Kapitel 30

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Hasse ich mich? Definitiv. Ist es egoistisch, wenn man glücklich ist, obwohl man dadurch den jeweils anderen Glück verwehrt? Wieso kann man nicht einfach seinen Charakter wechseln und eine andere Story spielen? In einem anderen Leben, würde es mir vielleicht besser gehen. Gibt es überhaupt Paralleluniversen? Und wenn ja, wie sieht die Beziehung von Kuro und mir dort aus? Na ja, ich sollte aufhören so zu denken, denn ich hab dieses Game doch erst durch Gedanken kacke gemacht. Ich wollte stark sein und nicht nachgeben, aber was mache ich? Genau, ich gehe mit ihm auf ein Date.
Normalerweise würde man sich freuen, doch irgendwie kam keine Gefühlsexplosion zustande. Ich würde gerne anfangen zu heulen und die nächst beste Wand einreißen, aber ich mach es nicht. Ich hab kein Bock mehr. Ich hab kein Bock etwas vorgespielt zu bekommen. Aber nun spiele ich etwas vor. Zocken ist mein Spezialgebiet und da schaffe ich es auch, jemand zu sein, der ich im inneren nicht bin. Ich bin nicht mehr Kuros bester Freund, denn wir sind zusammen. Ich merke die behinderten Blicke seiner Fangirls und nun kann ich anfangen ihnen zu zeigen, dass er mein Freund ist. Ich versuche ihm nun mehr Vertrauen zu schenken, auch wenn es schmerzt. Auch wenn das kein wahres Glück ist, will ich versuchen zu leben. Wenn er mir nicht die Wahrheit sagt, gebe ich auch nicht die Wahrheit preis, da werden wir ja mal schauen, wer zuerst nachgibt. Ich bin Kenma Kozume und ein ganz normaler Oberschüler, der ein schönes Leben führen will.

Ich riss meine Nachtischschublade auf und nahm die Scherbe zur Hand. Ich erlaube mir keine Pause, kein Neustart oder Abkühlung. Ich muss das bis zum Ende durchstehen und das ohne Cheats. Wütend knallte ich es in mein Mülleimer. Sofort überrannte mich eine Flut aus Glück. Mein Herz schlug wieder schneller und ich fühlte mich echt gut. Als ich das geschafft hatte, nahm ich mir ein Haargummi und band meine Haare zu einem Zopf zusammen. Das mache ich zum ersten Mal, denn ich wollte nie meine hundert prozentige Sicht, doch nun kann ich ruhig alles wahrnehmen. Egal wie sehr es mich verunsichert. Ich starrte in mein Spiegel und grinste. Mein Ansatz ist echt stark rausgewachsen, aber durch den Zopf sah es einigermaßen okay aus. Meine Haut war leicht blass und ich war müde. Ja, ich bin müde. Meine Augenringe waren echt grauenhaft, weil ich ziemlich lang gezockt hatte, aber das ist okay. Ich trug ein weißes Shirt und eine schlichte schwarze Hose. Ich konnte lächeln, obwohl ich Angst hab. Gott, ich liebe Kuro, dennoch hab ich Angst. Hoffentlich kann ich in einigen Jahren über meine jugendliche Dummheit lachen. Doch jetzt würde ich gern wegen Verzweiflung heulen. Seufzend drehte ich mich von meinem Spiegel weg und sah auf mein Handy.

Es war fast um vier. Er meinte, er holt mich halb fünf ab, aber ich hab kein Bock zu warten. Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche, dann ergriff ich mein Stuhl und stellte ihn unter mein Dachfenster, damit ich rausklettern konnte. Einmal ist er bei mir eingebrochen und nun will ich bei ihm einbrechen. Ich stemmte mich hoch und schwang meine Beine auf mein Dach. Volleyball hatte doch ein Sinn: Ich hab Kraft um auf mein Dach zu kommen. Wackelig knallte ich mein Fenster wieder zu und sah auf die Straße hinab. Ich konnte alles sehen, auch das was in meinem Augenwinkel lag. Meine Haare versperrten mir nicht die Sicht. Ich konnte frei gucken und es fühlt sich so an, als würde ich losgelöst von meinem Gefühlen auf meine Situation blicken. Für außenstehende ist es nichts Dramatisches, aber für mich ist es Überwindung. Ich atmete einmal tief durch. Ich dachte, ich hab Mikasa besiegt, aber der Endboss ist noch lange nicht gestürzt. Mit langsamen Schritten ging ich auf sein Dach zu, auf dem wir mein Geburtstag verbrachten, automatisch wanderte mein Blick auf mein Ring. Nur du und ich! Ich werde nicht verkacken. Tz, ich bleibe nach außen stark, denn mein Inneres geht niemanden etwas an. Sicher stand ich nun hier und jetzt war es nichts schweres mehr, denn ich musste nur noch eine Leiter nehmen, die neben seinem Fenster ist. Sein Opa hatte diese dort montiert, damit er einfacher aufs Dach kommen kann. Ich öffnete sein Fenster, welches nur nachts geschlossen ist, und schwang mich so ins Haus. Man kann echt leicht einbrechen. Schon bisschen dumm, aber in Japan ist die Kriminalitätsrate nicht so hoch, weshalb es nicht so schlimm ist.

Love-GameWhere stories live. Discover now