Starfighter

By TheFlayingNorthman

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Das Empire ist das Sinnbild für Recht und Ordnung im Universum. In ihrem Einflussgebiet herrschen Frieden und... More

| dramatis personae |
1. Loyalitäten
2. Silverclaws
3. Eine unentschuldbar dumme Idee
4. Zeit der Jagd
5. Der Tod der Unsterblichen
6. Eine Menge Scheiße
8. Abschaum
9. Die Macht des Empire
10. Nebula Umbra (I)
10. Nebula Umbra (II)
11. Zurück im Spiel
12. Warum man lebt
13. Lügen
14. Vertrauen
15. Geisteratem
16. Finstere Pläne
17. Die Gewalt der Union
18. Brot und Spiele
19. Silber
20. Zorn
21. Handgreiflichkeiten
22. Verhandlungen
23. Lemeska (I)
23. Lemeska (II)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (I)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (II)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (III)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (IV)
AUTHOR'S NOTE
Licht und Schatten

7. Unsterblich

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By TheFlayingNorthman

Das Leben ist schön. Wenn auch viel zu lang."



„Warte hier", sagte Spook. Seine Stimme klang dumpf durch die Gasmaske und den tosenden Sandsturm.

Danja sah ihn an, Spooks Gesicht spiegelte sich in seinen Brillengläsern, die er zum Schutz seiner Augen trug. „Warum?"

„Er mag keine Fremden. Eigentlich mag er niemanden, nicht einmal mich. Aber wenn ich Glück habe, hat er einen Hinweis, wie wir die finden können, die wir suchen." Und den, den er suchte. Der Wind peitschte Spooks Kragen nach unten, und er schlug ihn hastig wieder hoch, bevor der widerliche gelbe Sand seinen Weg in seine Kleidung fand. Er hasste Scurm von ganzem Herzen, für dieses grässliche Wetter und den Abschaum, der es ertrug. Doch auch der Mann, den sie suchten, war ein Teil des Planeten.

Danja nickte. „In Ordnung. Verdammt, ich hoffe, er hat kann herausfinden, wo das Bantwell-Mädchen und Shahakazam sind." Er hielt inne. „Schaffst du das allein?"

Spook ließ sich zu einem halbherzigen Lächeln hinreißen, unsichtbar unter seinem Kragen und dem fadenscheinigen, kratzigen Schal. „Ich kenne ihn. Er ist reizbar und verachtet alles und jeden im gesamten Universum, auch sich selbst. Aber ich besänftige ihn schon."

Danja nickte. Spook spürte seinen eindringlichen Blick selbst durch die dunklen Gläser. „Lass dich nicht ablenken. Frag nur nach Bantwell und Shahakazam. Und, bitte, lass die Finger von Croons. Die anderen beiden haben Priorität."

Spook zwang sich zu einem Nicken. Er würde es versuchen, und er würde scheitern. Jetzt, da er die Chance hatte, Croons zu finden, würde er sie nicht verstreichen lassen.

Sein Freund schien zufrieden. „Ich stelle mich hier hin und warte." Er zog ein Reducergewehr aus seinem schweren Mantel und aktivierte es. Blaues Licht glühte am Lauf. „Für den Fall, dass dein mysteriöser Freund dich nicht akzeptiert."

„Er wird es müssen." Spook zweifelte nicht. So lange er Fae nicht gesehen hatte, er würde ihm nichts antun. Das wusste er.

„Viel Glück, Ghost." Danja schlug Spook auf die Schulter.

Spook nickte ihm zu und trat auf das Wrack zu. Es war halb versunken im ewigen Sand, der an seiner Außenhaut nagte wie ein gieriges Tier und seinen Weg in die Turbinen und Triebwerke fand. Flackernde bunte Neonschilder verkündeten fröhlich die Namen von Firmen, die Raumschiffe, Spielzeuge, Elektronik und Waffen herstellten, bunte Flecken in der gelbbraunen Einöde. An vorstehenden Metallstücken waren Windspiele aufgehängt, aus Schrott, Knochen und Glas. Je näher Spook kam, desto lauter wurde ihr Klimpern. Im Cockpit waren die flimmernden Lichter von Computern zu erkennen.

Er erkannte den Typ des Schiffes nicht. Danja hätte es gewusst, doch er selbst kannte sich mit ihnen nicht aus. Er hasste alles, was ihn vom sicheren Boden wegbewegte.

Wie so oft wünschte er sich, er wäre im Jahrtausend vor dem Stillstand geboren. Damals, als die Erweiterung des Empire noch nicht begonnen hatte, und der Weltraum ein unbekanntes schwarzes Zelt über der Erde war, dessen Geheimnisse niemand erkunden konnte. Damals, als der Tod ihn vor seinem Wahnsinn der Unsterblichkeit gefunden hätte, und er mit Abby ein kurzes, wunderbares Leben hätte führen können. Kurz, aber zusammen. Wenn doch nur...

Er schob seine Gedanken an sie und die ferne Vergangenheit zur Seite, straffte die Schultern und entriegelte die Tür des Raumschiffs. Weitere Windspiele klirrten, als der Sturm in die schummrige Dunkelheit des Schiffs fuhr, und Spook beeilte sich, ins Innere zu kommen.

„Ich bin an der Hauptkonsole. Wehe, du schmeißt auf deinem Weg etwas um, oder fasst gar etwas an", rief jemand.

Spook nahm die Gasmaske ab und bahnte sich seinen Weg durch das Chaos. Computer summten und glühten. Kabel lagen verschlungen mit Stofffetzen, leeren Getränkedosen und anderem Unrat auf dem staubigen Boden. Glas knirschte unter seinen Stiefeln. Im Zwielicht waren bunte Poster zu sehen, und eine schlanke Kreatur huschte über die schweren Server.

Je näher er dem Cockpit kam, desto lauter wurde das Geräusch der Tastaturen, und das Licht der Bildschirme wurde heller. Es waren vier von ihnen, der Größte war größer als Spook selbst. Sie zeigten ein eigenartiges violettes Gitternetz aus Zahlen, Buchstaben und Linien, doch er konnte nicht erkennen, was es darstellen sollte, zu schnell änderte sich das Bild. Vor ihnen zeichnete sich ein Schatten ab.

„Wie kann ich dir helfen?", fragte der Techniker, ohne sein Tippen zu unterbrechen.

„Wie geht es dir, Lukas?", erwiderte Spook statt einer Antwort.

Der Mann zuckte kurz zusammen. „Spook Asem. Mir geht es bestens. Wenn das alles war, verschwinde wieder. Wie du siehst, habe ich zu tun."

„Das war nicht alles. Wir suchen jemanden, und dazu brauchen wir deine Hilfe."

Endlich unterbrach Lukas seine Arbeit und schwenkte seinen Stuhl herum. „War abzusehen. Wann brauchtest du nicht mal Hilfe? Unsterblich, und immer hilflos. Spook Asem."

Wie es nach der Prozedur üblich war, hatte sich Lukas Fae sich nicht geändert. Er war groß und muskulös, anders als Spook, der nur aus Haut und Knochen bestand. Ein stoppeliger Bart bedeckte seine untere Gesichtshälfte, seine dunklen, strähnigen Haare waren an der linken Seite abrasiert. Ein eigenartiges Gebilde aus Lichtlinien und Punkten verband sein rechtes Auge mit mehreren Stellen an seinem Kopf. Er trug eine schwere Kampfhose, fingerlose Handschuhe und eine halboffene Lederweste, die knarzend gegen den Stuhl schabte, als er die Hand ausstreckte und sich eine Getränkedose griff, die auf Scurm so beliebt waren. Schwarze Linien in beinahe mathematisch anmutenden Mustern zogen sich an seinem Hals entlang und verschwanden in seinem Nacken unter seiner Kleidung.

Spook seufzte. „Ich heiße nicht mehr Spook. Man nennt mich jetzt Ghost."

„Ghost, aha. Warum das?"

„Weil ich sonst in eine Menge Schwierigkeiten geraten würde, und das möchte ich verhindern."

„Nun, du bist auf Scurm, du bist in meinem Zuhause. Das bedeutet, dass du so oder so in Schwierigkeiten bist." Lukas nahm einen Schluck aus seinem Getränk und rülpste laut, ein grotesker Gegensatz zu seinem gutaussehenden Äußeren. „Was willst du?"

„Wie ich schon sagte, wir suchen jemanden."

„Wer sind wir?" Sein Misstrauen war ihm anzuhören.

„Ich und mein Begleiter."

„Warum hast du überhaupt jemanden, an den du dich bindest? Jeder weiß, was mit dir passiert ist. Du solltest jeden Sterblichen doch meiden wie ein Android ein Magnetfeld." Lukas spuckte aus.

Spook spürte den vertrauten Stich, als er an Abby dachte. Und den Grund, warum er mit Danja umherzog. „Er hat etwas, das ich brauche. Deswegen helfe ich ihm."

„Stehle es ihm doch einfach. Was hast du zu befürchten?" Lukas lachte.

„Es ist nicht so einfach. Wenn ich es ihm stehle, wird er mich töten. Er kann es. Und das möchte ich selbst tun."

Lukas' Lachen verstummte abrupt, und er würgte an seinem Getränk. „Du willst dein Leben beenden?", hustete er.

„Ja", sagte Spook schlicht.

„Das ist ein Brocken. Nach dreihundert Jahren hast du genug. War klar, nachdem, was sie angerichtet hat, aber nun, eigenartig ist es schon." Er schwieg für einen Moment, dann sah er auf. „Denkst du denn, dass du es kannst? Töten ist einfach, wenn man nur abdrücken muss, aber ein Messer in die eigene Brust, in die eigenen Handgelenke, ins eigene Auge drücken, ist schwerer, als es aussieht." Lukas strich über die Weste, direkt über seinem Herzen.

„Kein Schmerz wird schlimmer sein, als der, den ich verspürte, als sie mir genommen wurde. Ich habe die Kraft. Ich kann es. Aber dafür brauche ich etwas, und das hat er."

Wieder prustete Lukas in seine Dose. „Er hat dein Messer? Er hat dein Messer? Und du ziehst mit ihm durch die Quadranten, in der Hoffnung, er gibt es dir einfach so?"

Spook wollte nicken, doch er hielt inne. „Ich weiß, dass es nicht so einfach ist. Ich will sterben. Ich habe genug. Dazu brauche ich das Messer, das er hat. Aber wenn er erfährt, dass ich Spook Asem bin, und nicht Ghost, wird er mich töten. Er ist skeptisch, wütend und nachtragend, und er hasst Unsterbliche. Trotzdem will ich ihm das nicht antun. Wir sind Brüder, zwar nicht im Blut, trotzdem als Verbündete."

„Durch die Hand eines Bruders sterben. Das ist doch wunderbar. Besser, als durch die eines Feindes." Lukas schien seine Fassung wiedergewonnen zu haben.

„Ich will nicht, dass er mich so sieht. Ich will alleine sterben. Ohne, dass jemand merkt, wie ich langsam an meinem eigenen Blut ersticke."

„Hast du mit ihm nicht wieder einen Grund zum Leben?" Lukas' Tonfall wurde neckisch. „Einen Ersatz für sie?"

Spook ignorierte den Zorn, der sich in ihm zusammenballte. „Ich bin fertig, Lukas. Ich kann nicht mehr. Es vergeht kein Tag, an dem ich sie nicht vermisse, und mir wünsche, sie wäre bei mir. Die Ewigkeit ist allein eine ewiges Fegefeuer. Alles, worauf ich hoffen kann, ist, dass sie nach dem Tod auf mich wartet. Und wenn sie es nicht tut, dass nicht noch ein Leben voller Einsamkeit auf mich wartet."

Lukas schnalzte mit der Zunge und strich sich über die Haare. „Nun denn." Er zögerte kurz und murmelte etwas zu sich selbst.

„Was?", hakte Spook nach.

„Nichts weiter. Also nun, was suchst du?"

„Wir suchen zwei Personen. Einen Vraguar, Azurian Za'ak Shahakazam al-Kozar und Lemeska Jean Bantwell. Sie sollten in einem Schiff des Empire unterwegs sein."

Lukas schwang sich auf seinem Stuhl herum und trank einen Schluck. Er wollte gerade die Finger auf die Tasten legen, als er innehielt. „Du auch?", fragte er und wies auf die Dose.

Spook schüttelte den Kopf. „Ich mache mir nichts mehr aus solchen Dingen."

Lukas lachte erneut und begann, beeindruckend schnell zu tippen. Das Bild auf einem der Monitore veränderte sich, wurde schwarz, dann erschienen tausende gelbliche Punkte darauf. Spook versuchte nicht, seinen Aktionen zu folgen. Er hatte nie viel für Computer übrig gehabt. Es war stets Lukas' Domäne gewesen. „Sagst du, der mehr gesoffen, geschnupft und gespritzt hast als wir alle zusammen. Spook Asem ist trocken. Ich bin zutiefst beeindruckt. Also nun. Bantwell und Shahakazam. Ist das Mädchen nicht im Gefängnis? Und der Name Shahakazam... Da klingelt etwas bei mir. Hat sich bei irgendetwas bezahlt gemacht. Imperialer Held oder so."

„Es heißt, sie wäre ausgebrochen, und er hätte ihr geholfen."

Lukas hob die Augenbrauen. „Wer behauptet so etwas?"

„Das Empire."

„Und ihr müsst sie jagen?"

Spook zuckte mit den Schultern

Der Hacker schnaubte. „Schöne Zeiten sind es, in denen das Empire einen Unsterblichen und einen, was soll er sein, dein Begleiter, Kopfgeldjäger, losschickt, um ihre Verbrecher zu fangen." Er spuckte aus.

Spook zuckte mit den Schultern. „Ich habe mir den Auftrag nicht ausgesucht."

„Wer würde auch so endlos dumm sein, und Azurian Shahakazam und LemeskaJean Bantwell suchen." Der Bildschirm erstarrte, und ein blinkender Punkt erschien. „Das sind sie."

Spook beugte sich vor. „Wo sind sie?"

„Mein geliebter Spook, heute ist dein Glückstag. Sie sind genau hier, auf diesem verfluchten Planeten. Zumindest ist ihr Schiff es, und wenn sie es nicht spontan ausgetauscht haben, sind sie auch noch hier." Lukas grinste, seine Zähne leuchteten violett im Dämmerlicht, und er tippte erneut. „Sie dürften in einer der Bars sein. Wahrscheinlich diese." Er tippte auf das Bild, körnig durch den Sand, doch die Hütten waren klar zu erkennen. „Ich habe mich in die Überwachungsdrohnen gehackt. Die paar hoffnungsvollen Idioten, die denken, man könnte Scurm kontrollieren, lassen sie fliegen. Bringt zwar nicht besonders viel für sie, aber ich kann den Damen im Bordell in die Schlafzimmer gaffen, ohne meine Bude zu verlassen."

Spook sah ihn von der Seite an. Lukas war schon immer etwas ignorant gewesen, doch seit sie sich zuletzt begegnet waren, schien er zunehmend sein Leben aus dem Griff zu verlieren.

Nach mehr als dreihundert Lebensjahren konnte man es ihm jedoch nicht verdenken.

Lukas bemerkte seinen Blick. „Glotz nicht so dumm, Asem, jeder Mann braucht etwas, das ihm am Leben erhält, und wenn es die Titten von käuflichen Weibern sind." Er spuckte erneut auf den Boden.

Spook wandte sich ab.

„Was ist nur mit uns passiert, Spook", sinnierte Lukas. „Wir waren die Könige eines kleinen Imperiums, mit genug Geld, um uns Planeten kaufen zu können, und dann pissen wir einmal der Union ans Bein, und schon sind wir Kopfgeldjäger und Hacker, die fremden Leuten beim Vögeln zusehen."

„Du tust das", berichtigte Spook leise.

„Du tötest für Geld, also halt dich nicht für etwas besseres", parierte Lukas und nahm erneut einen Schluck.

Spook seufzte. Er tötete nicht nur für Geld, sondern auch jene, die er einst seine Brüder genannt hatte. Jene, die ebenso unsterblich waren wie er, mit den Messern, die Danja sammelte. Die die Zeichen trugen und schufen. Plötzlich schienen die Tätowierungen an seinem Rücken zu jucken, als würde erneut ein Meriego-Priester die Klinge mit der Tinte in sein Fleisch drücken und Kreise, Symbole und Linien in seine Haut zeichnen.

Er verfluchte, wie schon so oft, dass er sich je dazu hatte überreden lassen. Lange hatte es sich wie eine gute Idee angefühlt, doch nun wusste er, dass Unsterblichkeit ein Fluch war. Oft genug hatte er seine Grenzen getestet, doch alles, was er nun wusste, war, dass selbst ein Kopfschuss nichts weiter war als ein dröhnender Kopfschmerz. Niemandem wünschte er es. Auch nicht seinem ärgsten Feind.

Vor allem nicht seinem ärgsten Feind.

Er holte tief Luft, doch überlegte es sich dann anders. Gerade, als er zu einer Verabschiedung anheben wollte, fiel Lukas ihm ins Wort.

„Was ist, Asem?" Sein Tonfall war lauernd und belustigt. „Wir kennen uns zu lange, als dass ich nicht merken würde, dass du noch etwas wissen willst."

Spook lächelte halb. Lukas kannte ihn zu gut. Im Geiste entschuldigte er sich bei Danja, dafür, dass er sich nicht von Croons losreißen konnte.

Viel besser als Jacery war er wirklich nicht.

„Du weißt doch sicher, wo sich die anderen aufhalten. Die anderen Brüder", begann Spook.

„Ja, und? Deswegen bist du ja hier. Wen brauchst du?"

„Adalbast Croons."

Lukas hob eine Augenbraue. „Was willst du von Croons?", zischte er misstrauisch.

„Ich habe eine Rechnung mit Croons zu begleichen", sagte er leise. „Er hat sie getötet, und das werde ich ihm heimzahlen."

Lukas seufzte. „Binde dich niemals an einen Sterblichen, und du wirst ein glückliches Leben haben. Ich habe es dir oft genug gesagt."

Spook sah ihn an. „Bist du glücklich, Lukas?"

Der Hacker zuckte mit den Schultern. „Ich bin es nicht, der sich töten will."

„Würdest du es tun, wenn du dein Messer hättest?"

Lukas wandte den Blick ab und lachte freudlos. „Weißt du, Spook, darüber bin ich lange hinweg", murmelte er langsam, und Spook hatte das Gefühl, als wäre dies das erste ernst gemeinte Wort, das er sagte. „Ich hatte meine schwachen Momente, und glaub mir, ich habe die gleichen Versuche angestellt wie du. Man muss akzeptieren, dass die Welt um einen herum verkommt, und irgendwann gibt man auf. Statt gegen sie anzukämpfen, geht man mit ihr. Und wenn ich eines gelernt habe, beim Saufen und Verfaulen, dann, dass die Freude am Leben nicht zurückkommt, wenn man die Lebensmüdigkeit überwunden hat. Danach ist einem das Leben und die Welt einfach egal. Deswegen sitze ich jetzt so vor dir, wie ich bin." Er spuckte aus. „Denn das Leben ist schön. Wenn auch viel zu lang." Er trank einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. „Du willst Croons also töten. Wie willst du das tun? Ich sehe, du hast ein Gewehr, und dein Freund da draußen auch, aber das wird gegen ihn nichts nützen."

„Er hat Croons' Messer", sagte Spook, als wäre nun alles geklärt.

Lukas erstarrte in der Bewegung, seine Dose hing in der Luft. „Dein Freund. Er hat dein Messer, und er hat Croons'. Wer ist er?"

Spook wog sorgfältig seine Worte ab. Schon bei seiner Beschreibung von Danja schien Lukas etwas geahnt zu haben, und jeder Meriego kannte Danjas Spitznamen. Ein einziger falscher Satz, Lukas würde ihn mit Waffengewalt verjagen und Danja würde ihn dafür umbringen. Er konnte es. Er hatte sein Messer, Spook hatte es oft genug gesehen, lang und schmal, mit den mathematisch anmutenden Linien auf der Klinge. Es steckte in seinem Mantel zwischen dem goldenen Dolch, der zu Ezamkhias Delnimes gehörte, und dem groben Jagdmesser von Adalbast Croons.

Er räusperte sich umständlich. „Er mag die Messer. Er sammelt sie", erklärte er vage.

Lukas senkte die Dose. „Er hat noch mehr davon." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Spook schwieg unbehaglich. Er war noch nie ein guter Lügner gewesen, und verabscheute es. Und trotz der Jahre, die zwischen ihm und Lukas lagen, konnte er sich kaum dazu durchringen, ihn zu belügen. „Ja", wisperte er schließlich.

„Er arbeitet für das Syndikat, oder? Weißt du eigentlich, in welcher Gefahr du bist?" Lukas starrte ihn regungslos an. „In welcherScheiß-Gefahr ich bin? Er könnte mein Zuhause verraten, und dann wäre ich so gut wie tot!" Sein Tonfall war gedämpft, als fürchtete er, Danja könnte ihn hören.

„Ich würde ihn abhalten. Ich habe Danja...", begann Spook.

Lukas warf die halbvolle Dose durch das Cockpit. Mit einem widerlichen Laut knallte sie gegen die Wand, der Inhalt spritzte in alle Richtungen. „Dein Begleiter, der da draußen mit geladenem Reducer wartet, heißt Danja?"

Spook fluchte innerlich und senkte den Blick.

„Danja Lexington? Der Tod der Unsterblichen?"

Spook schwieg.

„Natürlich ist er es, wer sonst heißt Danja und trägt ein Meriego-Messer mit sich herum wie andere eine Laserpistole. Wer sonst würde mit dir Jagd auf Adalbast Croons machen. Heiliges Empire, hilf mir." Lukas sprang auf und packte ihn an den Schultern. „Spook Asem, bist du wahnsinnig? Danja Lexington tötet Unsterbliche wie andere Männer Kobaltkatzen! Und ihn nennst du deinen Bruder? Hilfst ihm vielleicht sogar, die anderen Brüder zu töten? Er arbeitet für das Syndikat, verdammt! Wo ist dein Gefühl für Ehre, Mann?"

„Wo ist dein Gefühl für Ehre, dass du Adalbast Croons deinen Bruder nennst? Nach allem, was er getan hat?", zischte Spook.

„Das ist nicht das Gleiche! Du redest hier von einem Killer ohne Gewissen, der für Geld mordet!"

„Und du von einem Wahnsinnigen, der Frauen vergewaltigt und Piloten für ihre Schiffe tötet! Von dem Mann, der meine Frau umgebracht hat, aus Eifersucht!"

Lukas wandte sich knurrend ab und wies auf die Tür. „Raus. Verschwinde aus meinem Schiff."

Spook hasste es, ihm zu drohen. „Der Tod der Unsterblichen steht vor deiner Tür. Schicke mich raus, und ich sage ihm, wer du bist. Dein Messer hängt neben Croons'."

„Hol ihn her, und ich brülle deinen Namen durch den Sturm. Spook Asem, der elende Hurensohn!" Lukas ballte seine Hände zu Fäusten.

Sie starrten sich an, durch das kalte violette Zwielicht. Lukas' Augen blitzten wütend.

Spook brach das eisige Schweigen. „Lukas. Es geht nicht darum, was Danja getan hat. Er hat viele von uns getötet, und auch einige, die dir und mir vielleicht etwas bedeutet haben. Aber er ist mein Weg, zu entkommen. Ich brauche Croons' und mein Messer, und dafür muss er mich bei sich dulden. Ich muss einen gewissen Schein bewahren."

„Wie viele hast du geholfen, zu töten?", grollte Lukas.

„Zwei", log Spook. Es waren weit mehr.

„Welche?"

„Roscan Obuley und Srany Miraga."

„Gut, ich dachte, du wärst verantwortlich für Tzema Urigru, möge er in Frieden zu den Sternen wandern."

Spook sah auf das flackernde violette Bild, um seinen Scham zu verbergen. Zu gut erinnerte er sich daran, wie er von einem schattenhaften Mann mit gelben Augen die Information bekam, dass Tzema Urigru sich in einem schäbigen Hotel aufhielt. Wenige Stunden später war er tot, und Danjas Mantel war um eine Waffe leichter geworden.

„Roscan war ein Arschloch und Srany eine verfluchte Schlampe." Resigniert nahm Lukas sich eine weitere Dose, öffnete sie und nahm einen Schluck.

Spook wandte sich wieder zu ihm. „Und Adalbast Croons ist kein schlimmer Mann wie Obuley?"

Lukas wand sich unwohl. „Doch. Er ist der Schlimmste. Aber..."

„Aber was?"

„Vor ein paar Wochen kam er zu mir. Mit den anderen."

„Mit wem?"

„Die Männer, mit denen er sich immer herumtrieb. Anatoly Karakis und Mad Morgan Maywell. Ich habe von Croons den Auftrag bekommen, dass ich den Computer seines Schiffs neu programmieren sollte. Und, dass ich jeden melden sollte, der nach ihm sucht."

Spook erstarrte. „Was hast du getan, Lukas?"

„Noch nichts." Er wirbelte herum und schlug eine Taste auf der Tastaturan. „Jetzt schon. Er wird einen von ihnen schicken. Maywell oder Karakis. Er selbst ist sich zu schade für so etwas."

Spook atmete tief durch und überlegte, wie er Danja warnen konnte. Der Kopfgeldjäger hatte das Messer von Maywell, erinnerte er sich. Hoffentlich würde nicht Karakis kommen, um ihn zu töten. „Wie haben sie dich dazu bekommen? Sie sind nicht deine Freunde."

„Für meine Arbeit bekomme ich Geld. Und sie haben freundlich gefragt. Sie mögen nicht meine Freunde sein, aber meine Feinde sind sie auch nicht."

„Er hat Abby getötet, Lukas!"

„Das macht ihn zu deinem Feind. Nicht zu meinem." Lukas knurrte und ließ sich schwer in den Stuhl fallen. „Wir haben uns zu lange nicht gesehen und können uns zu lange nicht mehr Freunde nennen, als dass deine Feinde auch meine sind."

Draußen röhrte ein Pod, und ein Reducergewehr flammte auf. Jemand schrie, immer noch zu hören durch die Wand des Schiffs und den Sturm.

„Sie sind beeindruckend schnell hier", bemerkte Spook, und hoffte, dass es nicht Danja gewesen war, der geschrien hatte. Übelkeit und Sorge stiegen in ihm auf, und er rang sie nieder. Danja war ein guter Kämpfer, und wusste sich zu wehren. Gegen jede Art von Gegner.

„Die Bars, in denen sie meistens absteigen, sind ganz in der Nähe. Um die Ecke, sollte man sagen." Lukas trank und tippte auf eine der Tasten, ohne sie vollständig zu drücken. Das leise Klappern zerrte an Spooks Nerven. „Dort, wo auch dein Vraguar und das Unionistenweib sein sollten. Vielleicht kannst du ja zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen."

Spook beobachtete seinen ehemaligen Freund, den Mann, dessen Platz nun Danja eingenommen hatte, und spürte den Ekel in sich aufsteigen. Lukas war immer schon ein Mann mit zweifelhaften moralischen Ansätzen gewesen, ein feiger, unfreundlicher Säufer, der die Welt und alles darin verachtete, doch nun, da er sich gegen Spook verschwor, nach allem, was sie erlebt hatten, schien er die Grenze seiner Fähigkeiten erreicht zu haben. Er widerte ihn an.

Er zog eine Grimasse und wollte sich auf den Weg nach draußen machen, um Danja zu helfen, als die Tür aufflog. Danja stürmte herein, begleitet von einer Wolke aus Sand und Dreck. Quer über seiner Stirn prangte ein Kratzer, doch davon abgesehen schien es ihm gut zu gehen. Sein Mantel stand offen, und Spook erkannte die Leere dort, wo einst Mad Morgan Maywells Messer gehangen hatte. Seine Kleidung zeigte dunkle Blutspritzer.

„Ich wurde angegriffen. Ich hoffe, dir geht es gut?", sagte er schnell und schnappte nach Luft. Seine Blicke huschten zwischen dem nervösen Lukas und Spook hin und her. „Ist das der Mann, der dir sagen soll, wo Bantwell und Shahakazam sind?"

Spook nickte und sah zu Lukas, der sorgfältig darauf achtete, dass sein Rücken bedeckt war. „Ja, das ist er."

Lukas knurrte leise. „Nicht weit von hier gibt es eine Bar. Ich habe ihm", er wies angespannt mit seiner Dose auf Spook, „den Weg erklärt. Sie hat keinen Namen, aber auf die Tür sind die Häute von Kobaltkatzen gespannt. Das zugehörige Schiff sollte in der Nähe stehen. Dort könnt ihr sie finden, wenn ihr Glück habt."

Danja musterte Lukas von oben bis unten, dann winkte er Spook zu sich und wandte sich zum Gehen. Spook wollte ihm folgen, doch Lukas hielt ihn zurück.

„S...Ghost. Viel Glück. Lasst Anatoly am Leben, wenn er dich nicht angreift", flüsterte er. „Er mag ein Hurensohn sein, aber er ist nur ein Mitläufer. Wenn Croons weg ist, wird er niemandem mehr etwas tun."

„Und Croons?"

„Er dürfte bei euren Gesuchten sein. Die Bar ist seine Lieblingsbar. Pass auf dich auf."

„Danke, Lukas." Spook packte ihm am Unterarm und drückte ihn leicht.

Energisch machte Lukas sich los. „Verpiss dich einfach. Verschwinde und komm nie wieder zurück. Verdammt, heiliges Empire, ich hoffe, ich muss dich nie wieder sehen."

Spook nickte ihm zu und schloss zu Danja auf, der seine Gasmaske wieder aufsetzte. Der Kopfgeldjäger sah ihn an. „Du hast nach Croons gefragt, oder?", wollte er wissen, doch er klang nicht wütend. Eher resigniert.

Der Wind schlug ihnen entgegen, als sie in den Sturm hinaustraten, und ließ ihre Mäntel flattern. Die Windspiele klirrten traurig, und die Neonlichter spiegelten sich blitzend in ihren Brillengläsern. Spook seufzte. „Ja."

Danja zuckte mit den Schultern. „Dachte ich es mir. Und, bist du jetzt zufrieden?"

Spook blickte kurz in den tosenden Sand. „Ja", antwortete er zu seiner eigenen Überraschung.

„Wo soll er denn sein?"

„Dort, wo wir auch Bantwell und Shahakazam finden."

Danja packte sein Gewehr fester. „Dann nichts wie hin."


~ ~ ~

Hach ja, mein unsterblicher Lieblingstechniker mit dem Zynismusproblem und der suizidale Unsterbliche mit seiner, äh, Bromance zu einem Neunzehnjährigen. Freaks allenortes.

Das Kapitel existiert in ähnlicher Form, seit ich Brotherhood geschrieben habe. Also seit ewigen Zeiten. Wirklich, diese Idee ist uralt.

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