Honigkuchenpferd - Jonas' Sicht

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Mein Wecker holte mich aus meinen Träumen und ich setzte mich auf. Jenny war leider schon weg, was ich ausgesprochen schade fand. Ich musste grinsen, als ich an sie dachte, und noch mehr als ich sah, was für ein Chaos in ihrem Hotelzimmer herrscht. Meine Klamotten lagen überall auf dem Boden zerstreut und eine der beiden Decken lag ebenfalls auf dem Boden. Ich rieb mir über die Augen und dachte an heute Nacht. Da war die Date Night wohl doch ein bisschen ausgeartet. „Oh man", murmelte ich und stand auf. Ich schnappte mir meine Sachen und huschte ins Bad. Die Dusche holte die letzte Müdigkeit aus mir raus, aber das breite Grinsen auf den Lippen blieb. Ich rubbelte mir die Haare mit einem der Handtücher trocken und band sie mir dann mit einem von Jennys Haargummis zum Bun. Vor dem großen Kleiderschrank setzte ich mich auf den Boden, um mir meine Schuhe zuzubinden. Dabei fiel mein Blick in den großen Spiegel gegenüber. Ich musste über mich selbst schmunzeln, als ich mich da so sitzen sah. Meine Augen glänzten irgendwie und das Grinsen wollte beim besten Willen nicht verschwinden. Ich lehnte den Kopf gegen die Wand hinter mir. Jenny machte mich so fertig, auf eine positive Art und Weise. Ich hatte vor ihr noch keine Freundin gehabt und hatte es um ehrlich zu sein auch nicht wirklich vermisst. Ich war nie jemand gewesen, der eine Freundin brauchte, um glücklich zu sein. Ich hatte meine Clique und vor allem die Musik. Eine Zeit lang war das ziemlich uncool gewesen. Während die anderen Jungs Fußball gespielt oder gezockt hatten, hatte ich mit meinem Vater und meiner Gitarre in unserem Studio gesessen und Musik gemacht. Jede freie Minute habe ich dort verbracht. Zuerst fanden meine Freunde, dass ein bisschen schräg, aber sie hatten es irgendwann akzeptiert. Und am Ende hatte es sich ausgezahlt, dann ohne das ganze Üben und Produzieren würde ich jetzt nicht hier sitzen. Und wenn mein Vater mich nicht mit zu seinem Bandprojekt in der Musikschule genommen hätte, hätte ich nie Maël kennen gelernt. Wer brauchte da eine Freundin? Ja gut, es gab da mal ein Mädchen, in das ich voll verschossen gewesen war, aber sie konnte am Ende meine Leidenschaft für die Musik nicht nachvollziehen und deshalb ist aus uns nichts geworden. Wenn ich genau darüber nachdachte, hatte es sich auch nicht so wirklich richtig angefühlt. Und dann kam The Voice und somit auch Jenny. Schon als ich sie das erste Mal gesehen habe, am Tag unserer Blinds, wollte ich sie unbedingt kennen lernen. Und je mehr ich sie kennenlernte, desto weniger wollte sie mir aus dem Kopf gehen. Sie war so anders als alle Mädchen, die ich bis jetzt kennengelernt hatte. Sie war so herzlich und nett und fürsorglich. Sie liebte mich so, wie ich war und versuchte nicht, wichtiger als die Musik zu sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sie mir genauso wichtig geworden ist. Gerade die Zeit ab dem Halbfinale war so unfassbar und surreal für mich gewesen. Nicht nur durch die ganzen musikalischen Erlebnisse, sondern auch durch die Erlebnisse mit ihr. Sie war wie eine Wundertüte voller Überraschungen und jede dieser Überraschungen haute mich um. Ich kaute auf meiner Lippen herum. Und was war, wenn das für sie nur eine kürzere Sache war, die enden würde, wenn das Finale rum war? Ich schätze Jenny nicht so ein, sonst würde sie nicht sagen, dass sie mich liebt, aber trotzdem hatte ich Angst vor der Zeit nach der Show. Sie würde zurück nach Hamburg gehen, während für mich das Lernen fürs Abi wieder losging. Ich konnte nicht einschätzen, ob ich der Typ für eine Fernbeziehung war, aber versuchen wollte ich es auf jeden Fall. Sie war es wert, dass ich dem Ganzen eine Chance gab. Außerdem würde dann die gemeinsame Zeit mit ihr noch schöner werden. Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meinen Gedanken, in denen ich schon wieder das Grinsen angefangen hatte. Ich nahm ab. „Hey Tosi." „Jo, was geht? Bist du schon im Studio oder bist du noch im Hotel?", hörte ich vom anderen Ende der Leitung. „Ich bin noch im Hotel. Ich muss erst in einer halben Stunde rüber", antwortete ich. „Klasse, dann können wir ja zusammen rüber. Ich hob dich ab. Wo bist du gerade?" Ich kratzte mich am Kopf und gab dann zu: „Bei Jen im Zimmer." Auf der anderen Seite war es kurz ruhig, dann fing Tosi an zu lachen. „Ich fass es nicht. Warte, ich bin gleich da." Er legte auf, bevor ich etwas sagen konnte. Ich sah zuerst auf mein Handy und dann wieder in den Spiegel. Ich musste auch lachen. Ich benahm mich so verdammt bescheuert. Schon die ganze Woche über. Ich war nur noch am Grinsen und lief meine Freundin praktisch nur noch hinterher. Ich snapte ihr das Bild im Spiegel und schrieb unten drunter: „Hab ich dir schon mal gesagt, wie fertig du mich machst?" Die Antwort kam schnell. „Nein, aber bei dem Bild kann ich es mir denken." Ein zweites Bild folgte kurz danach. Sie hatte sich ebenfalls im Spiegel fotografiert und ich schmolz innerlich schon wieder dahin. Ihre schokobraunen Haare waren offen, sodass sie ihr in Wellen über die Schulter fielen und dazu war sie dezent geschminkt. Sie trug weiße Ripped Jeans, weiße Sneaker und einen dunkelgrauen Strickpulli. Sie lächelte offen und ihre grünen Augen leuchteten dabei. Wie konnte ein Mensch nur so hübsch sein? Jenny wusste irgendwie immer, was man zusammen anziehen konnte und was nicht, während ich zum Teil sehr wahllos einfach Sachen aus dem Schrank nahm und nur guckte, dass es ganz grob zusammen passte. „Du machst mich aber auch irre glücklich. <3 Wir sehen uns gleich im Studio", stand unter dem Bild. Ich grinste, dann kam mir eine Idee. Ich tippte auf den Instagram-Button und wechselte auf mein privates Konto, wo ich eines der Bilder vom gestrigen Fotoshooting mit ihr postete. Ich wollte sie der Welt nicht mehr vorenthalten, sondern am liebsten jedem erzählen, dass diese Frau zu mir gehörte. Es war kindisch, das wusste ich selbst. Ich lächelte und sah mich dann im Zimmer um. Augenblicklich wurde mir bewusst, dass ich vielleicht noch ein bisschen aufräumen sollte, bevor Tosi gleich hier war. Ich sprang auf, machte schnell das Bett und dann klopfte es auch schon an der Tür. Ich öffnete und Tosi grinste mich vielsagend an. „Du gehst ja ganz schön ran, was? Übrigens, cooler Post." Ich zog ihn in das Zimmer, bevor er noch mehr sagen konnte, und schloss schnell die Tür hinter ihm. „Ey, wenn dich jemand hört", zischte ich. Er kicherte. „Wenn dich jemand sieht, reicht das auch schon. Klassischer Fall von total verknallt." „Du bist doof", lachte ich und setzte mich wieder auf den Boden, diesmal vor die Tür. Tosi fragte nicht, sondern setzte sich einfach nur neben mich. Er beobachtete mich kurz und meinte dann: „War dein erstes Mal, was?" Ich verdrehte die Augen. „Bin ich so leicht zu durchschauen?" „Manchmal schon", meinte Tosi, „aber ich weiß ja, dass Jen deine erste Freundin ist und ich schätze dich nicht als Typ für Ons ein." Ich sagte dazu nichts, sondern versank wieder in der Erinnerung von heute Nacht. Eigentlich war ich ja nur mit der Absicht, gemütlich einen Film zu gucken, zu Jenny gegangen, und nicht um mit ihr im Bett zu landen. Naja, zumindest nicht vorsätzlich. „Johnny, du grinste schon wieder so doof." Tosi schnipste einmal vor meiner Nase und ich sah ihn an. „Ich befürchte, das wird heute auch nicht das letzte Mal sein, dass das passiert", meinte ich. Er lachte und stand dann auf. „Das befürchte ich auch." Er reichte mir die Hand. „Komm, ich glaube, wir sollten mal ins Studio gehen, damit du nicht zu lange von deiner Jenny getrennt bist", kicherte er und ich boxte ihn empört. „Tosi!"

Don't leave me, Johnny || Maël und Jonas FFWhere stories live. Discover now