Weihnachtsgeschenke

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Noch zwei Stunden bis zum Finale. Langsam wurde auch ich nervös. Ich freute mich schon die ganze Woche auf den heutigen Tag, aber jetzt, wo er da war, wurde mir schlagartig bewusst, dass nach diesem Abend der ganze Zirkus vorbei sein würde. Dann ging ich wieder zurück in meinen Alltag, in mein Studium, in mein Leben ohne Voice. Na gut, ganz so dramatisch war es ja dann doch nicht. Nico und ich waren vor The Voice Freunde gewesen und würden auch danach noch unzertrennlich sein. Und dann waren da noch die ganzen Leute, die über die Zeit hinweg meine Freunde geworden waren, so wie Max oder Maël. Und natürlich war da Jonas. Ich sah auf mein Handy, wo er mich von dem Foto aus angrinste. Wahnsinn, es war erst eine Woche her, dass wir zusammen gekommen sind, aber trotzdem fühlte es sich so an, als wären wir schon ewig ein Paar. So richtig offiziell gemacht hatten wir es noch nicht, das würde, wenn überhaupt, erst nach dem Finale passieren. Trotzdem wussten schon eine ganze Menge Leute über uns Bescheid. Ich bin gespannt, wie es ab morgen mit uns beiden werden würde. Ich wusste ja, dass uns nicht allzu viele Kilometer trennen würden, aber er dachte immer noch, dass ich nach dem Finale wieder zurück nach Hamburg ging. Ich hatte ihm nicht erzählt, dass ich nach Weihnachten in eine kleine Wohnung nach Koblenz ziehen würde, die meiner Oma gehörte und sie mir jetzt vermacht hatte. Mein ganzer Kram stand schon dort, fertig für den Einzug. Ich steckte mein Handy wieder weg und steckte die Hand in die Taschen, während ich durch die Gänge des Studios ging. Plötzlich stockte ich, als ich in der Jackentasche meines Mantels einen Zettel ertastete. Ich ließ eigentlich nie Notizen in der Tasche. Neugierig zog ich ihn hervor und faltet ihn auseinander. Es war ein kleiner Zettel mit Johnnys Handschrift drauf. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich du mich jeden Tag machst. Liebe dich über alles - Jonas" stand da drauf. Das war total süß von ihm, aber wann hatte er den Zettel da rein gelegt? Heute Morgen bei der Generalprobe? Ich faltete den Zettel sorgsam wieder zusammen und steckte ihn wieder in die Tasche. Ich würde später nach einem besseren Platz dafür suchen. Ich klopfte an Nicos Garderobe und hörte ein „Herein". „Hallo", sagte ich lächelnd einmal in die Runde und die Drei grinsten zurück. Scheinbar war Nico mit seinen Talenten gerade am Jammen gewesen. Er stand mit Maël mitten im Raum, während Jonas mit der Gitarre auf dem Schoß auf dem Sofa saß. „Na, alles gut bei dir?", fragte er. „Joa, könnte nicht besser sein", antwortete ich und stellte meinen Rucksack auf einen Stuhl und hängte meinen Mantel über die Lehne. „Mannomann, ich hab das Gefühl, ich muss mich nochmal umziehen", meinte Nico. „Zu viel?", fragte ich. Ich trug eine schwarze Bluse mit weißen Streifen, eine hellblaue Jeans und meine schwarzen Stiefeletten. Die Haare hatte mir Susi vorhin noch zurückgesteckt. Meine Brille hatte ich heute weggelassen und stattdessen meine Kontaktlinsen eingesetzt. „Nein, dem Anlass angemessen, würde ich sagen", meinte Maël und die anderen Beiden nickten. Ich sah von einem zum anderen und realisierte in dem Moment, dass das jetzt das letzte Mal war, dass wir vier uns alleine auf irgendetwas vorbereiteten. Nach dieses Aufnahme endete die The Voice-Reise und somit auch erst mal unsere Zusammenarbeit. Ich schob den Gedanken zur Seite und drehte mich stattdessen zu meinem Rucksack. „Leute, ich weiß, dass wir nicht darüber gesprochen haben, ob wir uns irgendwas zu Weihnachten schenken, aber ich hab jetzt trotzdem noch ein paar Sachen für euch." Ich drehte mich wieder zu ihnen um und hielt drei Päckchen in der Hand. Das erste gab ich Nico. Er lachte, als er es in die Hand nahm. „Jetzt sagt nicht das sind..." Er packte das Päckchen aus und lachte noch lauter. „...Weihnachtssocken mit Bommel oben dran. Ich sag dir nie wieder, was ich in meiner Kindheit mal gerne haben wollte." Er kam zu mir und nahm mich trotz Coronapandemie in den Arm. „Danke, Jen. Wo hast du die denn gekauft?" „Gekauft? Die hat meine Oma extra für dich gestrickt", protestierte ich lachend. „Echt jetzt?" Ich nickte lachend. „Deine Oma ist echt der Hammer. Ich muss mich nachher echt bei ihr bedanken. Erinnere mich mal daran." „Ich werd's versuchen." Das nächste Geschenk gab ich Maël. Es war eine Dose mit seinen Lieblingsplätzchen und ein Pulli aus dem Unge-Merch. „Boah, danke. Woher wusstest du, dass ich ein riesiger Fan von Unge bin?", fragte er mich erstaunt. „Dinge wissen ist mein Job. Nein, im Ernst, Johnny hat es mir erzählt. Und was die Plätzchen angeht, ich habe gesehen, dass die immer bei euch in der Garderobe standen. Hat lange gedauert, bis ich die gefunden habe." Ich lächelte breit und er nahm mich auch kurz in den Arm. Dann stand ich schließlich vor Jonas, der ebenfalls ein kleines Päckchen in den Händen hielt und meinte: „Wie es der Zufall so will, ist dein Geschenk heute Morgen auch angekommen." Ich lachte. „Zufälle gibt's." Ich gab ihm mein Päckchen. „Sollen wir euch alleine lassen?", fragte Nico und nahm sich ein Plätzchen aus Maëls Dose, „Mann, die sind echt gut. Warum habt ihr die immer vor mir versteckt?" Ich runzelte die Stirn. „Wieso solltet ihr uns alleine lassen?" „Wir wollen ja nicht die romantische Stimmung stören", sagte Maël und Nico nickte kauend. Ich schüttelte lachend den Kopf über die Beiden. Jonas hatte in der Zeit das Päckchen ausgepackt und öffnete jetzt vorsichtig die kleine Schachtel. Er sah mich mit großen Augen an. „Nicht dein Ernst." Ich lächelte unsicher und sagte: „Ich wusste nicht, ob du sowas trägst. Maël meinte ja, Tosi fand die Idee auch gut und der hat auch beim Aussuchen und der Gravur mitgeholfen." Er nahm das braune Lederarmband aus dem Kästchen und begutachtete es mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Es bestand aus vier Ledersträngen in unterschiedlichen Brauntönen. Zwei der Stränge waren in sich geflochten, der dritte war rund und in den vierten geraden Strang war eine silberne Gravurplatte eingearbeitet, auf der stand „Jenny & Jonas 13.12.2020". Zusammengehalten wurden die Stränge durch den silbernen Verschluss. Jonas war zum ersten Mal, seit ich ihn kennengelernt hatte, vollkommen sprachlos. „Du bist ja komplett bescheuert", flüsterte er dann und zog mich an sich. „Aber wo du gerade meintest, Tosi hätte dir geholfen", er löste sich aus der Umarmung, „bei meinem Geschenk für dich hat er auch geholfen. Zusammen mit Maël, Max und Nico." Ich sah zu meinem besten Freund, der mich breit an grinste, bevor ich das Päckchen nahm, das Johnny mir gab. Ich entfernte zuerst das Geschenkpapier und öffnete dann die kleine Schatulle. Ich nahm eine Kette mit silbernem rundem Anhänger, in den eine Rose eingraviert war, heraus. „Ist die schön. Danke." „Dreh mal um." Ich drehte den Anhänger und las auf der Rückseite ebenfalls „Jenny & Jonas 13.12.2020". Ich musste lachen. „Lass mich raten. Tosi hat dir vorgeschlagen, dass da rein zu gravieren lassen." Er nickte und musste ebenfalls lachen. „Schon irgendwie komisch, dass er uns beiden helfen musste." „Vielleicht wusstet ihr aber auch beide, dass er einen sehr guten Geschmack hat", meinte Nico. „Das kann natürlich aus sein." Ich half Jonas, das Armband um sein rechtes Handgelenk zu schließen, dann gab ich ihm die Kette und fragte: „Hilfst du mir?" Ich strich meine braunen Haare zur Seite und er schloss die Kette in meinem Nacken. „Wunderschön", sagte er leise und strich meine Haare zurück. „Aww, da kriegt man ja Karies von", kommentierte Nico. Ich schnappte mir blitzschnell die Zeitung vom Tisch und verpasste ihm damit eine auf den Arm, während ich lachend schimpfte: „Kannst du nicht einmal romantisch sein?"

Don't leave me, Johnny || Maël und Jonas FFWhere stories live. Discover now