#113 Bulgaren-Macron

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Noch einige Sekunden lang schauen sie sich in die Augen. "Ich glaube, das war...irgendwie schön. Einfach schön so. Erster Gedanke: schön. Kein Zerdenken und Overthinken. Schön." sagt Felix und lächelt milde.
Tommi nickt zustimmend.
Felix atmet lang aus und lässt seinen Kopf gegen Tommi fallen.
Gemeinsam genießen sie den Ausblick vom Balkon. Erst sind sie ganz still, dann beginnt Felix wieder zu sprechen. "Urlaub mit dir is soooo schön. Ich wusste gar nicht, dass Urlaub so schön sein kann."
Beseelt lächelt Tommi und legt den linken Arm um seinen Freund. Er ist wieder einmal so glücklich, dass er weinen könnte.
Stattdessen atmet er tief ein und streckt sich dann.
"Was machen wir denn heute Abend?" will Felix wissen und dreht sich zu ihm um.
"Auf der einen Straße irgendwo war eine Gay Bar und ich glaube, da ist heute eine Drag-Show? Oder einfach so feiern gehen in Mexico-City? Wie so Abiturienten-Sahrahs mit zwei H in Lloret de Mar?"
Felix lacht kurz, weil er ziemlich genau spürt, dass sich sein Freund gerade in der Comedy verliert, fängt sich dann aber wieder und überträgt seinen eigenen Ernst auch auf Tommi.
"Nee. Weder noch. Lieber gut Essen gehen. Alkohol auf der Straße trinken ist hier eh verboten und vorglühen macht doch auch nur vor irgendeiner Haustür Spaß. Außerdem darf ich ja eh nicht." hakt er deshalb ein. Währenddessen läuft ihm das Wasser im Mund zusammen, weil er an ein saftiges Steak denken muss.
"Ich hab' erstmal übel Bock auf ein Eis." offenbart Tommi. Sein Freund grinst. "Etwa ein Cactuseis? Weil wir in Mexiko sind?" schlägt er vor und lacht. "Alter, du bist so doof!" erwidert Tommi, ebenfalls lachend und schlägt ihm mit der Faust gegen die Schulter. "Das haben die hier safe gar nicht."
"Okay, na dann lass uns mal wieder los. Das Hotelzimmer und seinen Ausblick können wir heute Nacht noch genießen. Die Lichter sind  bestimmt mega schön." sagt Tommi, gemeinsam machen sie sich auf den Weg vom Balkon runter, aus dem Zimmer raus, über die langen Flure, in den Fahrstuhl, an der Rezeption vorbei und raus auf die Straßen von Mexiko-Stadt.

"Okay, bisschen eifersüchtig bin ich schon auf dein Eis." gesteht Felix, als er seinem Freund zusieht, wie er seine Zunge geschickt um das kalte Produkt gleiten lässt. Urplötzlich stupst dieser mit dem Eis Felix' Nase an, grinst kurz, leckt es dann ab und hat noch Spuren davon an der Lippe. Der Kleinere schaut sich kurz um, leckt das dann von Tommis Lippen und gibt ihm einen verstohlenen Kuss. Alles passiert innerhalb weniger Sekunden, es fühlt sich an wie ein eingespielter Ablauf.
Sie laufen weiter unschuldig nebeneinander, bis sich Felix zu Tommi hinüberbeugt. "Ey, guck mal, der da sieht aus wie der Bulgaren-Macron!" flüstert er und deutet auf einen Mann in einigen Metern Entfernung.
"Meinst du Petkow oder Radew?" fragt der Angesprochene.
"Man Tommi, keine Ahnung, wie der Ulli heißt. Der sieht auf jeden Fall so aus wie der eine."
Der Detmolder lacht. Ab jetzt rattert es hinter Felix' Stirn, das sieht er. Sein Freund ist ja schon süß, wenn er gewisse Beobachtungen macht, diese aber nur zu einem kleinen Prozentsatz teilt und sich die restlichen Ideen in seinem Kopf weiterspinnt. Er fragt nicht weiter, wartet ab jetzt einfach darauf, etwas in diese Richtung bei einem seiner nächsten Auftritte zu hören. Oder wenn sie gemeinsam, auf- und übereinander, auf der Couch liegen. Oder vielleicht auch nie, weil er die Idee einfach verwirft, weil sie nicht gut genug war.

"Alter, wir sind hier ja wirklich einfach steinreich." murmelt Felix, als sie in einem argentinischen Steakhouse sitzen und sich die Speisekarte durchlesen. "Das sind wir auch in Deutschland." erwidert Tommi lachend. "Aber hier ist wirklich alles spottbillig." Er nickt.
Ihre Wahl fällt auf ein Steak für jeden und ein typisch mexikanisches Gericht gleichzeitig. Heute schlagen sie sich die Mägen richtig voll.
"Eigentlich mag ich so Mais, Bohnen und Schweinefleisch gar nicht." gibt Felix zu. Tommi hingegen freut sich wie ein kleines Kind, muss aber auch lachen. "Hä, du wolltest nach Mexiko."
"Hm ja, aber auch nur für den Tequila."
Der Detmolder schaut seinen Freund ermahnend an. "Noch eine Ausnahme gibt's nicht. Also nicht mit meinem Einverständnis. Dein Körper hat sich so schön erholt, mach das doch nicht auf einen Schlag wieder kaputt."
"Ja, hast ja Recht. Ich hab den Zigarettengeschmack immernoch im Mund."
Er trinkt einen Schluck Wasser und isst ein Stück Steak.
"Bah alter, bah, ich schmeck gar nichts, nur Nikotin. Wie konnte ich so jahrelang leben?" fragt er, weiß dabei genau, dass sein Freund auch keine Antwort darauf hat.
"Ich...geh mal kurz auf Toilette." sagt Felix und erhebt sich vom Tisch, stützt sich dabei mit beiden Armen ab. Sein Blick hat etwas Entschuldigendes an sich, aber auch etwas zutiefst Unsicheres.

Als er nach zehn Minuten nicht wieder da und Tommi der Appetit vergangen ist, macht sich dieser auf den Weg nach unten zu den Sanitärräumen. Eine breite Steintreppe mit braunem Mahagoni-Habdlauf führt ihn dorthin. In seinem Kopf machen sich die schlimmsten Horrorszenarien über den Zustand seines Freundes breit, die er nicht in Worte fassen kann, mit denen er sonst so geschickt umgeht.
Tatsächlich steht Felix vor dem breiten Spiegel, der über den vier Waschbecken hängt, stützt sich ab und schaut sich selbst an. Oder durch sich durch oder auf die Wand hinter ihm, an dem irgendwelche spanischsprachige Werbung hängt. So genau kann Tommi den Blick nicht deuten, er hält sich auch eher zurück, weil er nicht weiß, ob sein Freund ihn sieht.
"Na." sagt er leise, um Felix nicht zu erschrecken und ihm gleichzeitig zu zeigen, dass es nur sein deutscher Freund ist, der hinter ihm steht. Passiv lehnt er sich gegen die Wand, gerade so, dass Felix ihn im Spiegel sehen kann und wartet.
Kurz schreckt der breit gebaute Mann auf, spannt alles an, realisiert dann, wer die anwesende Person ist und lässt sich wieder fallen.

Felix' stark ausgeprägter Rundrücken fällt Tommi besonders auf, als er den Kopf auf den Waschbeckenrand sinken lässt und die Stirn darauf abstellt. Der Jüngere legt seine Hände an Felix' Hüfte und streicht sanft mit den Daumen darüber. Inständig hoffen sie beide, dass jetzt niemand hereinkommt. Mit leichtem Druck richtet er seinen Freund wieder auf und stützt das Kinn auf seine linke Schulter. Gemeinsam schauen sie sich im Spiegel an.
"Was ist los?" will Tommi leise wissen.
"Ich...fühl mich einfach nicht wohl hier, irgendwie." erwidert Felix in gleicher Lautstärke. Der Detmolder hinterfragt diese Aussage nicht, schenkt ihr bedingungslos Glauben, weil er seinen Freund ziemlich gut kennt.
"Ich schlage vor, wir essen auf und gehen dann wieder ins Hotelzimmer? Alles wird gut." sagt Tommi und sieht Felix an.
Dieser nickt, hat ein Lächeln auf den Lippen.
"Wir können zwischendrin auch noch bezahlen." fügt er hinzu und lacht laut. Tommi verdreht die Augen, freut sich aber, dass es seinem Freund etwas besser geht und nickt bestätigend.
"Und ich wasch mir nochmal die Hände." sagt er und drückt auf den Wasserhahn. Das Wasser fühlt sich irgendwie komisch an.
"Hygiene ist hier auch nicht so Standard, oder?" fragt er rhetorisch, dabei wissen sie beide, dass man hier das Leitungswasser aufgrund der HIV-Gefahr nicht trinken sollte. Mit einem Kuss auf die Schläfe belohnt Tommi seinen Freund noch einmal für die mutig überstandene Impfung.
Sie verschränken ihre Hände. "Danke, dass du immer bei mir bist."

OKOK ein letztes Kapitel aus Mexiko kommt noch, ich schreibe einfach zu viel. Ich hoffe, das stört euch nicht allzu sehr.

Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story Where stories live. Discover now