- 20 -

504 66 90
                                    


Schweigen machte sich zwischen uns breit, als Liam geendet hatte.

Ich mied seinen Blick, starr die Tasse Tee fixierend, die Liam sowohl für meinen geschundenen Hals als auch als Zeichen des Waffenstillstands vor mir auf den Küchentisch gestellt hatte, von mir jedoch aus purem Trotz heraus nicht angerührt worden war.

Die vergangenen dreißig Minuten hatte ich ihn kein einziges Mal angesehen, hatte nur mit verschränkten Armen so weit von ihm entfernt wie möglich dagesessen und ihm zugehört – nach einem kurzen Telefonat mit Harry, in dem ich ihm versichert hatte, dass alles in bester Ordnung war.

Zwar hatte mein Kollege einen enorm misstrauischen Eindruck gemacht, sich aber nicht nach weiteren Details erkundigt. Er schien anzunehmen, dass ich die Lage unter Kontrolle hatte. Was auch der Fall war.

Jedenfalls hoffte ich das.

Liam hatte mich aus weiser Voraussicht heraus auf den Stuhl in der hintersten Ecke beordert, während er den Platz direkt an der Tür eingenommen hatte – offenbar befürchtete er immer noch, ich könnte einen Fluchtversuch unternehmen, jetzt, wo ich wusste, wer er wirklich war.

Sein bohrender, bittender Blick brannte förmlich auf mir – so lange, bis ich das Gefühl hatte, dass sich das Blut in meinen Adern zu flüssigem Feuer verwandelt hatte, das mir nun direkt unter der Haut brannte und meine nervösen Schweißporen auf Höchstbetrieb arbeiten ließ.

Schließlich räusperte ich und musste prompt das Gesicht verziehen, als meine wunde Kehle mit stechendem Schmerz protestierte, doch der Anblick von Liams bekümmertem Gesicht und wie seine Hände in meine Richtung zuckten, machten das wieder wett. Er sollte ruhig sehen, dass seine miese Aktion nicht spurlos an mir vorübergegangen war.

Auch wenn ich selbst natürlich auch nicht gerade einen Heiligenschein auf dem Kopf trug. Wenn ich daran dachte, dass ich – wenn auch nur für einen kurzen Moment – wirklich bereit dazu gewesen war, ihn anzuschießen, fiel all die Selbstgefälligkeit sofort wieder in sich zusammen.

Was auch immer das Outcome dieses Gesprächs sein würde, hatten wir uns in der vergangenen Stunde beide nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

„Okay." Meine Stimme klang furchtbar, doch ich würde den Teufel tun und diesen blöden Tee anrühren. Auch wenn ich gerade nichts lieber tun würde, als die ganze Tasse auf einmal zu exen. Aber das war eine Tatsache, die ich niemals laut zugeben würde.

„Lass mich das für mein Verständnis kurz überreißen", setzte ich aufs Neue an. „Du wirst von deinem alten Dealerboss, Rod, dazu erpresst, das LP als Handelsort für Stoff zur Verfügung zu stellen."

Knappes Nicken von Liam erreichte mich. Er hatte ein Glas mit klarer Flüssigkeit vor sich stehen, doch angesichts dessen, wie er den ersten Schwung davon auf ex gekippt hatte, bezweifelte ich, dass es sich nur um Wasser handelte. Verübeln könnte ich es ihm jedenfalls nicht.

Steif schlang ich die Arme noch fester um meinen Körper. „Schön. Dieser Deal läuft nur noch bis Ende dieses Monats, dann ist das LP drogenfrei und du kannst tun und lassen, was du willst."

Erneut nickte er.

Ich schnaubte. „Schön. Angenommen, ich glaube dir. Die Betonung liegt auf angenommen. Was zur Hölle lässt dich davon ausgehen, dass Rod zu seinem Wort steht? Wenn ich das richtig verstanden habe, hat er dir vor knapp zehn Jahren schon deine Freiheit zugesichert. Und sieh, wie weit zu gekommen bist."

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Liam sich in einer Geste der Ernüchterung mit der flachen Hand übers Gesicht fuhr und kaum merklich zusammenzuckte, als er der tiefblauen Verfärbung an seinem Kiefer dabei zu nahe kam.

Undercover (Niam)Where stories live. Discover now