Kapitel 5

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No reason to stay, is a good reason to go.

Rose

Mit einem sanften Guten Morgen von Dylan werde ich aus dem Schlaf gerissen. Morgen?
Verschlafen Strecke ich mich aus und sehe dann in sein von Lichtstrahlen beleuchtetes Gesicht. Diese Augen, ich könnte für immer darin versinken.
Er sitzt an der Bettkante, direkt neben mir und sieht mich besorgt an.
"Gehts dir gut?"
"Besser."
Er lächelt, doch sein Gesicht macht auf mich immer noch einen besorgten Eindruck.
„Und dir?" frage ich vorsichtig. Nachdem was gestern war, weiß ich nicht wie ich mit ihm umgehen soll. Naja eigentlich weiß ich nicht einmal, wie ich mit der ganzen Situation hier umgehen soll.
Er nickt und sieht aus dem Fenster, was mir die Erkenntnis gibt, dass er lügt. Es ist jedoch besser nicht weiter nachzufragen.Wenn er reden wollen würde, dann würde er es mir sagen.
Außerdem bezweifle ich sehr, dass ich nachdem ich hier raus bin, noch ein Wort mit ihm reden werde. Schließlich hat er mich ja auf eine komische Art und Weise entführt oder?
„Willst du Frühstücken? Ich kann Pfannkuchen machen?"
„Ah, jetzt darf ich also dieses Zimmer verlassen? Was eine Ehre!" Scherze ich ironisch, meine es aber doch irgendwo ernst. Sein Verhalten gestern war einfach...inakzeptabel. Merkwürdig. Angsteinflößend?
„Wer hat denn gesagt das du das Zimmer verlassen darfst?" er beherrscht sich nicht zu grinsen und ich verdrehe die Augen.
„Lass uns einen Deal machen..."
„....ich mach dir Pfannkuchen!" unterbreche ich ihn und er verstummt für einen Moment.
„Eigentlich wollte ich sagen, dass du dann den Abwasch machst, aber das geht auch." er sieht mir direkt in die Augen und ich könnte schwören, dass ich das Lächeln in seinen Augen sehen kann. Niemals hätte ich gedacht das sowas möglich ist, ich habe sowas schließlich immer nur aus Büchern gehört. Doch jetzt kann ich es total nachvollziehen. Seine Augen lachen.
„Deal!" lächle ich.
„Klamotten hab ich dir dort hingelegt, ich warte vor der Tür, wir wollen ja nicht das du wieder im falschen Zimmer landest." er zeigt auf den Tisch wo noch das Essen von gestern Abend steht und steht dann auf um das Zimmer zu verlassen.
„Beeil dich, ich hab Hunger!" sagt er in einem gespielt wütendem Ton und zieht beim verlassen des Zimmers die Tür hinter sich zu.
Langsam - und ich meine wirklich langsam,  stehe ich auf und gehe zu dem Tisch auf dem die Klamotten sind. Dabei fällt mir auf, dass ich gerade nicht meine Klamotten, sondern irgendwelche anderen an habe, was wohl bedeutet, dass mich jemand umgezogen haben muss und das wiederum bedeutet, dass mich Dylan oder Liam umgezogen haben müssen! Der Scham steigt mir bis an die Ohren, wenn ich daran denke, welche Unterwäsche ich an hatte. Nicht das ich großen Wert darauf lege, was die beiden von mir denken, jedoch denke ich, dass sich fast jeder der mit Herzchen Unterwäsche gesehen wurde, so fühle würde.
War ich so abwesend, dass ich nicht mal das mitbekommen hatte?
Ich nehme mir die Klamotten von Tisch und schlüpfe in den viel zu großen Pulli, der wohl von Dylan zu sein scheint, denn sofort sticht mir sein vertrauter Geruch in die Nase.  Dabei ist er mir gar nicht vertraut.
Dann ziehe ich mir eine lange schwarze legging an, von der ich nicht weiß, woher er sie haben könnte.
Im Badezimmer wasche ich mir dann mein Gesicht, putze mir die Zähne und binde meine Haare zu einem wirklich hässlichem Dutt zusammen.
Als ich einen Blick in den Spiegel werfe, schrecke ich kurz auf. Ich bin so blass, dass man mich mit einem Vampir vergleichen könnte. Meine Augenringe sind schlimmer als nach 10 Schlaflosen Nächten, in denen ich an einem neuen Buch geschrieben habe.
Was ist mit mir passiert? Wie kann er mich so überhaupt noch ansehen?
„So schlimm ist es nicht." kommt es plötzlich von Dylan, welcher entspannt an der Badezimmer Tür lehnt und mich intensiv beobachtet.
Wie lange steht er schon da?
„Kommst du?" er streckt mir seine Hand hin und ohne zu zögern greife ich nach ihr.
Wie ein Reflex.
„Daran könnte ich mich gewöhnen." sagt er während wie gemeinsam, Hand in Hand das Zimmer verlassen. Kitschig, ich weiß, nur ist es gar nicht wie man es sich jetzt vorstellen mag. Es ist nämlich so, das er mich eher mitzieht statt das wir wie normale Menschen nebeneinander laufen.
„Würd ich dir nicht raten." antworte ich ihm worauf er den Kopf zu mir nach hinten dreht und verführerisch grinst.
Als wir in der meiner Meinung nach wirklich großen Küche ankommen, lässt er meine Hand los.
„Bühne frei für Rose..." er überlegt kurz.
„Ich werd dir meinen Nachnamen sicher nicht verraten, schließlich hast du mich entführt, schon vergessen?" ich sehe mich in der schwarz glänzenden, modernen Küche um und mir fehlen die Worte.
„Kühlschrank ist dort, Pfannen dort." erklärt er mir und kommt zu mir rüber.
„Ich werd dann wohl Kaffe machen." sagt er und streift während des Vorbeigehens  mit seiner Hand über meinen Rücken.
Plötzlich spüre ich ein wirklich unangenehmes Gefühl in meinem Körper. Ein Gefühl welches allein durch seine Berührung entstanden ist. Ich spüre plötzlich auch, wie mir die Röte ins Gesicht steigt obwohl ich nicht mal einen erklärbaren Grund dafür habe.
Sofort greife ich nach einer Schüssel und fange an, mir die Zutaten für die Pfannkuchen raus zu suchen. Alles nur damit ich von diesen unerträglichen Gefühlen los komme.
Ich vermische alles in der Schüssel und stelle dann die Pfanne warm.
„Mal schauen wie sie schmecken werden..." flüstert er plötzlich an mein Ohr und mein Herz setzt aus. Gänsehaut wandert über meinen Körper und kurz vergesse ich wo ich überhaupt bin.
Reiß. Dich. Zusammen!
Das liegt alles bestimmt nur an meinem Mangel an Männern. So würde zumindest Rebecca diese Situation hier beschreiben.
Und womöglich hat sie Recht. Ich habe seit Jahren keinen Mann mehr in meine Nähe gelassen, zumindest nicht so. Keinen außer ihn damals, vor drei Jahren. Ich mit meinen fast 17 Jahren konnte doch nicht wissen, wie sehr er sich heute noch in meinen Kopf befinden würde. Dabei waren wir nur Beste Freunde.
„An wen denkst du?" seine raue Stimme an meinem Ohr lässt mich wieder einmal vergessen zu Atmen. Jetzt habe ich wirklich das Gefühl, gleich Ohnmächtig zu werden.
Seine Hand wandert langsam an meine Taille und sein Atem an meinem Hals verschnellert sich. Das reicht.
Ruckartig stoße ich ihn von mir weg.
„Hör auf damit!" sage ich und die Wut die ich innerlich eigentlich gar nicht empfinde, spiegelt sich in meinen Augen.
Seine Reaktion jedoch lässt mich wirklich wütend werden. Er hebt nämlich wie schon damals unschuldig die Hände in die Höhe und grinst verspielt.
„Wow, wow, kein Grund sich so aufzuregen."
„Ich reg mich nicht auf!" um mich abzulenken, mache ich die Pfannkuchen weiter.
„Doch, genau das tust du. Du wirst sogar rot." er macht wieder einen Schritt auf mich zu.
„Sag mir Rose, warum wirst du Rot?"
Ich versuche mit aller in mir vorhandene Macht, ihn nicht anzusehen. Auch wenn ich jetzt so gerne in seine grünen Augen blicken würde, verspüre ich tatsächlich das Verlangen, ihn einfach zu schlagen. Dafür das er sich fühlt, als würde ich ihm vor die Füße springen. Als würde ich wie wahrscheinlich viele anderen Frauen, auf ihn reinfallen.
„Fass mich bloß nicht an!" meine Stimme klingt warnend und trotzdem zu freundlich.
Ich spüre wie er näher kommt.
„Sonst was...?" provoziert er und genau in diesem Moment nehme ich einen Löffel voll Pfannkuchen Teig und beschmeiße ihn damit, sodass er eine Menage Teig im Haar hängen hat. Sofort pruste ich los, da er einfach nur lächerlich aussieht und weil ich niemals gedacht hätte, dass ich so gut treffen kann.
Er hingegen wirkt gar nicht belustig, eher wie ein beleidigtes kleines Kind.
„Das." Immernoch lachend zeige ich auf seine Haare.
Ich wende mich wieder meine Pfannkuchen zu und schon bekomme ich eine fette Ladung Mehl ins Gesicht. Das ist nicht sein Ernst?
„Wie du mir, so ich dir!" jetzt lacht auch er und ich stimme mit ein. Sofort greife ich nach noch mehr Teig und werfe ihn damit ab, während er mich weiter mit Mehl abwirft. Ich kann nicht sagen wie lange wir das machen, jedoch kann ich sagen, dass es keine Pfannkuchen mehr geben wird, denn der ganze Tag liegt entweder auf dem Boden oder auf Dylan.
„Oke reicht!" rufe ich irgendwann lachend und er hört auf.
Die Küche sieht aus, als hätten Kinder mit essen rum gespielt. Überall hängt Teig oder Mehl. Über das aussehen von mir und Dylan brauche ich gar nicht erst zu reden.
„Lass uns einfach essen, das räumt schon jemand auf." sagt er strahlend und setzt sich an die Küchenbar.
„Und was deiner Meinung nach sollen wir essen?" ich hebe die Augenbrauen.
„Du hast doch ein paar Pfannkuchen hinbekommen, also." sagt er und deutet auf die Pfannkuchen welche voll Mehl sind.
Ich nehme den Teller und stelle ihn direkt vor ihn hin.
„Dann guten Appetit!" grinsend sehe ich ihm dabei zu, wie er durch pusten versucht das Mehl von den Pfannkuchen zu bekommen.
Dann hole ich mir einen Kaffe und setze mich zu ihm. Ich muss sagen, dass er selbst mit dem vielen Teig in den Haaren, wirklich ganz oke aussieht. Also eigentlich ziemlich okey.
Ich beobachte ihn eine Weile, wie er tatsächlich die Pfannkuchen isst und dabei fällt mir die gestrige Nacht ein. Ich weiß das es kein guter Zeitpunkt ist um Fragen zu stellen, aber wann wenn nicht jetzt?
„Kann ich dich was fragen?" ich sehe in meinen Kaffebecher.
„Ja klar, was denn?" die Freundlichkeit in seiner Stimme ist unüberhörbar.
„Mich hat kein Wolf angegriffen, oder?" frage ich vorsichtig und sofort verfinstert sich sein Gesichtsausdruck.
„Liam hat dir doch gesagt wie es war." sein Tonfall klingt düster. Genau wie gestern Nacht.
„Ich will es von dir hören." sage ich vorsichtig.
Für -Ich weiß nicht genau wie lange- herrscht Stille zwischen uns. Dann atmet er tief aus und sieht mich ausdruckslos an.
Der andere Dylan war mir lieber.
„Ja, es war ein Wolf." sagt er, doch ich will es nicht wahrhaben.
„Versprichst du es mir?"
„Nein."
„Dann sag mir die Wahrheit!" meine Stimme wird lauter und wütender.
„Das ist die Wahrheit!"
„Warum lügst du mich an?" flüstere ich.
„Ich Lüge nicht!"
„Doch, genau das tust du! Bitte sag mir wieso!" meine Stimme ist eine Mischung aus Trauer, Angst und Wut. Auch Hass mischt sich mit drunter. Ich verstehe ihn nicht. Wieso erzählt er es mir nicht einfach?
„Um dich zu beschützen verdammt!" wütend schlägt er auf den Tisch ein und steht auf.
„Beschützen? Vor was denn?" auch ich stehe auf.
„Stell nicht so viele Fragen!"
„Sag du mir nicht was ich machen soll!" ich gehe auf ihn zu.
„Ich kann auch gut auf mich selbst aufpassen!" füge ich wütend hinzu.
„Hat man ja gesehen!"
„Was willst du mir damit sagen?!" ich bleibe vor ihm stehen und funkle ihn wütend an.
„Das du dich nur so aufspielst, als wärst du stark! Du tust nur so, dabei bist du schwach! Ich hab es doch gestern gesehen, wie du geweint hast!" er sieht mich hasserfüllt und doch auch irgendwie besorgt an.
„Was hast du da gesagt?" fassungslos sehe ich ihn an.
„Du hast richtig gehört! Du würdest es keine Sekunde lang ohne irgendwelche Hilfe von irgendwem schaffen! Sieh dich doch mal an!" schreit er.
„Ich glaube ich sollte gehen." ich drehe ihm den Rücken zu und suche eine Tür die nach draußen führen könnte.
„Wir werden ja sehen, wie lange du ohne meine Hilfe zurecht kommst! Du brauchst mich! Er wird dich finden!" schreit er doch ich versuche seine Worte zu ignorieren. Über wen redet er da?
Ich komme an einer Tür an, die ich sofort öffne.
„Wenn ich dich noch einmal sehe, gehe ich zur Polizei und erzähle ihnen alles!" rufe ich bevor ich das Haus mit einem lauten Türknall verlasse.
Dann lasse ich meinen Tränen freien lauf.
Wie konnte er nur so über mich reden? Nachdem er mich hierher entführt hat und mir nicht mal erklären kann wieso, wagt er es, so über mich zu reden? Was denkt er sich eigentlich wer er ist? Ich hasse ihn, obwohl ich ihn nicht einmal richtig kenne.
Ich hasse ihn mehr als alles andere.

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