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Fast eine komplette Woche verging, in der ich Liam Payne als Eigentümer und Boss nicht zu Gesicht bekam.

Das LP hatte mit Ausnahme von Montag und Mittwoch auch wochentags geöffnet, dann allerdings nur bis Mitternacht sowie in eher ruhigerer Atmosphäre mit Essen im Bistro und gemütlicher Sitzgelegenheit an der Bar.

Tatsächlich war ich überrascht davon, wie rege dieses Angebot angenommen wurde – ich persönlich würde mir ja unter der Woche für ein geselliges Beisammensein nach der Arbeit ein anderes Lokal suchen als einen heruntergefahrenen Club, aber offenbar fuhren die Leute hier voll darauf ab.

James hatte irgendetwas davon gemurmelt, dass Payne wohl gerade geschäftlich unterwegs sei, weil er eventuell in einer anderen Stadt einen weiteren Club eröffnen wollte, aber irgendwie glaubte ich ihm das nicht so ganz.

Auch wenn er als die verantwortliche Person an der Bar Entscheidungen bezüglich seiner Kollegen treffen konnte, bezweifelte ich es doch, dass der oberste Chef sich so gar nicht dafür interessierte, wer alles in seinem Schuppen herumfuhrwerkte. Schon gar nicht, wenn er tatsächlich über enge Verbindungen zur organisierten Kriminalität verfügte.

Ob er überhaupt schon meine Unterlagen für das am Ende nichtexistente Vorstellungsgespräch begutachtet hatte? James hatte mir am zweiten Arbeitstag den Vertrag zum Unterschreiben vorgelegt und dort war auf der Zeile des Arbeitgebers bereits ein handschriftliches Kürzel zu sehen gewesen – Payne war also durchaus im Haus gewesen.

Dass er sich so überhaupt kein Bild von seinem neuesten Mitarbeiter machen wollte, war mir ein Rätsel.

Und es ärgerte mich ganz gewaltig.

Immerhin war Payne als Boss des Ladens der Hauptverdächtige schlechthin, auch wenn ich an hier bisher nichts Verdächtiges hatte feststellen können. Natürlich trieben sich immer wieder zwielichtige Gestalten herum, von denen ich mittlerweile auch eine Handvoll schon als regelmäßige Besucher wiedererkannte, aber solche gab es praktisch überall und nichts davon schrie nach Drogenkriminalität.

Mit Larry und meinen anderen echten Kollegen war ich seit letztem Donnerstag nicht mehr persönlich in Kontakt gewesen. Natürlich hatten wir per Telefon, Skype und WhatsApp kommuniziert, um einander auf dem Laufenden zu halten, aber nach wie vor war es Teil meines Undercover-Einsatzes, mich so gut wie möglich von meinem echten Leben fernzuhalten.

Große Dealer waren meistens extrem paranoid. Es war also gut denkbar, dass bereits Leute auf mich als neuen Mitarbeiter angesetzt worden waren, die stichpunktartig meinen Alltag beschatteten und meine studentische Harmlosigkeit überprüften.

Daher raffte ich mich jeden Tag brav dazu auf, wie ein waschechter Student zur Uni zu radeln, um mich dort wahllos in irgendwelche Vorlesungssäle oder in die Bibliothek zu setzen. Meistens verbrachte ich die Zeit dort damit, auf meinem Arbeitslaptop, der mir für den Fall zur Verfügung gestellt worden war, Nachforschungen zu der städtischen Dealerszene anzustellen und eigens erstellte Phantombilder zu verdächtigen Clubgästen durch die polizeiliche Suchmaschine zu jagen. Außerdem ging ich meinen Kollegen per Home- oder besser Unioffice beim lästigen Papierkram zur Hand, gab Fahndungen raus und machte Autokennzeichen ausfindig, um mich sinnvoll zu beschäftigen.

Ich war enttäuscht.

Natürlich war das hier um Welten besser, als nachts vor bewaffneten Verbrechern fliehen zu müssen oder nach Schichtende in einer dunklen Ecke des Clubs umgebracht zu werden, aber irgendwie hatte ich mir eine Mission als Undercoveragent ... spannender vorgestellt.

Zu Beginn war ich verdammt nervös gewesen, hatte jedes meiner Worte dreimal bedacht und jede neue Bekanntschaft unter den Gästen grundsätzlich verdächtigt – und von denen hatte es eine ganze Menge gegeben.

Undercover (Niam)Where stories live. Discover now