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By roIIingstoned

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»You want to believe in black and white, good and evil, heroes that are truly heroic, villains that are just... More

Captured
Soundtrack
Kapitel 1 | lost
Kapitel 2 | run
Kapitel 3 | locked
Kapitel 4 | bon appétit
Kapitel 5 | darkness
Kapitel 6 | escape
Kapitel 7 | masked
Kapitel 8 | loose
Kapitel 9 | numb
Kapitel 10 | wound
Kapitel 11 | headless
Kapitel 12 | cracking point
Kapitel 13 | confessions
Kapitel 14 | thoughtless
Kapitel 15 | anonymous
Kapitel 16 | fall
Kapitel 17 | comatose
Kapitel 18 | lines
Kapitel 19 | clink
Kapitel 20 | sirens
Kapitel 22 | pain
Kapitel 23 | hiding
Kapitel 24 | painkiller
Kapitel 25 | injection
Kapitel 26 | silence
Kapitel 27 | meltdown
Kapitel 28 | coat
Kapitel 29 | foggy
Kapitel 30 | promise
Kapitel 31 | tick-tock
Kapitel 32 | play
Kapitel 33 | bullseye
Kapitel 34 | whisky-soaked
Kapitel 35 | house of cards
Kapitel 36 | slit open
Kapitel 37 | trapeze
Kapitel 38 | suffocation
Kapitel 39 | up in flames
Kapitel 40 | what doesn't kill you
Kapitel 41 | gone girl
Kapitel 42 | monsters and freaks
Epilog
Dankessagung

Kapitel 21 | family

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By roIIingstoned

Polizeisirenen.

Es handelt sich bei dem Geräusch unverwechselbar um die Sirenen von Polizeiwagen. Und sie scheinen nicht weit weg zu sein, sonst würden wir sie nicht selbst von hier aus hören können.

Sofort treffen sich Zayns und mein Blick und ich kann die Überraschung in seinen Augen ablesen. Bevor ich etwas sagen kann springt Zayn auf und sprintet zur Türe seines Wohnwagens. Sekunden später reagiere auch ich und folge ihm hastig, während er die Türe aufreißt und von Panik ergriffen nach draußen blickt. Immer wieder dreht er den Kopf nach links, rechts, geradeaus, sieht sich von panisch um. Gleichzeitig stelle ich mich hinter ihm auf die Zehenspitzen, versuche an ihm vorbeizusehen, doch er hält mich mit dem Arm zurück.

Plötzlich dreht er sich in einer hektischen Bewegung um und bevor ich realisiere was geschieht befinde ich mich gegen die Wand gepresst wieder, Zayns Arme links und rechts von mir aufgestellt, seinen Atem auf meiner Haut. Er blickt zu mir hinunter und presst zugleich seinen Körper dicht gegen meinen, dass es mir fast den Atem verschlägt. Mit so viel plötzlicher Nähe hätte ich nicht als seine nächste Handlung gerechnet, und angesichts der Situation ist es sogar mehr Nähe, als mir lieb ist.

Die dunklen Augen fixieren mich auf unangenehme Weise, sein warmer, etwas beschleunigter Atem streift meine Wange. Ich muss mich darauf konzentrieren das Atmen nicht zu vergessen.

„Warte hier, nur kurz“, flüstert er und schenkt mir einen flehenden Blick, der mich normalerweise vermutlich weich lassen werden würde. Doch nicht in diesem Fall.

Ich will gerade den Kopf schütteln, als in Sekundenschnelle sein Gesicht sich meinem nähert und ehe ich begreife was passiert legt er seine Lippen auf meine. Mein Verstand ist völlig überrumpelt von den Geschehnissen der letzten Sekunden, seine Lippen küssen mich drängend, doch gleichzeitlich zärtlicher, als ich es erwartet hätte, und schalten damit meinen Verstand endgültig aus. Unwillkürlich erwidere ich den Kuss und er legt seine warmen Hände an meine Wangen, vertieft den Kuss, und alles, woran ich denken kann, sind diese Lippen auf meinen, und sein glühend warmer Körper, der dicht an meinen gepresst ist.  

Zögernd entfernt er sich nach einigen Sekunden wieder von mir und beißt sich auf die Unterlippe, schließt kurz die Augen, beide Hände noch immer auf meinen Wagen liegend.

„Bitte, warte hier kurz auf mich“, wispert er wieder und sieht mich flehend an. Mein Kopf ist viel zu vernebelt, als dass mein Verstand einen vernünftigen Gedanken fassen könnte, und ich nicke geistlos als Antwort. Ehe ich mich versehe legt er seine Lippen ein weiteres Mal auf meine, dieses Mal jedoch deutlich sanfter als zuvor. Es ist nur eine flüchtige Berührung, die jedoch meine Gänsehaut noch weiter verstärkt, und dann lässt er mich los und schließt die Türe des Wohnwagens hinter sich.

Wie betäubt stehe ich noch einige Sekunden an derselben Stelle, rühre mich keinen Zentimeter vom Fleck, erst nach einigen Sekunden hebe ich langsam meine Hand und berühre mit der Fingerspitze meine Lippen, die noch immer nach ihm schmecken.

Die Polizei ist hier, der Lautstärke der Sirenen zu urteilen womöglich sogar direkt vorm Jahrmarktseingang. Was wiederum bedeutet, dass die Polizisten auf dem Jahrmarktsplatz sich aufhalten, was sie dann dienstlich tun.

Sie sind wegen mir hier.

Sie müssen endlich genügend Hinweise beisammen haben, die sie zu diesem Jahrmarkt führen. Zum Clown. Zu mir.

Oh mein Gott. Sie sind hier, um mich zu retten. Das müssen sie einfach. Sie werden mich hier rausholen und mich nach Hause bringen, sie werden den Clown hinter Gittern stecken. Und Zayn.

Zayn. Ich spüre ein Stechen in der Brust bei dem Gedanken, dass sie auch ihn festnehmen werden. Sie werden ihn als Komplizen sehen, ganz unabhängig davon, was er alles für mich getan hat. Auch wenn ich für ihn aussagen würde bin ich mir sicher, dass sie ihn dennoch in Haft stecken werden. Bei dem Gedanken spüre ich, wie mir schlecht wird und meine Lippen zu beben beginnen, doch ich presse sie schnell aufeinander und schließe die Augen. Nein, jetzt muss ich erst einmal an mich denken. Und das bedeutet, dass ich hier heraus muss. Bevor Zayn zurückkommt.

Sofort laufe ich auf die Türe zu und trete hinaus, noch immer barfuß, aber das ist mir in diesem Augenblick egal. Ich darf keine Zeit verlieren.

Eilig laufe ich die drei Stufen hinunter und trete auf den etwas feuchten Boden. Ohne weit nachzudenken laufe ich los in die nächste Richtung und bahne mir rennend einen Weg durch die schmalen Gassen. Bei jedem Schritt spüre ich den feuchten Rasen unter meinen Füßen, versuche möglichst nicht auszurutschen, spüre aber auch immer wieder kleine Steinchen, doch darauf kann ich jetzt keinen Acht geben. Mein Atem wird keuchender je länger ich laufe und es fühlt sich an, als würde ich ein Déjà-Vu erleben, als würde ich wie in meinem Albtraum die ganze Zeit im Kreis laufen und immer wieder an der gleichen Stelle ankommen.

Ich kann die heißen Tränen bereits in meinen Augenwinkeln spüren, doch ich stoppe keine Sekunde und renne weiter. Bis ich gegen eine Person laufe, die gerade aus einen der Wohnwagen tritt, genau in meine Laufbahn.

„Na Hoppla“, erklingt eine tiefe, hallende Stimme und ich taumele einige Schritte zurück. Vor mir steht ein Mann mit durchtrainierter Statur und mustert mich prüfend. Seine Haare sind schwarz, seine Hautfarbe nur ein wenig dunkler als die Zayns. Doch sein Gesicht ist eindeutig von den gleichen Genen gezeichnet wie die Zayns, und ich glaube mich daran erinnern zu können, dass er ebenfalls Teil des Auftritts war, zu dem auch Zayn gehört.

Seine Arme zieren ebenso wie Zayns einige Tätowierungen, aber zusätzlich auch einige große Brandnarben. Er ist einige Jahre älter als Zayn, und ebenfalls breiter und größer gebaut. Panisch ziehe ich scharf die Luft ein und trete noch einen weiteren Schritt zurück, während seine Augen noch immer auf mir liegen.

„Wohin des Weges? Die Show beginnt erst heute Abend.“ Er zieht skeptisch eine Augenbraue hoch, während er noch immer seinen Blick über mich schweifen lässt, wobei mir ein Schauer über den Rücken läuft.

Plötzlich tritt eine weitere Gestalt aus der Türe hinter ihm, ein weiterer Mann von ähnlichen Zügen wie er, mit deutlich weniger Tätowierungen, dafür jedoch mit einer großen Narbe an der linken Wange. Eingeschüchtert presse ich die Lippen aufeinander und laufe weiter langsam zurück, doch die beiden Männer vor mir verringern den Abstand sogleich wieder, indem sie langsam auf mich zulaufen und ihre argwöhnischen Blicke weiter auf mir liegen.

„Mädchen, du hast hier nichts zu suchen, wenn keine Show ist. Erst recht nicht auf diesen Teil des Platzes“, teilt mir der zweite mit gefährlich bedrohlichem Unterton mit und ich stolpere fast, als ich weiter zurücktaumele, doch halte mich in letzter Sekunde an einem der Wohnwagen neben mir fest. Sofort brechen die beiden Männer in schallendes Gelächter aus und ich spüre, wie meine Beine unter mir zu zittern beginnen.

„Also, was hast du hier zu suchen, mh?“, fragt der größere der beiden wieder und als mein Blick wieder zurück zu dem anderen wandert, zeichnet sich ein schiefes Grinsen auf dessen Lippen ab, bei dem mir das Blut in den Adern gefriert.

Ich schlucke schwer und laufe weiter zurück, wage es nicht auch nur einen Ton von mir zu geben, als ich etwas Spitzes unter meinem rechten Fuß spüre, das sich in meine Haut bohrt und einen furchtbaren Schmerz auslöst. Sofort trete ich wieder einen Schritt nach vorn und heule laut auf vor Schmerz, was die beiden vor mir ein weiteres Mal dazu bringt in lautes Gelächter auszubrechen, während ich mir die Tränen verkneifen muss. Ich kann bereits spüren, wie das Blut sich langsam einen Weg aus meiner Wunde bahnt.

„Antworte mir, verstanden?“ Die beiden haben in wenigen Sekunden den Abstand zunichte gemacht und der Größere packt mich an der Schulter, drückt schmerzvoll zu und schubst mich schließlich gegen die Außenfassade einer der Wohnwagen. Zu dem Schmerz meines Fußes, meiner Rippen, meines Arms und meines Kopfes kommen nun auch noch furchtbare Schmerzen meiner Wirbelsäule hinzu und am liebsten würde ich mich auf den Boden fallen lassen und den Tränen freien Lauf lassen, doch der feste Griff, mit dem er ein weiteres Mal meine Schulter packt, lässt dies nicht zu.

„Das ist aber nicht die feine Art, wie man eine Lady behandelt, Sham“, lacht der andere und stellt sich neben ihn, um mich eingehend anzusehen.

„Würdest du sie hier tatsächlich als Lady bezeichnen?“ Der genannte mustert mich herabfällig und zischt verächtlich. „Guck sie dir doch an, das ist keine Weise, wie eine Frau auszusehen hat. Männerkleidung, nasse, ungepflegte Haare, barfuß, sie sieht fast aus wie eine Obdachlose. Und dann auch noch unerlaubt auf einem Jahrmarktsplatz.“ Er schüttelt den Kopf und stößt ein weiteres Mal verächtlich auf, verstärkt seinen Griff um meine Schulter und ich beiße mir schmerzerfüllt auf die Unterlippe. Der Schmerz in meinem Körper ist kaum noch auszuhalten, doch mir bleibt keine andere Wahl als ihn dennoch irgendwie zu ertragen.

„Lass sie los, Sham“, ertönt eine bekannte Stimme und der soeben genannte dreht sich um, um in das Gesicht von Zayn zu blicken.

„Nenn uns einen guten Grund, Zayn“, erwidert nun der andere der beiden vor mir und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Halt die Klappe, Jawaad, sie gehört zu mir.“ Zayn hat die Hände zu Fäusten geballt und tritt einen Schritt auf Jawaad zu, der tatsächlich einen Schritt zurücktritt, fast so als hätte er Angst vor Zayn, obwohl die beiden fast gleich groß sind.

Doch als Zayn Sham ansieht schiebt der den Unterkiefer vor und blickt ihn wütend an, lässt auch jetzt noch nicht von mir ab. Zayn kneift die Augen zusammen und tritt einen weiteren Schritt auf ihn zu.

„Sham, mach keinen Scheiß, man.“ Er sagt es ruhig, doch in seiner Stimme schwingt ein bedrohlicher Unterton mit, den ich nicht von ihm so kenne.

Die beiden funkeln sich herausfordernd an und ich kann sehen, wie Zayn die Zähne aufeinanderbeißt und sein Kiefer sich dabei anspannt. Dabei ist dieser Sham ein ganzes Stück größer als er, und der durchtrainierten, breitgebauten Statur zu urteilen auch deutlich stärker. Aber das scheint Zayn keine Sekunde einzuschüchtern, stattdessen tritt er einen weiteren Schritt auf Sham zu. Ich kann schon kommen sehen, wie Sham sich auf Zayn stürzt, so herausfordernd wie Zayn ihn ansieht, als wäre er geradezu aus auf einen Kampf.  

„Sham, komm schon, lass es lieber“, höre ich Jawaads mittlerweile nicht mehr ganz so sichere Stimme hinter Zayn sprechen, und als Sham mir noch einen grimmigen Blick schenkt und schließlich von mir ablässt bin ich vollkommen verdutzt. Die beiden sind sogar in der Überzahl, wieso zur Hölle hören sie auf ihn?

Zayn geht sofort auf mich zu und greift drängend meine Hand, bevor er mich mit sich zieht und die beiden anderen ohne ein weiteres Wort stehen lässt, die grimmigen Blicke noch immer auf uns gerichtet.

„Ich hab dir doch gesagt, dass du im Wohnwagen warten sollst, verdammt“, flucht Zayn und zieht mich stürmisch weiter hinter sich her, den Griff um meine Hand so fest, dass ich praktisch mitgeschleift werde.

Noch immer bin ich ratlos über das soeben Geschehene. Wieso zur Hölle sind die beiden vor ihm zurückgekuscht? Nicht nur, dass Sham deutlich größer und stärker zu sein schien als Zayn, nein sie waren auch noch in der Überzahl. Und dennoch haben sie sich nur von seinen Worten und Blicken zurückweisen lassen. Auch wenn sie tatsächlich verwandt sein sollten verstehe ich ihre Reaktion nicht. Wie viel Respekt sie vor ihm gehabt haben, zumindest dieser Jawaad. Nein, nicht Respekt. Es war fast schon viel mehr Angst, die von ihm ausging. Was lächerlich angesichts der Situation war. Zayn ist sicherlich nicht schwach, aber gegen die beiden zusammen wäre er niemals angekommen.  

Abrupt werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als sich eine Hand auf meinen Mund legt und ich ruckartig nach hinten gerissen werde, kurz bevor ich fremde Stimmen hören kann, nur wenige Meter von mir entfernt.

 „Officer, ich kann Ihnen versichern, dass ich dieses Mädchen noch nie gesehen habe“, ertönt eine bekannte Stimme, die ich zunächst nicht zuordnen kann, bis es mir wieder einfällt. Sie gehört dem Zirkusdirektor, der auch die Show Acts damals angekündigt hatte.

„Nun, dann macht es Ihnen doch nichts aus, wenn meine Kollegen und ich uns ein wenig hier umsehen, nicht wahr?“

Zayn presst seine Hand fester gegen meine Lippen und drückt mich mit seinem anderen Arm, der um meine Arme und Oberkörper umschlungen ist, fest gegen sich, bietet mir somit keine Möglichkeit mich aus seinem Griff zu befreien und auf mich aufmerksam zu machen. Dennoch versuche ich mich zunächst zu wehren und zapple wild, um mich aus seinem Griff befreien zu können, doch vergebens. Er hat mich in die kleine Spalte zwischen zwei Wohnwagen gezogen und ich kann seine angespannten Muskeln hinter mir spüren, während er mich festhält.  

Die Stimmen kommen immer näher, sind aber noch immer einige Meter entfernt.

„Selbstverständlich nicht, nicht wahr, Viktor?“

„Aber natürlich nicht“, erklingt die rasierklingenraue Stimme des Clowns, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. „Beamter-“

„Officer“, korrigiert ihn der Polizist.

„Mein Fehler, verzeihen Sie. Officer, ich kann ihnen versichern, dass dieses Mädchen… wie war ihr Name noch gleich?“

„Zoe, Zoe Donovan“, spricht der Officer meinen Namen aus, der sich so fremd plötzlich anfühlt. Donovan. Zoe Donovan. Mit meinem Familiennamen verbinde ich mein Zuhause, Wärme, Vertrautheit. Alles, was mir in den letzten Wochen genommen wurde. Ich fühle mich nicht mehr wie Zoe Donovan, ich bin nicht mehr das Mädchen, das ich einst mal war. Mittlerweile bin ich mir selbst fremd.

Zayns Hand presst fester gegen meinen Mund, je näher die Schritte der Personen kommen, und ich kann seinen Atem meine Haare streifen spüren. Ich quieke leise auf als er noch fester zudrückt und der Körper hinter mir zuckt zusammen.

„Bitte, bitte sei leise“, flüstert er, dass es mehr Atem als Stimme ist. Seine Hand lässt ein klein wenig von dem Druck ab, den er auf meinen Mund ausübt.

Zayn hat mich in die hinterste Ecke der Spalte gedrängt und hat noch immer die Hand auf meinen Mund gelegt, während ich seinen Brustkorb hinter mir sich leicht heben und senken spüre. Ich kann spüren, wie sich in meinen Augenwinkel ein weiteres Mal Tränen bilden. Nicht nur aufgrund des Schmerzes, der meinen gesamten Körper durchzieht, sondern auch bei der Erinnerung an mein Zuhause. Bilder von meiner Familie, meinem Elternhaus, meinen Freunden, meinem alten Leben tauchen vor mir auf und ich schaffe es keine Sekunde länger die Tränen zu unterdrücken, sodass sie langsam meine Wange hinunterlaufen.

„Sind Sie sich sicher, dass sich dieses Mädchen nicht in Ihrer Obhut befindet? Sehen Sie sich bitte dieses Foto noch einmal genauer an.“

Eine Träne nach der anderen läuft meine Wange hinunter, es ist wie ein Strom, der immer stärker wird. Der physische wie auch psychische Schmerz durchzieht meinen ganzen Körper, überkommt mich wie eine Welle.

„Meine Herren, ich kann Ihnen versichern, dass sich dieses Mädchen nicht bei uns befindet“, antwortet der Zirkusdirektor mit fest entschlossener Stimme. „Wir sind hier alle wie eine Familie, ich würde mitkriegen, wenn sich eine Fremde in unserem Kreise aufhält.“

Meine Rettung ist so nah, und ich bin wehrlos, kann nicht auf mich aufmerksam machen. Ich fühle mich so machtlos, so schwach.

„Nun, ich muss davon ausgehen, dass Sie möglicherweise hier gegen ihren Willen festgehalten werden könnte“, entgegnet der Officer, mittlerweile sind die Stimmen ganz nah.

Die ersten Tränen haben mittlerweile Zayns Hand erreicht und die Muskeln des Körpers hinter mir versteifen sich daraufhin noch mehr.

„Gegen Ihren Willen? Werfen Sie etwa einem von uns vor, ein junges Mädchen gegen ihren Willen bei uns festzuhalten?“ Die Stimme des Zirkusdirektors ist nun nicht mehr ganz so ruhig wie zuvor und er holt tief Luft. „Wissen Sie, Officer, dieser Zirkus ist wie eine Familie für mich. Nicht nur für mich – für uns alle. Wir erscheinen Ihnen möglicherweise seltsam, ich wage es gar nicht mir auszumalen, was Sie widerlicheres über einige dieser Leute denken – aber wir sind alle eine große Familie. Hier kennt jeder jeden, wissen Sie? Aber keiner der Leute, die hier sind, ist dabei gegen seinen Willen. Wir alle verstehen uns  als ein als eine familiäre Gemeinschaft, der Zirkus gibt uns Geborgenheit, Vertrautheit, Wärme. Er ist unser Zuhause. Ich vertraue meinen Familienmitgliedern blind, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand aus dieser Familie das tun könnte, was Sie uns vorwerf-“

„Ich verstehe“, unterbricht der Officer die Rede des Direktors kühl. Mittlerweile haben sie uns fast erreicht, ich warte jeden Moment darauf, dass sie an der engen Spalte, in der wir uns verstecken, vorbeilaufen. Ich wünschte, ich könnte sie irgendwie auf mich aufmerksam machen, doch ich bin machtlos gegen Zayns starken Griff.

„Nein, Sie verstehen scheinbar nicht, Officer-“, setzt diesmal die Stimme des Clowns ein, doch sie wird schnell von der des Direktors unterbrochen.

„Beruhige dich, Viktor. Ich bin mir sicher, dass der Officer unsere Familie nicht persönlich angreifen wollte, nicht wahr?“

„Selbstverständlich nicht. Ich mache nur meinen Job, und der ist es dieses Mädchen zu finden.“

„Natürlich“, kommt ein Zischen vom Clown und genau in dem Moment laufen die drei an uns vorbei, gefolgt von einem weiteren Polizeibeamten an der anderen Seite.

Bitte, seht zu mir. Dreht euch um. Schaut zur Seite. Ich bin hier. Bitte, Officer. Drehen Sie sich zu mir.

Genau in dem Moment, in dem ich krampfhaft hoffe ich würde womöglich doch Telepathie beherrschen, dreht sich einer der Männer um und unsere Augen treffen sich.

Nur ist es der Falsche.

Die dunklen Augen des Clowns treffen meine, sein Gesicht ist zu mir gedreht, und für einen Moment weiten sich seine Augen kurz, bevor ein widerliches Grinsen sich auf seinen Lippen abbildet und sein Blick dann hinter mir zu Zayn geht, dem er kurz zunickt, bevor er sich wieder zu den anderen dreht und sie wieder aus meinem Blickfeld verschwinden.

„Ich sage es nicht gerne, aber ich vermute uns bleibt keine andere Wahl als einige der Wagen zu durchsuchen.“

„Wie Sie meinen“, brummt der Clown und eine weitere Stimme erklingt, doch der schenke ich gar keine Beachtung mehr. Die Tränen laufen meine Wangen hinunter, in diesen Moment verliere ich auch die letzte Kraft und spüre, wie meine Beine nachgeben. Kurz schwanke ich, doch Zayn reagiert schnell und hält mich fest im Griff, so fest, dass ich kaum noch selbst Kraft aufbringen muss, um mich auf den Beinen zu halten.

Meine Sicht verschwimmt und mir wird schwindelig, außerdem wird mir unfassbar schlecht. Jegliche Hoffnung, die kurz in mir aufgeglimmt war, ist soeben gestorben, und hinterlässt ein furchtbares Gefühl in mir.

Der Daumen von Zayns Hand, die sich fest um meine Hüfte klammert, streicht in beruhigend über meine Seite, doch es bewirkt rein gar nichts. Sämtliche letzte Flüssigkeit, die in meinem Körper enthalten ist, wird gerade in Form von Tränen aus mir ausgeheult.

Warme Lippen treffen meinen Scheitel und küssen sanft auf meine Haare, während der Daumen der Hand, die noch immer meinen Mund zuhält, einige Tränen wegstreicht, doch es sind zu viele.

„Beruhig dich, bitte beruhig dich, Zoe“, flüstert er besorgt, doch ich schüttele nur leicht den Kopf. Das kann er nicht von mir erwarten, unmöglich. Die Tränen laufen meine Nasenspitze hinunter und ich ziehe meine Nase hoch. Er war es, der mir gesagt hat, er würde mich hier herausholen. Und er ist es, der mich hier weiter festhält.

„Fuck, verzeih mir, bitte“, redet er immer wieder leise und flehend auf mich ein, „bitte, Zoe, ich hatte keine andere Wahl. Es tut mir so leid, fuck.“

Seine Stimme zittert bei den Worten, sein ganzer Körper bebt hinter mir, und dennoch ist sein Griff um mich noch immer fest. Ich schließe die Augen vor Erschöpfung, während noch immer weitere Tränen aus meinen Augenwinkeln kommen.

„Ich werde dich hier rausholen, glaub mir. Ich kann es nur nicht riskieren dabei festgenommen zu werden. Das kann ich meiner Familie nicht antun, bitte, Zoe. Ich verspreche dir, ich hol dich hier raus. Ich werde mir etwas einfallen lassen. Ich lasse dich hier nicht sterben. Ich verspreche es.“

(A/N: die, die beim letzten kapitel kommentiert haben, werden alle ein kapitel gewidmet kriegen, was ich jetzt dauerhaft einführen werde unter denen, die kommentieren. denkt dran zu voten, weil so viele die story zu lesen scheinen aber nicht für mich voten, was echt schade für mich ist, weil mir das hilft und das auch so 'ne art lob/danke idk für mich ist. kommentare freuen mich sowieso immer riesig, könnt auch ehrliche kritik abgeben oder whatever. ich versuch immer möglichst alles zu beantworten, also traut euch haha. xxx) 

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