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⭐Doppelupdate (mehr oder weniger)⭐

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Liam war hier.

Reflexartig wollte ich hochschnellen, erreichte damit jedoch nur, dass Rods ekelhafte Präsenz wieder über mir auftauchte. Dieser Typ hatte irgendetwas Schmieriges an sich, das mich unwohl in meiner Haut fühlen ließ.

„Na." Er klang bestenfalls belustigt. "Die Prinzessin hat wirklich Temperament. Umso bedauerlicher, dass es niemandem mehr etwas nutzen wird."

Seine Lippen berührten fast mein Ohr, so aufdringlich rückte er mir auf die Pelle. Normalerweise hätte ich in einer solchen Lage nach drastischeren, höchst unsportlichen Mitteln gegriffen und ihn einfach angespuckt, doch angesichts der sich bietenden Szene war mir das alles ziemlich egal.

Ich hätte heulen können. Hilflos musste ich zusehen, wie Rods Schläger Liam mit dem Rücken voran gegen eine der Säulen stießen, und erst, als er ins Licht der Barbeleuchtung geriet, erkannte ich in vollem Ausmaß, dass er in den vergangenen Minuten ganz offensichtlich nicht gerade wenig Schläge wegstecken hatte müssen.

Die fast komplett verheilte Lippe war wieder aufgeplatzt, nun in viel schlimmerer Ausführung als zuvor, sein Kiefer wurde von mehreren blau verfärbten, zum Teil blutigen Schrammen geziert, über seiner rechten Augenbraue befand sich ein tiefer Cut, aus dem ebenfalls unablässig Blut über seine Wange rann, und sein Shirt sowie seine Jeans waren an einigen Stellen zerrissen. Er wirkte zerschlagen - im wahrsten Sinne des Wortes.

Eine explosive Mischung gegenläufigster Emotionen tobte in mir, als ich die Hoffnungslosigkeit in seinen gepeinigten Gesichtszügen zur Kenntnis nahm. Wut, Verzweiflung, Fassungslosigkeit und noch so viele mehr, die ich allesamt nicht benennen konnte.

„Liam, alter Freund!" Ich hatte das Gefühl, dass Rod willkommenheißend die Arme ausgebreitet hätte, wären diese nicht nach wie vor damit beschäftig gewesen, mich festzuhalten. Gut für ihn. Hätte er das nämlich nicht getan, wäre er schon längst ein Geschlechtsteil ärmer. „Was für ein freudiger Anlass, einander wiederzusehen. Gleich zweimal innerhalb weniger Wochen. Fast wie in den alten Zeiten."

Liam hielt den Blick starr zu Boden gerichtet – ob deshalb, weil er Rod schlichtweg nicht ansehen konnte, oder weil sein Nacken von den zahlreichen Schlägen schmerzte, die er zweifelsohne erst vor wenigen Sekunden kassiert hatte, konnte ich nicht beurteilen. Vielleicht war es auch beides.

Wusste er, dass Zayn Rod informiert und uns verraten hatte?

Offensichtlich, denn als er nach einem theatralischen Seufzen von Rod ruckartig den Kopf hob, streifte er Zayn mit einem derart verletzten, zornigen Blick, dass es sogar mir kalt das Rückgrat hinabkroch, obwohl seine Wut nicht gegen mich gerichtet war.

Ich bezweifelte, mir auch nur im Ansatz vorstellen zu können, wie immens seine Verletztheit sein musste. Zayn war diese eine Person gewesen, der er immer vertraut hatte, die trotz allem über Jahre hinweg immer an seiner Seite gewesen war.

Und jetzt hatte genau diese eine Person mit dem Feind kooperiert – zwar in guter Absicht und in dem festen Glauben, Liam damit zu helfen, aber letztendlich hatte er es nur noch schlimmer gemacht.

Ich war mir nicht sicher, ob ich Zayn bemitleiden oder verabscheuen sollte. Im Moment hing die Gemütslage eher zugunsten der zweiten Alternative, offenbar ganz ähnlich der Liams, wenn man seinen normalerweise so sanften, nun jedoch funkensprühenden Augen Glauben schenkte.

Dann löste sich sein Blick von Zayn, wanderte weiter über die Bar hinweg, streifte eine weitere Person hinter uns an der Tür zum Personalraum nur flüchtig, bis er schließlich an Rod hängenblieb – und einen Wimpernschlag später an mir.

Undercover (Niam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt