Wegziehen?!

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"Wegziehen?", wiederholte Frank, was Olli und Maria uns gerade erklärt hatten: "Man, Olli, ihr könnt doch nicht einfach wegziehen."

Wir saßen alle geknickt im Hauptquartier und ich war in Ollis Arme gekuschelt. Ich hatte immer noch die Jogginghose und den viel zu großen Hoodie an, die ich gestern angezogen hatte, als ich nach Hause gekommen war. Ich war zu keinem anderen Outfit in der Stimmung.

"Frank. Ohne die Fabrik ist die halbe Stadt arbeitslos.", erklärte Maria ihm daraufhin: "Der Kiosk, die Kneipe, Giorgio's, alles. Hier gibts bald gar keine Jobs mehr und deswegen müssen wir zu Oma ziehen."

"Aber die Maschinen können doch nicht einfach von heute auf morgen kaputt gehen.", gab Jorgo zu bedenken: "Sind die so alt?"

Olli schüttelte den Kopf: "Nein, die sind sogar schon computergesteuert."

Da kam Jorgo eine Idee: "Kann man die nicht reparieren oder umtauschen?"

Die Meisten von uns schüttelten leicht belustigt den Kopf, als Maria wieder sprach: "Jorgo, solche Maschinen gibts doch nicht bei Lidl zu kaufen und Reparieren ist viel zu teuer."

"Aber habt ihr denn irgendwas angefasst, als ihr gestern drin wart?", hakte Frank nach.

Jetzt sah ich Olli auch interessiert an, aber er meinte nur verzweifelt: "Wir waren ja noch nicht mal drin."

Hannes setzte sich auf und meinte dann: "Hey, aber die Typen mit der schwarzen Karre, die waren doch drin..."

"...und seitdem steht alles still.", führte Maria seinen Gedanken weiter aus.

"Das kann Zufall gewesen sein.", tat Olli es ab.

Aber Maria war nicht bereit, den Gedanken so schnell fallen zu lassen: "Muss aber nicht."

"Wir sollten da hin, gucken, ob da irgendwelche Reifenabdrücke sind und dann fahren wir in die Stadt und suchen den Wagen.", schlug Hannes hoffnungsvoll vor.

Frank schoss hoch und sah mich an: "Ey, nicht nötig. Alle gepimpten Karren stehen jeden Abend vorm Chrome. Oder, Jale?"

Alle sahen mich fragend an und ich nickte nur, bevor ich meinen Kopf wieder in Ollis Brust vergrub. Ich wollte nicht reden, ich wollte einfach nur an Olli gekuschelt sein.

"L-leute, wir bek-kommen Besuch.", unterbrach Peter die Stille, als die Bewegungssensoren piepten.

Kurz darauf kam ein blondes Mädchen mit ihrer Handtasche und ihren High Heels rein und sah angewidert durch die Gegend.

"Alter, wer ist das denn?", fragte Frank und war schon fast am Sabbern.

"Das ist Jenny.", erklärte Hannes, als Kai hinter ihr rein kam: "Kais Cousine."

"Du kennst sie?", fragte Maria, welche sofort eifersüchtig wurde.

Aber Hannes bemerkte das nicht und zuckte nur mit seinen Schultern: "Ja."

Da unterbrach Olli ihr Nebengespräch: "Kai, nur Krokodile dürfen wissen, wo das Hauptquartier ist!", meckerte er ihn an.

"Ah, Krokodile.", meldete Jenny sich zu Wort: "Ihr seid also Kais behinderte Freunde."

Verwirrt sahen wir uns an, bis Jorgo erklärte: "Frank ist etwas körperlich benachteiligt.", er formte einen dicken Bauch.

Frank warf ihm einen scharfen Blick zu und erwiderte: "Und Jorgo is Ausländer."

Als sich dann auch noch Peter zu Wort meldete, musste ich grinsen: "A-aber ich bin ganz normal."

Ja, so kamen wir auch rüber.

"Warum trefft ihr euch denn hier unter der Erde? Ich meine so hässlich seid ihr ja gar nicht.", sprach Jenny weiter und ihre Augen fielen dabei auf mich: "Sie sieht doch hammer aus. Naja, bis auf die Klamotten."

Ich lächelte sie kurz an und vergrub meinen Kopf dann wieder in Ollis Brust. Er legte seine Arme beschützend um mich.

"Wir glühen hier nur vor und dann gehts ab in die Disse.", sprach Jorgo und fing an den Arm so, wie bei Saturday Night Fever zu bewegen.

Die Anderen sahen Jorgo kurz verwirrt an, bis Olli wieder meinte: "Kai, sie kann hier nicht bleiben!"

Jenny sah kurz zu uns und nickte dann: "Stimmt. Und du auch nicht, Kai. Sonst holst du dir hier unten noch eine Lungenembolie und du bist, weiß Gott, schon behindert genug, also sag 'Tschüss' zu deinen Spielkameraden."

"Wir gehen.", erklärte sie, als sie Kais Rollstuhl zurück zum Eingang schob.

Aber Kai stellte wieder seine Bremse ein und sah sie an: "Nein, du gehst. Ich bleibe."

Genervt schnaubte Jenny auf: "Ich habe deiner Mutter versprochen, dich nicht aus den Augen zu lassen. Was ist, wenn du hier unten nen Anfall bekommst und niemand ist bei dir?"

"Ich bekomme höchstens nen Anfall, wenn du jetzt nicht gehst!", meckerte er sie fies an.

"Okay, aber eins sage ich dir: Das wirst du bereuen, Kleiner.", sie nahm sich ihre Tasche und ging. Irgendwie tat sie mir schon ein bisschen leid. Das war nicht besonders nett von Kai und Olli.

Bevor ich weiter drüber nachdenken konnte, räusperte Maria sich: "Wir, äh, glühen hier nur vor?", fragte sie Jorgo.

"Was denn? Nicht, dass die denkt, wir sind voll die Babys.", beschwerte er sich.

Maria verdrehte die Augen und meinte dann: "Ihr seid voll die Babys."

Jorgo nahm seine Sonnenbrille und setzte sie auf: "Ab heute Abend sind wir Teenager."

"Theoretisch sind wir schon Teenager, also bis auf Hannes und Maria.", erklärte ich daraufhin.

"Egal. Wir gehen heute Abend ins Chrome.", gab Jorgo zurück.

Naja, ob wir da rein gelassen werden...

Die Vorstadtkrokodile - Freundschaft und Liebe siegen über allesWhere stories live. Discover now