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Es sind nur Narben.
*
Lilli

„Ich werde das Kleid nicht anziehen.", sage ich und werfe das schwarze Stück Stoff zu Emelie zurück. „Du hast nichts anderes zum anziehen!", sagt Emelie. Wir diskutieren bereits seit einer halben Stunde darüber, was ich auf der Hochzeit tragen soll.  Es gibt genügend Gründe dafür, dieses Kleid nicht zu tragen und der einzige Grund es zu tragen, ist dass ich nichts anderes zum anziehen habe. Das ist wohl das Problem, wenn Emelie meine Sachen packt.
Die Hochzeit ist in drei Tagen und ich habe jetzt keine Zeit zum diskutieren. „Dann zieh du es doch an!", schlage ich vor.

Die tägliche Diskussion zwischen Emelie und Sophia fällt heute aus. Ich übernehme heute Sophia's Part. Allerdings wird die Diskussion unterbrochen, als es an der Tür klopft. Ich öffne die Tür und sehe in Joschka's und Raban's lachendes Gesicht. „Hey, was macht ihr den hier?", frage ich sie. „Naja, erstens würde ich behaupten, dass Emelie recht hat.", grinst Joschka. Verwirrt sehe ich zu ihm. „Zweitens wollen wir in den Zoo.", fügt Raban hinzu. „Achso.", gebe ich von mir. Ich sehe ins Wohnzimmer, in denen Emelie und Sophia sitzen und uns neugierig angucken. „Ich weiß nicht. Wir müssen eigentlich ziemlich auf unser Geld achten.", erkläre ich. „Das ist kein Problem.", sagt Joschka lachend. Emelie und Sophia kommen dazu. „Warum wollt ihr in den Zoo?", fragt Emelie. Joschka zuckt mit den Schultern, „Die kleine Schwester von Miriam will dahin und Markus hat uns gefragt, ob wir mitkommen wollen.", erklärt er. Seufzend drehe ich mich weg. „Ich hab keine Lust.", sage ich. Emelie hält mich am Arm fest. „Und wie wir Lust dazu haben.", beschließt sie. „Außerdem könnt ihr eure Giraffen Diskussion dort fortführen.", grinst Sophia.

„Kommt ruhig rein. Wir ziehen uns noch um.", gibt Emelie Bescheid und bevor ich protestieren kann, zieht sie mich bereits in mein Zimmer. „Was wird das?", frage ich sie. Sie kramt in ihrem Koffer und holt mehrere Klamotten heraus, die sie auf das Bett wirft. „Wonach sieht es aus? Wir machen hier irgendwie ja noch Urlaub und da sollten wir was unternehmen. Und wenn unsere Attraktion ein Zoo sein soll, dann ist das so. Du willst das Kleid nicht auf der Hochzeit tragen, Okay, aber wir werden wohl ein wenig Spaß haben dürfen!", erklärt sie.

Sie hält mir einen Rock hin. „In deinem Koffer ist ein süßes Top, was dazu passt.", sagt sie grinsend. „Emelie, meine Narben.", erinnere ich sie. Doch Emelie schnaubt, „Du hast dich die letzten Jahre versteckt. Du willst es nicht hören und ich will eigentlich nicht diejenige sein, die es dir sagt, aber es wird Zeit, dass du mal aus dir herauskommst. Deine Narben gehören zu dir und du wirst es nicht ändern können, dass sie da sind. Aber du kannst dich an sie gewöhnen und den Menschen da draußen zeigen, dass du noch immer Hammer geil bist!".
Unschlüssig nicke ich und nehme den Rock an mich.

Irgendwas an Emelie's Worten hat mich wirklich erreicht. Ich kann es nicht ändern, alles was ich erreiche ist, dass andere Leute, die nichts von meinen Narben wissen, denken, dass ich mich selbst verletze. Zumindest glaubt das Juli und wenn er das denkt, was sollen dann die anderen denken.
Ich laufe durch das Wohnzimmer, zur Tür, die in mein Zimmer führt. Ich sehe kurz zu den Jungs, die beide auf der Couch sitzen und in den Fernseher starren. „Habt ihr den anderen Bescheid gesagt?", frage ich sie. „Sie werden es schon merken.", sagt Joschka und grinst zu mir herüber. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, gehe ich in mein Zimmer.

Der Jeansrock reicht mir bis zur Mitte meines Oberschenkels und ist damit kürzer, als ich es je gewöhnt war. Ich bin noch nie jemand gewesen, der gerne kurze Sachen getragen habe. Besonders Röcke und Kleider waren nie meins. Ich habe seit Jahren Röcke und Kleider in meinem Kleiderschrank, die meisten sind ungetragen. Und seit zwei Jahren habe ich gar keine mehr getragen. Es ist ungewohnt für mich, nicht nur weil ich selten Röcke trage, sondern weil man meine Narben sieht. Gerade sehe ich nur die Narben an meinem Beinen. Mein Oberkörper wird noch von meiner Jacke umhüllt.
Seufzend öffne ich meine Jacke und werfe sie auf mein Bett.
Ich stehe nun in einem Rock und einem Top vor dem Spiegel.

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