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Ich habe auf ihn und auf euch gewartet.
*
Lilli

Die letzten zwei Tage habe ich nicht mehr gemacht, als geschlafen und etwas gegessen.
Am dritten Tag sitze ich mit Emelie und Sophia auf der Couch und sehe mit ihnen Fern.
„Wisst ihr.", beginne ich. Sophia und Emelie sehen zu mir. „Ich glaube ich werde die Hochzeit einfach hinter mich bringen. Markus soll glücklich sein, ohne dass ich ihm sein Glück zerstöre.", sage ich. „Was bedeutet das?", fragt Emelie. „Dass ich mich benehmen werde. Ich werde etwas ordentliches Anziehen. Ich werde bei der Trauung in der letzten Reihe sitzen und wegen mir noch ein, zwei Stunden danach noch bleiben. Danach fahren wir Heim und vergessen das ganze.", sage ich. Emelie richtet sich auf. „Und was ist mit dir? Der Idiot hat dir dein Herz gebrochen. Du solltest glücklich sein, nicht er.", wirft sie ein. Ich schüttele meinen Kopf. „Ich werde auch nicht glücklicher, wenn ich ihm sein Glück verderbe. Außerdem habe ich mich mit seiner Mutter unterhalten. Sie sagte, dass Miriam ihn verletzen wird. Sie war davon überzeugt.", meine ich.

Es entsteht eine Pause. „Wie verletzen?", verwirrt sieht mich Sophia an. „Ich weiß nicht was sie damit meint. Vielleicht ist Miriam doch nicht so nett, wie ich sie kennengelernt habe. Aber das ist nicht mein Problem. Das soll Markus selber herausfinden.", erkläre ich. „Dann solltest du auch weiter leben. Es ist zwei Jahre her, meinst du nicht es wird Zeit, jemand neuen kennenzulernen?", fragt Emelie. Ich seufze. „Darauf habe ich jetzt keine Lust und vitalem habe ich dafür keine Zeit. Ich muss mich erst einmal um einen neuen Job kümmern.", erwidere ich. „Du hast das Glück der Welt verdient, Lilli.", sagt Sophia noch. Danach ist das Gespräch beendet. Still sitzen wir auf der Couch und sehen in den Fernseher.

Es verstreicht Zeit, in der wir nicht reden. „Und was ist mit Juli?", durchbricht Emelie die Stille. Verwirrt sehe ich zu ihr. „Was soll mit ihm sein?", frage ich sie. „Er war in den letzten Wochen mehr für dich da, als irgendwer sonst. Er ist ein guter Kerl, kannst du dir nicht vorstellen, dass es vielleicht funktionieren könnte?", fragt Emelie. „Juli ist ein guter Freund, aber ich glaube nicht, dass da jemals mehr sein wird.", erkläre ich. Es ist wahr. Juli wird für mich immer ein Freund bleiben. Er hat es verdient, dass er jemanden findet, der ihn liebt. Nur ich werde das niemals sein. „Sag niemals nie. Du weißt nicht, was in Zukunft sein wird.", Emelie lächelt mich an, aber ich erwidere es nicht. Stattdessen stehe ich auf. „Ich gehe spazieren, wollt ihr mit?", frage ich die beiden, aber sie verneinen. Also mache ich mich alleine auf den Weg.

Vor der Haustür treffe ich auf Juli, der gerade aus seinem Auto steigt. „Hey.", begrüße ich ihn. Was ein merkwürdiger Zufall. Ich lächle ihm zu und umarme ihn zur Begrüßung. „Was machst du hier?", frage ich ihn. Er steckt seine Hände in die Taschen. „Ich wollte mal nach dir sehen.", sagt er. „Ich gehe spazieren, willst du mit?", frage ich ihn. Ich will nicht alleine sein, denn wenn jemand bei mir ist, sind meine Gedanken nicht so außer Kontrolle. Er nickt und gemeinsam laufen wir die Straßen entlang. Es ist eigentlich unvermeidlich, dass wir auf Markus und die Hochzeit reden. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass mir noch ein wenig Zeit bleibt. Aber Juli fragt direkt nach. „Wirst du kommen?"
Ich nicke. „Ich habe es ihm versprochen. Aber danach werde ich wieder fahren.", erkläre ich. Er läuft vor mich und dreht sich um. „Aber wir werden weiter im Kontakt stehen, oder?", fragt er, während er rückwärts durch die Stadt läuft. Grinsend nicke ich. „Klar, wir sind doch wieder Freunde, oder?"
Juli nickt lächelnd. „Aber sicher sind wir das.".

Wir laufen noch einige Zeit durch die Stadt. Die Sonne strahlt, in meiner Jacke ist mir ziemlich warm, aber ich will meine Narben nicht zeigen. Dafür bin ich nicht bereit und um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob ich das jemals sein werde. Der Schweiß läuft über meine Stirn. „Zieh doch deine Jacke aus. Es sind über dreißig Grad. Du gehst doch ein.", schlägt Juli vor. „Nein, das geht nicht.", sage ich und lächle schüchtern. Verwirrt sieht er mich an. Er hat gestern meine Narben nicht gesehen und darüber bin ich froh. Sie sind Erinnerungen an etwas, was ich lieber verdrängen möchte. Seit Juli mir von Jonah erzählt hat, noch mehr als vorher.

„Warum?", fragt Juli neugierig nach. Es liegt in der Natur der Menschen, dass sie alles wissen wollen. Menschen sind neugierig, ich bin es ja selbst. Es ändert aber nichts daran, dass ich darüber nicht reden will. „Es hat seine Gründe.", sage ich einfach. Juli bleibt abrupt stehen und hält mich an meinem Arm fest. Er sieht sich um. „Verletzt du dich selbst?", fragt er leise, als könnten die Leute, die in zweihundert Metern Entfernung und hören könnten. „Um Gottes Willen, nein.", antworte ich sofort. Juli betrachtet mich aufmerksam. Er weiß noch nicht, ob er mir glauben soll. Aber seufzend nickt er und geht weiter.

„Wirklich, Juli. Es hat einen anderen Grund. Ich verletze mich nicht selbst.", versuche ich ihn zu überzeugen. „Ich mache mir einfach sorgen. Gestern bist du zusammengeklappt, weil du zu wenig gegessen hast und bei 30 Grad im Schatten lässt du deine Jacke an.", gesteht er. Ich seufze, „Darüber musst du dir keine Gedanken machen."
Wir gehen in ein kleines Kaffee und setzen uns in die hinterste Ecke, nachdem wir bestellt haben. „Du hast dich so stark verändert. Es ist, als wärst du ein komplett anderer Mensch geworden. Und ich spreche nicht von deinen Haaren oder dem Ring in deiner Nase.", erklärt er. Lachend denke ich an die Geschichte zum Septum zurück.
Als ich dann aber in Juli's ernstes Gesicht sehe, verstummt mein Lachen. „Menschen ändern sich. Und ja, ich habe mich verändert, weil Markus mich verlassen hat. Ich habe mich aber auch verändert, weil ihr mich allein gelassen habt. Du kannst dir nicht vorstellen, was ich alles durchgemacht habe. Bis ich dich wiedergesehen habe, habe ich euch alle gehasst, wie alles andere. Ich habe mich von meinen Eltern entfernt. Ich habe die schlimmsten Schmerzen durchgemacht, die ich niemanden wünsche und ich habe Markus ein Jahr hinterher geweint. Ich habe auf ihn und auf euch gewartet. Ich habe mich schrecklich allein gefühlt. Niemand hat mich verstanden. Solche Gefühle verändern einen, Juli. Aber ich schwöre, ich habe mich nie selbstverletzt", sage ich und merke, wie mir eine Träne über die Wange läuft. Mit einer Serviette wische ich sie weg. „Ich wusste nicht, dass es dich so stark getroffen hat.", sagt Juli und sieht auf seine Hände, die er auf dem Tisch gefaltet hat. Ich atme tief durch und lege eine Hand auf seine. Er schaut zu mir hoch. „Das konntest du auch nicht. Es ist in Ordnung. Ihr seid wieder da, das ist alles was zählt.", ich lächle ihn an, was er erwidert.

Den Rest des Tages reden wir nicht mehr darüber. Er erzählt mir von seiner Mannschaft und seiner Familie. Wir reden über jeden scheiß und ich bin froh, dass Juli mich nicht mehr auf die Jacke anspricht.

*
Während dem online Unterricht war mir langweilig, deswegen hab ich endlich mal wieder gezeichnet. Ist noch nicht fertig und wie ich mich kenne wird das auch nie fertig gemacht🤠

If love could feelWhere stories live. Discover now