt werden. Dabei konnte mir nur Nadal helfen.

"Sieh mich an", hörte ich genau diesen Mann sagen. Seine Augen sahen meine Gedanken, seine Seele mein Leid. "Es ist vorbei" Keiner konnte mich jemals so lesen, wie er. Ich nickte. "Ich weiß", flüsterte ich. Nadal zog meinen Stuhl locker näher an sich ran, als würde ich nichts wiegen.

Mit geschlossene Augen lehnte ich meinen Kopf gegen seine Schulter und lauschte der schönen Musik. "Und? Gefällt dir die Musik?" Nadal zuckte nur mit den Schultern. "Ich würde sie mir jetzt nicht freiwillig anhören, aber es gibt Schlimmeres" Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. "Du musst dich für neue Sachen öffnen, Nadal. Versuch dich nicht immer direkt vor neuen Dingen zu verschließen"

Das tat er oft unbewusst, denn dieser Mann mochte keine Veränderungen und so ging es sehr vielen Menschen. "Mir geht es gut so. Uns geht es gut. Wieso soll ich etwas ändern, wenn mir der Ausgangspunkt passt?" Wir stritten, diskutierten hier nicht wegen seiner Abneigung zur Musik, sondern zu seiner allgemeinen Lebenseinstellung. Mein Versuch ihm mehr und neue Seiten des Lebens zu zeigen durfte nicht fehlschlagen.

"Das Leben schenkt dir mehr als nur Geld und Reichtum" Nadal sah mich starr an, weshalb ich mein Kopf anheben musste, der zuvor auf seiner Schulter ruhte. "Das ist das Selbe", warf er ein, doch ich rollte nur die Augen.

"Darum geht es gerade nicht" Das wusste er ganz genau. "Ich weiß, was mir das Leben schenkt. Dich und Izán. Mehr brauche ich nicht, also hör' auf mir hier irgendwelche neuen Lebensstile andrehen zu wollen"

Nadal konnte so grob und herzlos mit seinen Worten umgehen, ohne es zu bemerken. Die Bedeutung seiner Worte waren rein und voller Liebe, während die Konstellation dieser und seiner Stimmlage zerstörerisch schienen.

"Andrehen möchte ich dir schon mal nichts. Achte auf deine Wortwahl, Nadal. Ich sage dir nur, dass es mehr gibt, als du vielleicht wahrhaben willst" Kurz dachte ich, dass er mir Recht geben würde, doch sein Blick änderte sich wieder. Leicht beugte er sich zu mir vor. "Und wenn ich es nicht wahrhaben will? Weil ihr mir reicht?", wollte er wissen und fast wäre ich ihm lächelnd um den Hals gefallen.

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