Es ist nicht mehr als ein Hauchen, doch in ihrer Stimme höre ich etwas, was ich seit langem nicht bei ihr gehört habe.
Erleichterung.
»Ja.«
»Das...Das ist wirklich wunderbar, Phina.«
Meine Knie werden weich. Seit Nates Tod hat sie mich nicht Phina genannt.
»Ich freue mich wirklich, dass du das sagst. Und wenn du jetzt auch noch die Schule wieder in den Griff bekommen könntest, wäre ich noch stolzer.«
Ich weiß zwar, dass sie es gut meint, aber... Ist mentale Stabilität denn gar nichts wert?
»Klar. Ich gebe mein bestes.«
»Das ist schön.«

Und im nächsten Moment platzt einfach etwas aus mir heraus, an das ich eigentlich noch nie wirklich nachgedacht habe.
»Kann ich nicht hier zur Schule gehen und die Nachprüfung machen?«
Stille. Natürlich.
»Nein. Ich fände es schöner, wenn du bei uns wärst. Und du weißt, dass dein Dad sehr an seiner Arbeit hängt.«
Das macht er doch schon seit zwei Jahren nur noch.

»Ich habe ja auch nicht gesagt, dass ihr herkommen sollt. Mom... Tante Cynthia passt schon gut auf mich auf und-«
»Nein, Seraphina.« Toll. »Du kennst nun meine Ansicht. Du bist sechzehn Jahre alt. Wenn du volljährig bist, kannst du-«
»Kannst du machen, was du willst. Ja, ja.«, unterbreche ich sie. Immer dasselbe.
»Da sind wir uns ja einig. Ich muss jetzt auch wieder los. In ein paar Tagen habe ich wieder einen Test für dich, also lerne fleißig. Wenn du den nicht bestehst, dann müssen wir die Stränge etwas enger ziehen. Hab dich lieb. Kuss.«

Und schon ist sie auch wieder weg.
Ein paar Sekunden höre ich mir das Tuten der toten Leitung noch an, dann lege ich ebenfalls auf und starre an die Decke.
Am liebsten würde ich einfach abhauen.

Mit einem Knurren richte ich mich, starre aus dem Fenster und denke an nichts.
Na gut, ich denke darüber nach, wie ich an nichts denke. Und jetzt denke ich an JJ und wie er sagte... ARGH!

+++
ALS ICH ÜBER den Steg zu den Pogues laufe, ist Pope gerade sehr konzentriert dabei die Drohne steuern, während Kiara und John B im Wasser sind. Interessiert sehe ich über seine Schulter.
»Sieht ja gut aus.«
Er lächelt. »Ich hoffe, du klaust jetzt nicht noch mehr Zeug.«
»Ich habe es ja nicht geklaut.«

JJ sieht auf dem Balken sitzend zu mir, doch ich erwidere den Blickkontakt nicht.
Heute will ich erstmal etwas Abstand und die Worte verarbeiten.
»Pope. Kann Phina heute mit bei den Lieferungen helfen?«
Und jetzt sehe ich doch zu JJ.
Soll das ein Witz sein?
»Gerne. Dann sind wir schneller fertig. Danke für die Hilfe.«
Pope lächelt mich dankbar an. Toll. Jetzt kann ich auch nicht mehr absagen.
»Wann wollt ihr denn los?«, hake ich stattdessen nach und lehne mich an den Pfosten neben Pope.
»Wenn wir hier fertig sind, was wahrscheinlich gleich ist, denn die Drohne läuft super.« Kiara kommt die Leiter hochgeklettert und lehnt sich neben mich.
»Meine Mom hat mir erzählt, dass du Toppers Wagen geklaut hast?«
...die reichen Menschen erzählen sich echt alles.

»Meine Tante muss echt jedem alles erzählen, oder?«, brumme ich mit einem halben Lachen. Kia schüttelt nur langsam mit dem Kopf.
»Ein Polizist war zu dem Zeitpunkt im Restaurant meiner Eltern, als er den Auftrag bekam.«
»Sie hat die Polizei verständig? Oh Gott. Drama Queen.«
»Wo wolltest du denn hin?«, fragt Kie als nächstes. Pope horcht auf und sogar John B, welcher auf der Leiter anhält, wartet gespannt auf eine Antwort. JJ hat den Kopf an den Balken gelehnt und sieht geradeaus.
»Abhauen. Zu meiner besten Freundin in so ein Sommercamp, wo ich jetzt eigentlich wäre.«
»Aber du bist doch ein Teil dieser Mission. Wir brauchen dich.«, lächelt Kiara und legt einen Arm um mich. Ja. Ihr braucht mich. Ihr.

»Klar. Deswegen bin ich ja auch wieder umgedreht.« John B schielt zu JJ.
Ich glaube, er weiß es.
Nein, ich weiß, dass er es weiß. ...aber was?

𝖣𝖴𝖲𝖪 𝖳𝖨𝖫𝖫 𝖣𝖠𝖶𝖭; 𝐣𝐣 𝐦𝐚𝐲𝐛𝐚𝐧𝐤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt