#61 Flying Tiger

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Perspektive Felix Manuel Lobrecht 

Ein tonnenschwerer Stein fällt von meinem Herzen und mich wundert es, das sich das Auto darunter nicht biegt und es nicht zu hören ist.
"Sehr schön. Dann haben wir das auch geklärt." sage ich verhältnismäßig ruhig, innerlich explodiere ich vor Glück.
Einige Sekunden vergehen, bis ich mich wieder zumindest etwas gefasst habe.

"Brauchst du noch was?" frage ich Tommi und nicke dabei in Richtung des kleinen Nettos, auf dessen Parkplatz wir immernoch stehen. Er überlegt kurz und schüttelt dann den Kopf.
"Gut." sage ich und starte unverzüglich den Wagen.
Während der zehn Minuten Fahrt bin ich aufgeregter als bei meiner Führerscheinprüfung.

Ich fühle mich irgendwie anders, jetzt, wo ich wieder vergeben bin.
Nur kurz schaue ich zu Tommi hinüber- gelassen sieht er aus der Frontscheibe, dreht manchmal seinen Kopf zur Seite und beobachtet das draußen.
Mit den durchbrochenen Sekunden fällt mir auf, dass ich ihn plötzlich wie durch andere Augen sehe. Allerdings positiv. Er gehört jetzt endgültig zu mir. Er ist meiner.
Ich lächle vor mich hin und richte meine Konzentration wieder auf die Straße vor mir.
Die Zeit, ihn nochmal richtig zu betrachten, nehme ich mir später.

Wir sind am Tempfelhofer Ufer, Ecke Mehringdamm. Eigentlich müsste wir gerade aus, um zu mir nach Hause zu kommen. Dass ich den Blicker nach rechts setze und umlenke, rechtfertige ich mit "Lass nochmal schnell in die Neukölln-Arcaden.".
Ich glaube, Tommi schaut mich fragend an, also antworte ich ihm auf die ungestelle Frage:
"Da ist ein BioTech. Die haben ganz geile Produkte. Dauert auch nicht lang. Versprochen." antworte ich knapp und besetze wenige Minuten später eine Parklücke an der Flughafenstraße.
"Soll ich mitkommen?" fragt er und sieht mich an.
"Da ist ein Zigarettenladen..." beginne ich zögerlich. 
"Ich kann nicht garantieren, dass ich nichts kaufe." will ich noch hinzufügen, mit einem entschlossen Nicken schnallt er sich jedoch ab und steigt aus, womit sich meine Erklärung erübrigt.
Schneller als ich mein Portemonnaie greifen kann, ist er schon um das Auto herum gelaufen und öffnet mir die Tür.
Ich lache auf und stehe direkt vor ihm, als ich mich aus dem Fahrersitz erhebe.
Nur einen kurzen, aber dankbaren Kuss gebe ich meinem Freund, meine Hand streift kurz seine.

Ich kenne viele Menschen in Neukölln und noch mehr Menschen kennen mich. Auch Tommi wird oft erkannt.
Ein Einkaufszentrum war für mich immer ein Ort, an dem man vertraut ist, als Paar Händchen hält. Denn shoppen empfinde ich als intim. 
Aber das können wir nicht machen.

Als wir den cigo-Shop passieren, balle ich die rechte Hand zur Faust und verspüre noch stärker das Bedürfnis, bei Tommi Halt zu finden, sodass mich das Angebot des Ladens nicht anziehen kann. 
Unsere Hände streifen sich erneut, als ich meinen Blick doch in den kleinen Kiosk schweifen lasse. Es kann aber auch sein, dass ich mir die Berührung einbilde.
Ich werde einige Schritte schneller und sehe wenige Meter vor uns auf der linken Seite die BioTECH-Filiale.
"Ich warte hier draußen." sagt Tommi und ich nicke. Diese Reaktion habe ich erwartet, lächle ihn noch einmal an und komme wenige Minuten später mit einer mittelgroßen Papiertüte wieder heraus.
"Proteiiine! Für die gaiiins!" imitiert Tommi Ralf Möller, als er meinen Einkauf sieht und wir müssen lachen. Herr Schmitt eher bescheiden, ich laut und ausgelassen.
Irgendwann bin ich genauso trainiert wie der Schauspieler.
Und dann mache ich Liegestütze mit Tommi auf mir drauf.
Ich schmunzle vor mich hin, ohne ihm von meinem Plan zu erzählen.

"Lass mal noch in den Flying Tiger gehen." schlage ich vor, ehrlich gesagt in der Hoffnung, dass er ablehnt.
"Ja. Das ist kultig. Der ist ja gleich hier drüben."
Ungläubig schaue ich ihn an, frage ihn, ob er das ernst meine. 
Erst geht er einige Schritte auf das Geschäft zu, doch dann bricht seine Fassade und er verfällt wieder in ein Lachen.
"Nein. Spaß. Keine zehn Pferde würden mich da rein kriegen."
Ich nicke erleichtert und wende mich zum gehen. Er folgt mir und als wir wieder im Auto sitzen, habe ich wieder das Bedürfnis, ihn zu küssen.
"Zu Hause." sage ich leise zu mir selbst.

Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story Where stories live. Discover now