Kapitel 36

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Bevor er antwortete blieb er stehen und zögerlich nahm er meine Hände. Das hätte ich nicht erwartet, doch ich musste leicht lächeln. Fühlte er wieder etwas, war das wirklich möglich?

»Ich versuche wieder Gefühle zuzulassen...für dich. Du liebst mich und tief in mir drinnen liebe ich dich ebenfalls, das weiß ich. Nur muss ich dieses Gefühl erst wieder finden«, sagte er. Das machte mir nichts. Alleine schon, dass er es überhaupt versuchte sagte doch schon viel über ihn. Besonders in diesem Zustand. Den meisten Vampiren wäre das wahrscheinlich vollkommen egal, wenn ihre Gefühle ausgeschaltet sind. Sie würden vielleicht nichteinmal versuchen sie wieder anzuschalten, doch Justin versuchte es. Und zwar für mich. 

Daraufhin küsste ich ihn auf die Wange. »Danke«, murmelte ich. Dann ließ er meine Hände wieder los und wir machten uns auf den Weg zu mir. Es war zwar kein weltbewegendes Gespräch, doch mir bedeutete es eine Menge. Vor der Tür angekommen versteckte Justin sich hinter dem Haus. Er wollte mitkommen, damit wir nicht alleine gehen würden.

Ich schloss die Haustür auf und ging hinein. Dann rief ich meine Mom, die sofort in den Flur kam. Ihre Haare waren zusammengebunden und noch immer sah sie aus, als würde sie sich große Sorgen um Dad machen. Wieder nahm ich sie in den Arm.

»Ich würde Dad gern besuchen. In welchem Krankenhaus liegt er denn?«, fragte ich als ich mich wieder aus der Umarmung löste. Ohne zu zögern sagte sie mir in welchem er lag. Dann bat sie mich noch kurz zu warten und ging in die Küche. Mit einem Blumenstrauß kam sie wieder, welchen sie mir überreichte.

»Kannst du den an sein Krankenbett stellen?«, bat sie mich und ich nickte. Ich küsste sie auf die Wange, bevor ich das Haus verließ. Als ich die Tür geschlossen hatte kamen Justin und Heaven zu mir. Zum Glück war sie schon da. Gemeinsam gingen wir drei dorthin.

Im Krankenhaus fragten wir nach dem Zimmer und ich war froh darüber, dass die Besuchszeit noch nicht vorbei war. Wir wurden in das Zimmer geschickt und da lag er. Er sah schlimm aus. Ohne dass ich es wollte sammelten sich Tränen in meinen Augen. Justin nahm mir den Strauß ab und suchte nach einer Blumenvase. Als er eine gefunden hatte kam er wieder und stellte die Blumen auf den Nachttisch. Ich setzte mich auf das Krankenbett und nahm die Hand meines Vaters. Trotz all der Streitereien ist und bleibt er mein Vater.

Heaven stellte sich zu mir, während Justin an der Tür blieb, damit er hörte falls jemand kommt. Es war ein Einzelzimmer, was in diesem Krankenhaus keine Seltenheit war. Heaven bat mich darum meinen Vater loszulassen, weshalb mir klar wurde, dass sie nun einen Zauber sprechen würde. Sie nahm nun seine Hand und begann etwas auf lateinisch zu sagen. Als sie fertig war ließ sie ihn wieder los.

»Morgen sollte es ihm besser gehen. Wenn nicht, dann werde ich mich nocheinmal drum kümmern«, sagte sie und lächelte leicht. Ich erwiderte das Lächeln und sah sie gleichzeitig auch dankend an. Das war ein Zeichen dafür, dass wir ihr vertrauen konnten.

* * *
Justin brachte mich nach Hause und ging dann ebenfalls zu sich. Oder eher zu Mason. Nachdem ich Abendbrot gegessen hatte war ich duschen und dann hatte ich meine Zähne geputzt. Wie auch in den letzten Tagen war ich totmüde. Ich hatte Angst, dass mir all das irgendwann einmal zu viel wird, was gut möglich wäre. 

Als ich mich in mein Bett legte stellte ich noch meinen Wecker, bevor ich mich einkuschelte. Doch egal wie müde ich war, es dauerte eine ganze Weile bis ich einschlief.

Am nächsten Morgen wurde ich um halb sieben von meinem Lieblingslied geweckt. Seufzend stand ich auf und begann mich fertig zu machen. Meine Motivation für die Schule war gleich null. Okay, wer war auch für die Schule motiviert? Dann ging ich hinunter, um zu frühstücken. Meine kleine Schwester saß schon da, zusammen mit meiner Mutter. Beide aßen sie Müsli, weshalb ich mir ebenfalls welches machte.

»Morgen Schatz«, begrüßte meine Mutter mich. Ich erwiderte nur ein Nicken. So früh war ich nicht allzu gesprächig. Besonders nicht nach einem Tag wie gestern. 

In der Schule war ich die meiste Zeit nur unkonzentriert, denn ich konnte an nichts anderes denken, als dass wir nachher Jazzy und Samuel befreien würden. Okay, hin und wieder schweifte mein Gedanke auch zu Justin.

Ana hatte mich mehrmals gefragt was los sei und in der Mittagspause erzählte ich es ihr auch endlich. Nicht nur, damit sie aufhörte zu nerven, sondern auch, weil ich es jemandem erzählen musste und ihr konnte ich blind vertrauen. Gerade als Ana etwas sagen wollte bewegte sich der Stuhl neben mir. Es war zu meiner Überraschung Chloe.

»Ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen. Ich...ich weiß nicht wieso ich so zu dir war. Du bist meine beste Freundin und –« Weiter ließ ich sie nicht reden. Ich umarmte sie einfach und lächelte. Endlich hatte ich Chloe zurück. Da fiel mir ein, dass sie Samuel wahrscheinlich auch retten wird wollen. Wir drei begannen ein Gespräch und endlich wurde ich abgelenkt von dem, was heute Nachmittag auf mich zukommen würde.

* * *

Nach Schulschluss verabschiedeten Chloe und ich uns von Ana und gingen zu Mason. Meiner Mom schrieb ich, dass ich noch bei Ana lernen würde. Lernen, das sollte ich eigentlich auch mal wieder tun, doch zurzeit ging es einfach nicht. Da gab es wichtigeres. Das Handy durfte ich jetzt wieder benutzten, doch woher dieser Sinneswandel kam wusste ich nicht.

Bei Mason angekommen wurden wir gleich reingelassen. Josi umarmte ich sofort. Nach kurzem Zögern umarmte ich auch Jaxon zur Begrüßung. Justin war noch nicht hier, der Rest schon.

»Also zu unserem Plan. Heaven und Stefanie lenken den Zirkel ab. Diesmal wirklich. Kay, Chloe und Justin, ihr befreit Samuel. Jaxon und Zoe sagen uns bescheid wenn jemand kommt und Mary und ich holen Jazzy raus. Josi bleibt hier, denn sie will nicht mit«, erklärte Mason und ich konnte Josi verstehen. Sie hatte keine wirklichen übernatürlichen Kräfte, außer dass sie Gedanken lesen konnte. Alle waren mit diesem Plan einverstanden.

»Dann los. Schließlich haben wir nicht ewig Zeit«, sagte Mary und stand auf. 

dark kiss ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt