PROLOG

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***

„Suchst du etwa das hier?"

Beim Klang seiner Stimme setzte mein Herz einen Schlag aus. Das Blut in meinen Adern gefror zu Eis, machte mir jegliche Bewegung unmöglich und ließ mich in Position erstarren, während meine Ohren vor Adrenalin rauschten.

Kurz kniff ich die Augen zu, ballte die Hände zu Fäusten und lauschte auf meine beschleunigte Atmung, in der Hoffnung, mich selbst irgendwie zu beruhigen.

Vergebens.

Mehrere Sekunden verstrichen, in denen ich seinen durchdringenden Blick förmlich auf mir brennen spürte, bevor ich mich endlich dazu zwingen konnte, den Kopf zu heben und ihn anzusehen.

Er stand breitbeinig zwischen der Tür und mir, schnitt mir somit den einzigen Fluchtweg aus dem Raum ab, machte mir ganz unmissverständlich klar, dass ich in der Falle saß.

Noch während ich mit meinem Entsetzen rang, trat er noch einen Schritt näher, seine Augen unverwandt auf mich gerichtet. Langsam ließ er seine Hand hinter sich wandern, um etwas aus dem Bund seiner Hose zu ziehen – und im nächsten Moment tauchte eine Pistole vor mir auf. Eine Pistole, die ich nur zu gut kannte.

Meine Dienstwaffe.

Schlagartig wurde meine Kehle trocken. Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich, als ich mich langsam aus meiner sitzenden Position erhob, den Blick keine Sekunde von der Waffe nehmend, die sich nun in den Händen meines Gegners befand.

Das konnte nicht passieren. Durfte nicht.

Wann hatte er die Waffe an sich genommen?

Im nächsten Moment hätte ich mich für diese dumme Frage am liebsten geohrfeigt. Er hatte in den vergangenen zehn Stunden unzählige Gelegenheiten gehabt, sich durch meine Sachen zu wühlen und alles an sich zu nehmen, wonach ihm gerade war. Mit meinem willigen Verhalten und meinem blinden Vertrauen hatte ich ihn praktisch dazu aufgefordert, einen Vorteil aus der Situation zu ziehen.

Ich hatte ihm vertraut. Blind.

Nein. Nicht nur das.

Ich hatte mich in ihn verliebt. Ebenso blind.

In einen gesuchten Kriminellen, den vermutlich brutalsten Dealer der Stadt, der mich mit voller Absicht getäuscht, ausgenutzt und bewusst an der kurzen Leine gehalten hatte und mich nun vermutlich töten würde.

Mit meiner eigenen, verdammten Dienstwaffe.

Blind blinzelte ich die Tränen der Wut und der Verletztheit fort, die mir zu meinem Frust binnen Sekunden in die Augen gestiegen waren und nun mein Sichtfeld verschwimmen ließen.

Er kam noch einen Schritt näher, scheinbar nachdenklich und abwesend, aber dennoch mit sicheren Bewegungen am Lauf der Glock friemelnd. Es war nur zu offensichtlich, dass sich seine Erfahrung mit Schusswaffen nicht in Grenzen hielt.

Natürlich nicht.

Das hier war Liam James Payne.

Natürlich wusste er mit Schusswaffen umzugehen, nachdem er mit großer Sicherheit schon mehreren Menschenleben mit einer solchen ein Ende gesetzt hatte.

Er war noch immer vollkommen ruhig. Nicht einmal das kleinste Zucken in seinem Gesicht gab einen Hinweis darauf, dass ihn diese Situation mitnahm oder er erschrocken darüber war, wie sich diese Sache zu entwickeln begann. Noch immer hielt er die Waffe nicht direkt auf mich gerichtet, doch aus eigener Erfahrung wusste ich, wie schnell sich das ändern ließ.

Eine einzige, flinke Handbewegung, kombiniert mit einem noch flinkeren Zucken des Zeigefingers und finito.

Es war dumm von mir gewesen, anzunehmen, dass ich dieses Gebäude tatsächlich noch verlassen würde, nachdem er mich dazu gebracht hatte, mit ihm herzukommen. Was ich kleiner Idiot natürlich nur allzu bereitwillig getan hatte.

Es war erbärmlich.

„Dann war's das wohl mit dem Versteckspiel, was?" Liams Stimme, die ich bisher nur als die von James gekannt hatte, war einerseits so vertraut, andererseits plötzlich so fremd, dass mir eine Gänsehaut das Rückgrat hinabkroch.

Meine Hände waren klamm vor Schweiß, als ich sie erneut um Ruhe bemüht zu Fäusten ballte und mir die Fingernägel in die Handflächen grub, in der Hoffnung, mich mit dem Schmerz zusätzlich erden zu können.

„Das hier war also dein Plan?" Meine Stimme war so kalt und so bitter, dass ich sie selbst beinahe nicht wiedererkannte. „Von Anfang an? Herzlichen Glückwunsch. Du hast mich, wo du mich wolltest. Du musst unfassbar zufrieden sein mit dir selbst."

Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über Liams Gesicht. Der Lauf der Waffe war noch immer gen Boden gerichtet.

Für einen kurzen Moment lang presste er die Lippen zu einem feinen Strich zusammen, bevor er wieder das Wort ergriff. „Erinnerst du dich daran, was ich dir vorhin noch gesagt habe?"

Und wie ich mich daran erinnern konnte. Daran, wie kryptisch und nichtssagend seine Worte gewesen waren. Ganz offensichtlich war er Meister darin, Menschen etwas glauben zu lassen, das nicht existierte. Vor allem Menschen, die so leichtgläubig waren wie ich.

Und jetzt würde ich für diese Leichtgläubigkeit bezahlen müssen. Vermutlich mit meinem Leben.

Liams flackernder Blick war von einer solchen Intensität, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten.

„Tut mir leid, Niall." Seine Miene war wie aus Stein gemeißelt. Und als er daraufhin die Waffe noch fester umfasste, den Finger gefährlich nahe am Abzug, wusste ich schon im Vorfeld, was er als Nächstes sagen würde.

„Aber ich kann dich nicht gehen lassen."

***

Nach Wochen der Prokrastination und des Beschäftigtseins mit anderen Dingen legt diese Story auch endlich ihren Start hin ^-^  Zur Abwechslung wird hier ausschließlich aus Nialls Ich-Perspektive erzählt. Und zur Abwechslung stammt der Prolog direkt aus einem späteren Kapitel ...👀

Wie immer bemühe ich mich um regelmäßige, schnelle Updates und weise auch an dieser Stelle nochmal darauf hin, dass es sich hierbei ursprünglich um einen OS gehandelt hat - die Kapitel  werden vor allem zu Beginn etwas kürzer sein als gewohnt, ebenso die Story im Ganzen (diesmal wirklich).

Ich freue mich total über Sternchen und Kommis - und einfach darüber, dass ihr dabei seid!😇🎉

Liebe Grüße und frohes Lesen!

Andi💖

Undercover (Niam)Where stories live. Discover now