Kapitel 2: Erste Erdkundestunde mit Herr...

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[Zum Titel: In meiner ersten Fassung gab es keine Charakter-Liste, man wusste nicht, wie Herr Vega heißt.]

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"Also meine Herrschaften. Mein Name ist Herr Vega und ich werde Sie für die nächsten sechs Wochen unterrichten. Vorausgesetzt, ihr eigentlicher Lehrer erholt sich. Wenn nicht, werden wir wohl die gesamten nächsten Monate miteinander verbringen."

"Dann wollen wir mal hoffen, dass er sich nie wieder erholt", flüsterte Poline in Annes Ohr, woraufhin diese bestätigend lächelte.

Der Vertretungslehrer kam zwar leicht passiv aggressiv rüber, aber gut aussehend war er trotzdem.

Als Poline ihren Blick wieder auf Herr Vega, dessen Spitzname sowas von 'Vegas' werden würde, richtete, schien sein Blick sich gerade abzuwenden.

Ein leichtes Grinsen formte sich auf seinen Lippen, dass aber schon in Sekundenschnelle wieder verschwunden war, sodass Poline sich fragte, ob sie sich mal wieder etwas eingebildet hatte.

"Eine von Ihnen hat mich außerdem darum gebeten, Sie zu fragen, ob Sie lieber geduzt werden möchten. Mir persönlich ist es gleich, wie wir es machen."

Normalerweise, hätte jeder gesagt, dass er lieber geduzt werden wollte, aber Amber war in der Stimmung für einen Scherz. So sagte sie: "Also ich möchte, dass Sie mich siezen", ihre Stimme von Ironie trotzend.

"Gut, dann belassen wir es dabei."

Sofort sahen sich alle im Raum verwirrt an. Verstand der Typ keine Ironie?

"Ich weiß ja nicht, ob Sie's vielleicht einfach überhört haben, aber das war ein Scherz", versuchte Poline zu erklären.

"Ich kann mich nicht erinnern, Sie etwas gefragt zu haben. Und im Übrigen, ist mir das bewusst, ich halte es nur für eine gute Erziehungsmaßnahme, Ihnen solche 'Späße' auszutreiben. Also bleiben wir bei dem 'Sie'."

Polines Mund stand weit offen. Das war ganz sicher keine Einbildung. Dieser Mann war doch krank! Nach einem kurzen Blick nach links und rechts, fühlte sie sich durch ihre Freundinnen in ihrer Vermutung bestätigt.

Herr Vega kontrollierte noch die Anwesenheit der Schüler, bevor er mit dem tatsächlichen Unterricht begann.

Das hätte er auch ruhig noch herauszögern können. Genug Möglichkeiten hätte es ja gegeben: Besprechung der Notenverteilung, Erklärung seines Unterrichtsvorgangs und was nicht alles. Aber der Herr war anscheinend ganz heiß darauf, endlich zu zeigen, was er auf seinem Gebiet drauf hat.

Zum Glück war es dann doch eher eine Einführung ins Thema in Form eines Lehrervortrags. So hatte er zumindest nicht die Möglichkeit herauszufinden, was für eine Niete die meisten in diesem Kurs dank der vorherigen Lehrkraft waren. Zumindest noch nicht.

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Der Unterricht wurde natürlich nicht früher, sondern genau mit dem Klingeln beendet. Alle packten schnell ihre Sachen zusammen und verschwanden aus dem Raum. Zumindest wäre es so gekommen, hätte Herr Vega Poline nicht aufgefordert, noch kurz bei ihm zu bleiben.

"Wissen Sie, ich würde an Ihrer Stelle einen Gang zurückschalten", sagte er, während Poline an das Lehrerpult herantrat.

"Tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass ich Ihnen folgen kann."

"Sagen wir einfach so: Es kommt nicht sehr gut rüber, wenn man der Lehrperson ins Wort fällt oder sie kritisiert."

Poline müsste sich anstrengen, nicht aufzulachen.

"Wenn ich Ihr Ego damit verletzt habe, dann tut es mir aufrichtig leid", sagte sie schließlich, breit grinsend.

Damit hatte sie anscheinend einen Nerv getroffen, denn ihr Lehrer stand urplötzlich auf und kam einen Schritt auf sie zu.

"Passen Sie auf, was Sie von sich geben. Ich bin immernoch derjenige, der hier bestimmt und Ihre Noten beeinflusst."

Jetzt lachte sie tatsächlich auf.

"Drohen Sie mir etwa?"

"Sollte ich?"

"Sie machen mir keine Angst, falls Sie das bezwecken wollten. Sie sind der Neue. Eigentlich sollten Sie derjenige sein, der aufpassen muss."

Und wieder eine Situation, in der Poline anders reagierte, als in alltäglichen Konversationen mit Erwachsenen.

Normalerweise würde sie sich niemals trauen, so mit ihrem Lehrer zu reden, aber langsam ging ihr dieser Mann gehörig auf die Nerven. Und mochte er auch noch so attraktiv sein, er stand für ihren Geschmack ein wenig zu nah an ihr.

Als sie also einen Schritt zurück machte, griff er plötzlich ihr Handgelenk und zog sie zurück. Doch statt sie anzuschreien, brachte er seine Lippen nah an ihr Ohr.

"Wenn ich Sie wäre, wäre ich in Zukunft vorsichtiger mit meinen Aussagen. Wir wollen doch nicht, dass das Ganze aus dem Ruder läuft, nicht wahr?"

Sein warmer Atem sendete eine Gänsehaut über ihren ganzen Körper. Sie begann leicht zu zittern. Es war verwirrend. Sie hätte nicht gedacht, dass eine Situation so angsteinflößend und erregend zugleich sein kann.

Bevor er noch etwas tun konnte, riss sie sich los und lief zur Tür.
Gerade, als sie schon fast aus der Tür getreten war, vernahm sie erneut seine Stimme.

"Auf Wiedersehen, Poline."

Sie drehte sich um. Die Wut stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Ohne nachzudenken, zeigte sie ihm den Mittelfinger und knallte die Tür zu.

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Zurück bei Amber und Tess, die sich in der Mensa befanden, da die nächste Stunde ausfallen würde, konnte sich Poline kaum beruhigen.

"So ein Arschloch", rief sie etwas zu laut.

Einige am benachbarten Tisch drehten sich zu ihr um, bevor sie etwas leiser fortfuhr.

"Er hat mir vorgeworfen, dass ich ihn kritisieren würde und mir dann gedroht meine Noten zu verschlechtern, wenn ich es nicht lasse."

"Oha", sagte Amber.

"Das Beste kommt noch..."

Poline überlegte, ob sie das letzte Detail wirklich mit ihnen teilen sollte. Sie entschied sich dafür.

"Als ich gehen wollte, hat er mich zurückgezogen und mir ins Ohr geflüstert."

"Was hat er gesagt?", wollte Tess wissen.

"Er hat mir halt wieder gedroht."

"Und wie nah genau kam er dabei?"

Poline warf Tess einen vorwurfsvollen Blick zu, woraufhin Amber lachen musste.

"Zu nah."

"Ach komm Poline, wir wissen beide genau, dass du ihn gerne noch näher gehabt hättest."

"Halt die Klappe, Amber. Jedenfalls bin ich dann rausgegangen und..."

Dass er ihren Namen gesagt hat, ließ sie dann doch aus.

"...und hab ihm den Mittelfinger gezeigt und die Tür zugeknallt."

"Hast du nicht", sagten Tess und Amber gleichzeitig.

"Doch, echt jetzt."

Die beiden sahen sich an und lachten dann.

"Jetzt hätte ich an deiner Stelle Angst."

"Wieso das?"

"Was, wenn er es ernst meint? Wir wissen nicht, wie der drauf ist."

Darüber hatte sie noch nicht nachgedacht. Naja, ob er seine Drohung wahr machen würde, würden spätestens die ersten Noten zeigen...

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Forbidden Attraction [Old Version]Where stories live. Discover now