Starke Strömung

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Ich lief, so schnell ich konnte, durch das Feuer, über das knackende, verrußte Holz und versuchte, nicht auszurutschen und stecken zu bleiben. Das Feuer war tückisch. Es konnte einen immer verschlingen, wenn man nicht aufpasste. Ich musste kämpfen, um zu überleben und ich wusste, nach den Flammen des Feuers standen mir noch einige, angriffsbereite Wölfe bevor.
Meine Pfoten flogen förmlich über die heiße, noch glühende Asche der äußeren Baumstämme, die bereits nicht mehr brannten und ein paar Wölfe liefen mir entgegen und wollten mich auf dem verbrannten Holz angreifen.
Ryan lief vorneweg, es schien seine Absicht zu sein, selbst derjenige zu sein, der mich tötet. Eigenhändig. Gnadenlos.
Traurig, wenn er nicht weiß, dass ich ein Ass im Ärmel hatte, das ihn seine Ehre kosten könnte.
Nur noch zwei Meter Abstand waren zwischen uns, als er absprang, um mich von oben anzugreifen, ich wich zur Seite und sprang selbst über einen der Wölfe. Ich landete mit dem Rücken auf dem kühlen Erdboden, jaulte bei dem Aufprall vor Schmerzen laut und kurz auf, bevor ich mich gefasst hatte und mich ausgiebig wälzte, denn das Feuer war noch nicht ganz aus meinem Fell verschwunden.
Ryan hätte es mit seinem Körper erstickt und zugleich mir das Ende bereitet, aber ich hielt es für klüger, alleine mit dem Feuer fertig zu werden.
Ich hörte, wie einige Wölfe versuchten, auf der Stelle zu bremsen, um nicht ins Feuer zu laufen, aber dann knackte es mehrmals und ein paar von ihnen steckten fest. Zu ihrem Glück hatte das Feuer sich bereits bis zum Kreuz des Scheiterhaufens gefressen und kam nicht rasendschnell auf sie zurückgeschwemmt wie eine große Welle.
Die Runner, die mich zuvor eskortiert hatten, zogen enge Kreise um mich, taxierten mich mit bedrohlichen Blicken und schienen nur darauf zu warten, dass ich angriff.
Aber ich wusste, es war unklug, anzugreifen, wenn sie sowieso stärker und noch dazu zu zweit waren.
Mir blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, dass eine Lücke entstand, die groß genug war, damit ich hindurch laufen und fliehen konnte. Runde um Runde drehten die beiden Wölfe ihren Kreis um mich herum und ich hatte kaum Luft zum Atmen, vor lauter Aufregung und Angst, dass ich es vermasseln könnte, zu flüchten. Ich sah, wie Ryan zwischen den Baumstämmen herausgezogen wurde, von Simon und meinem großen Bruder, der mich zutiefst hasste, aber mich niemals töten würde, solange Ryan es nicht verlangte.
Betend sah ich stillschweigend mit flehendem Blick zum Himmel hinauf, in dem Wissen, dass ich jedes noch so kleines Bisschen Glück an meiner Seite brauchen würde, um den Runner Wölfen und meinem Rudel zu entkommen.
Und dann lief ich, so schnell ich konnte, immer schneller werdend, durch mein Rudel durch, versuchte den Wölfen auszuweichen, die mir eher feindlich gesegnet waren und mich hassten, doch ich kam bei Bruce nicht umhin, ihm direkt in die Augen zu sehen, und da passierte es.
Er hob seinen Kopf und heulte. Heulte zum Angriff auf mich. Der, der oft genug auf meiner Seite stand, um sich mein Vertrauen verdient zu haben und auch mehr als Vertrauen dadurch gewonnen hatte, sondern auch tiefe Freundschaft, heulte und sorgte dafür, dass über 50 Wölfe sofort aufsprangen und hinter mir her jagten. Auch die, die mir mehr als treu waren, verfolgten mich, vielmehr schuldbewusst, weil ich immer noch ihre Luna war, solange ich nicht tot oder in der Nähe des Rudels war.
Ich lief noch schneller, versuchte, das Tempo wenigstens anzugeben, damit mich keiner einholte und zu Boden riss, doch da kam schon mein Bruder, ich sah ihn in meinem Augenwinkel herannahen, es schien, als hätte er von Ryan den Befehl bekommen, mich zu töten. Seine Augen funkelten bösartig, gefährlich und gnadenlos hielt er seinen Blick auf mich gerichtet, kam immer schneller immer näher und dann... riss er mich zu Boden, mein Kopf knallte auf den Boden, ich stöhnte vor Schmerzen und es wurde mir schwarz vor Augen.

Der Klang des Wassers weckte mich sanft aus meinem tiefem Schlaf.
Zärtlich legten sich seine Lippen auf meine, er küsste mich so liebevoll wie noch nie. Nicht einmal bei unserer Hochzeit hatte er mich so geküsst.
Meine Augenlider öffneten sich langsam flatternd, ich sah ihm direkt in die Augen. Sein Blick war liebevoll und gleichzeitig ernst.
"Was ist? Hab ich was im Gesicht?", fragte ich besorgt und lächelte fröhlich.
"Nein... nein, ich habe nur daran gedacht, wie es wäre, wenn wir hier nicht wären, nicht aus diesem Grund. Nicht jetzt."
"Aber wieso? Es ist unser Hochzeitstag und wir wollten doch ein Picknick machen."
"Ja, deshalb war es leider auch das perfekte Mittel, um dich mitzunehmen, mit dir allein zu sein und dich zu töten, bevor du großes Unheil anrichtest und das gesamte Rudel in den Ruin stürzt.", erwiderte er ernst und stand auf, packte mich am Arm, zog mich mit, bis zum Wasserfall.
Ich bekam es mit der Angst zu tun. Zitternd versuchte ich mich zu befreien und mich vor dem zu retten, was mich erwartete.
Doch Ryans Griff um meinen Arm war stark und fest. Er würde mich nicht freiwillig loslassen. Nicht ohne mich in den Wasserstrom zu stoßen, der so stark war, dass er selbst einen starken Bären mitriss, wenn dieser sich ins Wasser wagte.
Plötzlich zog er kurz an meinem Arm, bevor er mich nach vorn stieß und losließ.
"Ryan!!! Aaaaaaaaaaaah!", schreiend stürzte ich nach unten. Ich flog einige Meter, bevor ich laut krachend im schäumendem Wasser des Flusses landete, mein Kinn durch den starken Aufprall an der Brust, meine Beine halb verdreht und mit meinen Gedanken bei meinem Rudel, dem ich niemals hätte eine Gefahr werden können.
Das Wasser drückte mir die Luft aus der Lunge und ich schnaubte, um das Wasser zu verdrängen, das mir die Luft aus den Lungen drückte.
Im Wasser verwandelte sich mein Körper automatisch in meine Wolfsgestalt und meine starken Überlebensinstinkte erwachten.
Das Wasser war so stark, dass es mich immer tiefer zog, doch ich versuchte, dagegen anzukommen und um mein Leben zu kämpfen. Wenn ich eines gelernt hatte, dann, dass mein Leben nur einen Sinn machte, wenn ich für etwas kämpfte. Und jetzt gerade kämpfte ich für mein Leben und meine baldige Rache.

Die einsame Wölfin ~ Freiheit des Lebens*wird überarbeitet und weitergeschriebenWhere stories live. Discover now