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Ich kann es kaum glauben, dass ich Markus noch immer alles erzählen würde.
*
Lilli

Am nächsten Morgen tut mir alles weh. Aufgewacht bin ich ein einer richtig merkwürdigen Position und habe mich so verlegen. Als ich zu Markus Auto schlürfe, fühle ich mich, als wäre ich im Alter seiner Oma. Ich reibe meinen Nacken, während Markus das Auto starrtet. Meine Klamotten sind über Nacht nicht ganz trocken geworden, deswegen habe ich noch immer Markus Klamotten an.
Markus fährt auf die Autobahn. Es ist still, nur das Radio ist zu hören. Der Sturm gestern ist schlimmer geworden und hat einigen Schaden angerichtet. Das sagt zumindest der Reporter, dieses Stimme aus dem Radio ertönt. „Ein Glück sind wir gestern nicht gefahren.", sagt Markus plötzlich. Ich nicke. „Ich hoffe, dass es den anderen gut geht.", meine ich und schaue aus dem Fenster. „Ihnen wird es gut gehen. Kein Sturm der Welt, wird diese Idioten aus dem Leben reißen.", ich höre wie Markus lacht. Ich seufze.

Das Navi sagt uns den Weg. Gerade befinden wir uns auf einer Landstraße. Keiner von uns hat seit den zwei Stunden mehr was gesagt. Vor uns liegen noch knapp drei Stunden, die einfach nicht enden wollen. „Hast du Hunger?", fragt Markus, als wir die nächste Stadt erreichen. „Nein. Ich glaube, ich will einfach nach Hause.", sage ich und schaue weiter aus dem Fenster. „Du musst was essen.", sagt Markus und fährt auf dem Parkplatz eines McDonald's. Er fährt zum Drive- In. Er bestellt und fährt vor. Als wir unser Essen haben, fährt er weiter. Er reicht mir die Tüte und die Getränke. „Das Trinken kannst du in die Getränkehalter stellen.", erklärt Markus. Ich tue was er sagt. „Bitte wenden.", die mechanische Stimme des Naiv's dringt in mein Ohr. Ich sehe auf den kleinen Bildschirm und merke, dass Markus und die falsche Richtung fährt. Als das Navi in immer wieder auffordert zu wenden, stellt er es aus.  „Wo fährst du hin?", frage ich. Markus grinst. „Ich zeige dir etwas. Als ich klein war, war ich oft mit meinen Eltern hier.", erklärt Markus weiter. Wir verlassen die Stadt und fahren in das nächste Dorf. Dort folgt er einer Straße, die uns auf einen Berg führt. Er parkt das Auto und steigt aus. Er nimmt die Getränke und schlägt die Autotür zu. Ich bin ein wenig verwirrt und weiß nicht, ob ich aussteigen soll. Als ich mich umsehe, sehe ich mir Bäume. Dieser Parkplatz ist die einzige freie Stelle, die ich sehe.
Markus klopft an die Scheibe und winkt mich heraus. Ich steige aus und sehe wieder in den Wald. „Markus, was wollen wir hier?", frage ich ihn. Markus schließt grinsend sein Auto ab. „Komm mir einfach nach.", sagt er und läuft los.

Als ich ihm folge, erkenne ich den kleinen Weg, der sich zwischen den Bäumen versteckt hat. Ich halte das Essen, was mittlerweile kalt sein müsste, an der Brust und laufe diesen verdammten weg nach oben. Je weiter wir gehen, desto steiler wird es.
„Markus, wenn da oben nichts ist, dann schupse ich dich runter!", rufe ich ihnen zu. Lachend bleibt Markus stehen und wartet, bis ich ihn aufgeholt habe. „Es wird dir gefallen. Glaub mir.", grinsend geht Markus weiter.
Ich versuche wirklich Schritt zu halten, aber diese unerwartete Wanderung kostet mich alle nerven. Ich kann nicht mehr. Das selbe sage ich auch Markus, der mir lachend erklärt, dass wir bald da sein müssten. Den Rest des Weges jammere ich rum. Markus hat zehn Meter Vorsprung, als er anhält und zufrieden grinst. Ich bleibe neben ihn stehen und atme erstmal tief durch. „Ich glaube nichts lohnt sich, um diesen Weg hoch zu kratzen.", meine ich keuchend. Markus lacht und dreht mich.

Vor mir erstreckt sich ein riesiger Wasserfall. Ich reiße meine Augen auf und betrachte das klare Wasser, was plätschernd und der riesigen See läuft. Die Nadelbäume ragen in den Himmel und lassen alles hier magisch wirken. „Wow.", bringe ich hervor, als ich Markus das Essen in die Hand drücke und auf den kleinen Steg gehe, der zum Wasser führt. Ich setze mich und betrachte die Wasserpflanzen. Als ich ins Wasser schaue, sehe ich kleine Fische, die im Wasser schwimmen. Um den See herum ist eine kleine Wiese, auf der noch einige Blumen wachsen.
Markus lässt sich neben mir nieder und reicht mir die Pommes. „Und hat es sich gelohnt?", fragt er. Ich nicke, nicht fähig, ihm eine Antwort zu geben. Noch nie in meinem Leben habe ich etwas schöneres gesehen. Dieser Ort hat mir die Sprache verschlagen.

Wir essen schweigend. Unsern Müll stopft Markus in seine Tasche, die er mitgenommen hat. Dann zieht er sein Shirt aus. Augenblicklich sehe ich weg. „Was hast du vor?", frage ich. Markus lacht. „Was wohl? Ich gehe schwimmen.", während er das sagt, landet auch seine Hose auf dem Boden. Nur in Boxershorts rennt er an mir vorbei und springt ins Wasser. Einige Tropfen landen auf mir. Lachend warte ich darauf, dass er auftaucht. Als Sekunden vergehen, in denen ich ihn reglos unter der Wasseroberfläche treiben sehe, steigt Panik in mir auf. Ich springe auf und rufe seinen Namen. „Markus, tauch auf.", schreie ich ängstlich. Als er dann endlich auftaucht beginnt er zu lachen. Er streicht sich sein nasses Haar zurück und grinst. „Das ist nicht witzig.", sage ich, kann mir aber kein Schmunzeln verkneifen. „Komm rein.", ruft er mir zu und schwimmt ein Stück. „Ich habe nichts hier.", rufe ich ihn zu. „Ja und?", lachend blickt er zu mir, „Ich auch nicht. Wir sind alleine, Lilli. Nur du und ich!"
Dennoch schüttele ich meinen Kopf. „Ob du in Unterwäsche schwimmen gehst, oder in einem Bikini. Das macht keinen Unterschied!", sagt er, als er auf mich zukommt. Er drückt sich am Steg hoch und schaut mich erwartungsvoll an. „Ich kann nicht.", sage ich schlicht. „Kannst du etwa nicht schwimmen?", fragt er belustigt. Wenn es das nur wäre! Ich schweige und setze mich wieder hin. Markus ist nur ein paar Zentimeter von mir entfernt und sieht mich weiterhin erwartungsvoll an. Ich seufze.

Markus klettert aus dem Wasser und setzt sich zu mir. „Was ist los?", fragt er. „Vielleicht ist es lächerlich.", meine ich und sehe ins Wasser, während sich ein Lächeln auf meine Lippen stiehlt. Ich kann es kaum glauben, dass ich Markus noch immer alles erzählen würde. „Aber seit dem Eis, war ich nicht mehr schwimmen.", erzähle ich. „Das ist nicht lächerlich.", sagt Markus sofort. Ich sehe zu ihm, während er ein Stück zu mir rutscht. Sein Arm berührt meinen und durchnässt seine Klamotten. „Du hast Angst.", sagt er. Ich über drehe meine Augen, „Danke Markus, das hilft."
Markus rutscht noch ein Stück näher. Als ich zu ihm sehe, ist sein Gesicht nur noch einige Zentimeter von meinen Entfernt. Ich sehe in seine Augen und verliere mich in ihnen. Ich verliere die Realität und vergesse alles um uns. Ich sehe nur seine braunen Augen und ihn. „Ich werde dir helfen!", sagt Markus entschlossen und steht wieder auf. Perplex blinzle ich und sehe mich einige Sekunden auf den Platz, auf dem er saß. „Komm.", ruft Markus zu, der mittlerweile wieder im Wasser ist. Ich stehe auf und gehe zum Ende des Stegs.
Ich packe den Saum des Shirts und ziehe es über meinen Kopf.
*
Vielleicht kann das Folgende triggern.
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Gerade lese ich ein Buch und ich finde das Thema des Buches wirklich wichtig.
Marion, Für immer 13 von Nora Fraisse

In diesem Buch erzählt die Autorin von ihrer Tochter, die sich mit 13 Jahren selbst das Leben nimmt. Sie erzählt wie sie herausfindet warum ihrer Tochter das getan hat.
Ich bin nicht wirklich weit gekommen, weil ich meist nach der Arbeit einfach zu müde war für so ein Thema, aber es geht um Suizid und Mobbing, was beides wirklich wichtige Themen sind, die definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Dieses Buch ist bestimmt nicht für jeden etwas, aber ich lege es jedem wirklich ans Herz. Ich finde die Vorstellung schrecklich, dass Menschen darüber nachdenken müssen, ob sie weiterhin leben wollen oder nicht. Wir sollten mehr auf unsere Mitmenschen achten und jedes Leben achten. Ich persönlich habe nie mobbing selbst erlebt, aber ich weiß welche Folgen es haben kann. Jeder sollte das wissen.
Es kann nicht sein, dass bereits Kinder mit solchen Erfahrungen aufwachsen müssen. Ich will mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man bereits in einem so jungen Alter keinen Grund mehr zum Leben hat oder die schlechten das Gute übertreffen.

Im Jahr 2019 haben alleine in Deutschland 9041 Menschen Suizid begangen. Das entspricht ca. 25 (!) Menschen an einem Tag. Weltweit waren es rund 800.000. Man sagt alle 40 Sekunden nimmt sich ein Mensch das Leben. (Informationen habe ich dem Internet entnommen)
Mobbing ist nicht immer der Grund. Weitere Gründe können beispielsweise Abhängigkeiten, Alter, Krankheiten (physisch und psychisch), kritische Lebenslage, oder Suizide im Umkreis sein.

Ich will, dass dieses Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ich würde mir wünschen, dass sich Leute Hilfe holen können, ohne Angst haben zu müssen. Kein Mensch, egal was er begangen hat, hat es verdient auf diese Art und Weise den Tot zu finden!
Viele wollen mit diesem Thema nichts zu tun haben, was irgendwie auch verständlich ist. Das ändert aber nichts. Wir müssen darüber reden, wir müssen auf unsere Mitmenschen achten und wir müssen helfen, wenn wir sehen, dass jemand Hilfe braucht. Es wird viel zu oft weggesehen. Viel zu oft!

If love could feelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt