Kapitel 12

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Langsam wachte ich aus meinem, ohnehin schon leichten Schlaf auf und sah missmutig an die Decke. Die letzte Nacht war grauenvoll, da ich erst an nichts anderes als an den Kuss denken konnte und dann irgendwann nachts Magenkrämpfe bekommen hatte. Diese schienen auch noch nicht ganz verschwunden zu sein, da ich immer noch ein leichtes Stechen in der Magengegend verspürte. Wie auf meinem Wecker gut abzulesen, war es gerade mal 8 Uhr morgens, was hieß, dass ich echt wenig geschlafen hatte. Ich hatte keinen Hunger und somit keinen Grund aufzustehen und nach unten zu gehen. Allerdings wollte ich nach fünf Minuten auch nicht wirklich einfach nur rumliegen, also setzte ich mich schließlich trotzdem auf und stieg dann aus dem Bett. Ich zog mir eine graue Shorts an und warf mir noch ein weißes T-Shirt über, ehe ich ins Bad trottete. Als ich, mit frisch geputzten Zähnen und ordentlichen Haaren, dieses nun aber wieder verließ, lag mein Onkel plötzlich nicht mehr tief schlafend auf der Couch, sondern meditierte nun auf dieser. Mit einem leichten Seufzer nahm ich meine Schlüssel und verließ das Haus. Sofort wehte mir eine kühle Briese entgegen und ich bereute es leicht, eine kurze Hose angezogen zu haben. Doch die frische Luft tat auch ziemlich gut, also begann ich ohne weiteres meinen morgentlichen Spaziergang. Nach einer Weile kam ich an dem kleinen Wald an, der unsere Wohngegend von der Stadt trennte. Ich ließ mich dort auf eine Bank sinken und schloss meine Augen. Der Wind raschelte durch die Blätter über meinem Kopf und ab und zu hörte ich Vögel rufen. Langsam kamen meine Gedanken wieder zurück und ich öffnete wieder die Augen. Ich hatte gestern fast die ganze Nacht darüber nachgedacht und war nicht auf einen Entschluss gekommen, doch jetzt war ich es. Wie ich hier so saß, so in dieser Ruhe, fehlte mir nur noch einwas. Und zwar Kai's Arm um meiner Schulter. Ich vermisste den Duft von seinem Aftershave, den ich gestern riechen konnte. Ich vermisste seine kleinen Gesten und Überraschungen, die er immer für mich parat hatte oder für mich machte. Ich vermisste seine beruhigende und ruhige Art, wenn er bei mir war. Und vor allem vermisste ich seine rauen, aber gleichzeitig sanftmütigen Lippen. Und deshalb bin ich nun zu einem Entschluss gekommen. Ich liebe Harumi...aber nur freundschaftlich und ich möchte sie nicht verletzten und vor allem nicht verlieren. Gleich am Montag muss ich ihr die Wahrheit erzählen...oder zumindest den Großteil der Wahrheit.

Und so geschah es, dass ich an diesem Montagmorgen mit einem festen Vorhaben, aber auch etwas weichen Knien zur Schule und in diese hinein lief. Ich hatte es schon fast zum Klassenraum fürs Theater geschafft, als ich plötzlich Stimmen aus einer Besenkammer hörte. Eigentlich wollte ich schnell weiterlaufen, da es mich nichts anging, doch da erkannte ich die eine Stimme als die von Kai an. Sofort blieb ich stehen und ging näher an den Raum ran. "Es tut mir leid, dass wir uns letzte Woche gestritten haben, Kai." sagte die andere Stimme in diesem Moment und ich erkannte die Person als Skylor an. "Ja, mir tut es ja auch leid." murmelte Kai jetzt. Die Tür stand einen kleinen Spalt weit offen, sodass ich mühelos hineinsehen konnte. "Freut mich, dass du dich auch entschuldigst. Wegen so dummen Sachen sollten wir uns nicht streiten und somit unsere Beziehung aufs Spiel setzen." sagte Skylor jetzt und nahm Kai's Hand. "Skylor...ich muss dir sagen...ich lieb-" wollte Kai nun ansetzen, doch Skylor unterbrach ihn mit "Ich liebe dich auch, mein kleiner Hitzkopf.". Und ehe ich es mir versah, zog sie ihn zu sich und küsste ihn. Erschrocken wich ich von der Tür zurück. Ein stehender Schmerz zog sich durch meine halbe Brust hindurch und ließ einen Riss in meinen Herzen zurück. Der Schmerz von Freitag-Nacht und Samstagmorgen kam langsam wieder in meinen Magen zurück und im nächsten Moment traten mir auch schon die Tränen in die Augen. Ich lief schnell in Richtung Ausgang, wobei ich zu Ende hin eher rannte. So ein Arsch. Erst lässt er zu, dass ich mich in ihn verlieben gibt mir dann das Gefühl, als würde er das gleiche empfinden, küsst mich an meinem Geburtstag und knutscht dann mit seiner Freundin im Schrank der Schule rum. Und für so einen wollte ich gerade mit meiner tollen Freundin Schluss machen. Für so einen hätte ich vor ein paar Minuten alles weggegeben, was ich liebe.

Ich rannte in die Gasse, wo mir vor ein paar Wochen auch bewusst geworden war, dass ich mich in Kai verliebt hatte. Dort ließ ich mich auf den Boden sinken und ließ meinen Tränen freien Lauf. Plötzlich hörte ich ein leises schluchzen auf der anderen Seite der Mülltonne. Die Person schien mich auch bemerkt zu haben, denn augenblicklich hörte sie auf zu schluchzen. Vorsichtig späte ich um die Mülltonne und sah in zwei blaue, verweinte Augen. Erschrocken drehte ich mich nun komplett um, sodass ich nun neben der Mülltonne hockte. Auch die andere Person kroch um die Mülltonne herum und kniete sich mir gegenüber hin. Dann nahmen wir wieder Augenkontakt auf. "J-Jay?" murmelte ich leise. Jay wollte zum reden ansetzen, brachte jedoch kein Wort raus, weswegen er nur langsam nickte. "Was-Was ist passiert?" fragte ich und sah ihn besorgt an. Jay wirkte sonst immer so positiv, glücklich und ausgelassen, sodass ich gar nicht gedacht hatte, dass er überhaupt weinen könnte. Doch jetzt saß er vor mir...mit erröteten Wangen und ausgeweinten Augen. "Ich...ich-" er stockte kurz und sah zu Boden. Er schluchzte einmal. "Ich hab der Person, die ich liebe etwas ganz schreckliches angetan..." flüsterte er schließlich und sah währenddessen zu mir auf. Meine Augen weiteten sich leicht, doch dann lächelte ich Jay entgegen. Und im nächsten Moment rutschte ich näher zu ihm und schloss ihn fest in meine Arme. Sofort erwiderte er die Umarmung. "Danke" flüsterte er nun, während wir uns wieder lösten, "für alles." Ich nickte ihm mit einem leichten Lächeln zu. "Warum hast du eigentlich geweint?" fragte er nun und versuchte dabei sich schnell die Tränen aus den Augen zu wischen. Meine Miene verfinsterte sich wieder etwas und ich murmelte "Kai.". Jay wirkte nicht überrascht und wollte mich offenbar auch gar nicht weiter darüber ausfragen, wofür ich ihm sehr dankbar war. "Weißt du was," sagte er anstattdessen, "wir gehen jetzt erst mal in die Schule und bringen den Tag heute hinter uns. Und heute Nachmittag können wir zusammen in ein Café gehen, nur wir zwei. Und dann können wir uns in Ruhe alles erklären, hm?". Sein Gesichtsausdruck erhellte sich augenblicklich und der Jay, den ich kannte, kehrte wieder zurück. Offenbar schien er eine positive Aura auszustrahlen, denn auch mir ging es plötzlich wieder besser und ich nickte glücklich. So kam es dann also, dass wir unsere Rucksäcke schulterten und uns wieder auf den Weg zum Klassenraum machten. Seite an Seite...

Huhu,
dieses Kapitel ist etwas kürzer als sonst, da ich mit den Theaterproben erst im nächsten Kapitel anf wollte. Eigentlich wollte ich schon in diesem Kapitel damit anfangen, aber dann kam plötzlich das mit Kai und dem Herzschmerz dazwischen (nein, das war eigentlich nicht geplant) und ja. Dafür hatten wir in diesem Kapitel etwas mehr von Jay's und Lloyd's Freundschaft, die offenbar in dieser FF eine Hauptrolle spielt. Aber da seht ihr, dass nicht immer alles geplant, am Ende aber vielleicht trotzdem sehr gut ist. Ich hoffe ihr habt noch einen wunderschönen Tag und bis zum nächsten Kapitel. 💚💙

Vom gehassten zum geliebten-Greenflame ffWhere stories live. Discover now