Starfighter

Von TheFlayingNorthman

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Das Empire ist das Sinnbild für Recht und Ordnung im Universum. In ihrem Einflussgebiet herrschen Frieden und... Mehr

| dramatis personae |
1. Loyalitäten
3. Eine unentschuldbar dumme Idee
4. Zeit der Jagd
5. Der Tod der Unsterblichen
6. Eine Menge Scheiße
7. Unsterblich
8. Abschaum
9. Die Macht des Empire
10. Nebula Umbra (I)
10. Nebula Umbra (II)
11. Zurück im Spiel
12. Warum man lebt
13. Lügen
14. Vertrauen
15. Geisteratem
16. Finstere Pläne
17. Die Gewalt der Union
18. Brot und Spiele
19. Silber
20. Zorn
21. Handgreiflichkeiten
22. Verhandlungen
23. Lemeska (I)
23. Lemeska (II)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (I)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (II)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (III)
24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (IV)
AUTHOR'S NOTE
Licht und Schatten

2. Silverclaws

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Von TheFlayingNorthman

Ich werde dich nicht enttäuschen, General."

Don Maveric Lexington konnte nicht still stehen. Mit langen, ruhelosen Schritten strich er durch den Raum, während er darauf wartete, dass die restlichen Silverclaws eintrafen. Um ihn herum flimmerten Bilder, Daten, Diagramme und Videos durch die Luft, die Holoscreens, von denen sie stammten, summten leise. Gedämpfte Geräusche drangen aus verborgenen Lautsprechern und untermalten die Videos: Kämpfe, Schusswechsel, gebrüllte Befehle, und ein Verhör einer schlanken, blonden Frau in einem grellen orangefarbenen Horotai-Overall.

Obwohl Bella die Frau hasste, für das, was sie ihr angetan hatte, was sie ihr genommen hatte, beachtete sie die Videos und die Holoscreens nicht. Ihre Augen, eines dunkel und voller verhaltener Wut und Sehnsucht, das andere hellblau glühend, metallisch schimmernd und ohne jede Regung darin, folgten dem General und seinen langsamen Bewegungen. Ihr Blick strich über seine perfekt gebügelte graue Uniform, die Abzeichen und Medaillen daran, von denen sie wusste, dass er ihnen keine Bedeutung beimaß, die Schulterklappen, die seinen Rang anzeigten, und die makellos polierten Knöpfe, die er bis zum Hals geschlossen hatte. Doch sein Gesicht war es, was sie wirklich faszinierte, seine scharfen Gesichtszüge, seine grauen Augen, seine Haare, die an den Schläfen unter all seinen Sorgen und seiner Verantwortung bereits ergraut waren, die gerade Nase, die ihm einen adeligen Zug aus alter Zeit verliehen. Nicht der des heutigen Adels, der nur noch aus geldgierigen Industriemagnaten und ehrgeizigen reichen Minenbesitzern bestand, sondern jener Adel aus ehrbaren Männern, der von einem König für seine Dienste ernannt wurde.

Sie ertappte sich bei ihren eigenen schwärmerischen Gedanken und schüttelte sie wütend ab. Sie konnte sich keine Schwäche erlauben. Nicht vor den anderen Silverclaws, dem halben Dutzend Männer und Frauen, die um den Tisch herumlungerten, miteinander flüsterten, die Videos beobachteten oder sinnierend ins Nichts starrten, bei denen sie einen unerbittlichen Ruf hatte. Sie konnte es sich nicht erlauben, als ein kleines, verliebtes Mädchen dazustehen, die dem General nachstellte. Schon gar nicht vor dem General selbst.

Doch er wusste nicht einmal, dass sie existierte, so schien es ihr bisweilen. Selbst als sie Lemeska Jean Bantwell, die ihr nun gehässig von den Videos entgegenlächelte, ins Horotai gebracht hatte, hatte sie kaum mehr als ein freundliches Zunicken bekommen. Während Shahakazam ihre Errungenschaft für sich beansprucht hatte.

Sie spürte den vertrauten Druck ihres Zorns auf den Vraguar, als sie an ihn dachte. Sie waren verfeindet, seit dem Moment, in dem sie sich gekannt hatten, als Shahakazam nicht mehr als eine kleine, haarlose Ratte mit zu vielen Beinen gewesen war und sie ein stilles Mädchen mit einem stets wütenden Gesichtsausdruck. Ihre Feindschaft hatte sich durch ihre Ausbildung gezogen wie ein roter Faden, er hatte sie beleidigt und erniedrigt, sie hatte seine Waffen manipuliert, bis sie ihm in der Hand explodierten. Nie hatte er es ihr nachweisen können. Beide waren zu den Silverclaws gerufen worden, und beide hatten Leistungen gebracht, die weit über denen der anderen lagen, angestachelt durch den gegenseitigen Hass.

Doch es hatte nur einen einzigen Vorfall geben müssen, einen Außenposten auf Aiya, ein paar verirrte Schüsse und ein abgestürztes Schiff, und Bella war hinter ihm zurückgeblieben. Vergessen hatte man sie, während Shahakazam zum Helden des Empire wurde.

Ihre Finger zuckten, krümmten sich um den Abzug des Blasters, der gesichert an ihrer Hüfte hing, als der Vraguar den Sitzungsraum betrat, gefolgt von einigen anderen Silverclaws. Die Anwesenden blickten auf, und Bella wandte angewidert den Blick von der offenen Freude auf ihren Gesichtern ab. Sie hatten sie nicht eines Blickes gewürdigt, als sie eingetreten war.

Was sie jedoch wirklich schmerzte, war der Schatten eines Lächelns, der sich auf Don Lexingtons Gesicht ausbreitete, als er seinen besten Piloten erblickte.

Denjenigen erblickte, von dem er glaubte, er sei sein treuester Gefolgsmann. Bella wusste, dass Lexington sich irrte. Shahakazam kümmerte sich nicht um Lexington, um Don Lexy, wie er ihn nannte. Kein Respekt, bemerkte Bella voller Abscheu.

Lexington räusperte sich, und das Murmeln der Silverclaws verstummte. „Meine Damen und Herren, wir haben beunruhigende Neuigkeiten erhalten. Sicher ist ihnen allen Lemeska Jean Bantwell bekannt, die Tochter des carunischen Fürsten Calixtus Bantwell, der sich der Captain nennt. Er ist einer der mächtigsten Männer des organisierten Verbrechens im Carunischen System, das sich die Union nennt. Vor zwei Jahren, als die Kriegshandlungen zwischen dem Captain und dem Duke von Emr zunahmen, nutzten wir die Gunst der Stunde und nahmen Lemeska Jean gefangen. Somit hätten wir den Captain zusätzlich geschwächt."

Passend zu seinen Worten huschten Bilder und Videos zu den Genannten über die Holoscreens, und Bella lauschte fasziniert und ein wenig enttäuscht dem Vortrag des Generals. Sie wünschte sich, er hätte ihren Namen ausgesprochen, als diejenige, die Bantwell ins Gefängnis gebracht hatte, doch so musste sie sich damit begnügen, es sich vorzustellen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Shahakazams Nachbar ihm in die Seite boxte und ihm einen anerkennenden Blick zuwarf. Sie biss die Zähne zusammen und wandte sich wieder Lexington zu. Ein wesentlich besserer Anblick, fand sie.

„Seit dieser Zeit haben wir die Union überwacht. Vor kurzem haben wir eine Nachricht abgefangen, die von Bantwell persönlich an einen seiner Funktionäre ging. An wen genau, ist nicht bekannt, doch die Botschaft war eindeutig. Die Union plant, Lemeska Jean Bantwell aus dem Gefängnis zu befreien."

Die Silverclaws sahen sich unwohl an, eine Frau regte sich nervös auf ihrem Stuhl, doch einer von ihnen, ein muskulöser Mann mit schwarzen Tätowierungen im Gesicht lachte nur. „Ich würde gerne sehen, wie die Mafia es anstellen will, in eine Festung einzubrechen. Sollen sie doch kommen! Die werden an fünf Meter dickem Stahl zerbrechen wie Mamis bestes Porzellan", bellte er fröhlich. „Und was danach noch von ihnen übrig ist, verarbeiten die Reducerkanonen zu Staub."

Lexingtons Schattenlächeln bewegte kaum seine Gesichtszüge. „Ich beglückwünsche dich zu deinem Optimismus, Breacon, aber wir haben Grund zur Sorge. Auch die Union hat schwere Waffen. Und auch ein einzelner Mann könnte sich in das Gefängnis einschleichen und sie von innen heraus befreien. Egal, was wir tun, die Möglichkeit, dass sie entkommt, besteht immer."

„Dann töten wir sie", schlug Breacon vor. „Dann hat der Captain keinen Grund mehr, sich mit uns abzugeben."

Bella schnaubte leise. Breacon bewies immer und immer wieder, dass er mehr Kraft als Hirn hatte.

Lexington war offensichtlich der gleichen Meinung. „Bis auf die Tatsache, dass wir seine Tochter getötet hätten. Wir haben einen Vertrag mit ihm. Er wird das Empire und seine Bürger weder angreifen noch Geschäfte im Einflussgebiet des Empire abschließen, solange wir sie nicht verletzen."

Breacon sah sich verwirrt um. „Verletzt der Captain nicht den Vertrag, wenn er sie befreit?"

Lexington verzog das Gesicht. „Schwer zu sagen. Aber ohne sie haben wir kein Druckmittel mehr gegen ihn. Und er hat immer noch Mittel und Wege, uns zu schaden. Er ist mächtiger, als wir zugeben wollen. Und er wird noch stärker, wenn er beweisen kann, dass er das Kronjuwel unserer Unionsbekämpfung aus unserem Tower stehlen kann. Er würde uns erniedrigen. Und das dürfen wir nicht zulassen."

„Was tun wir also?", fragte Breacon, immer noch mit dem gleichen verwirrten Gesichtsausdruck.

„Ganz einfach", meldete sich Shahakazam zu Wort, und wie auf einen geheimen Befehl schienen die Silverclaws richtig zuzuhören. Bella unterdrückte ein verächtliches Stöhnen. „Wir verhindern es. Was ist der Plan, Don Lexy?"

„Wir werden Lemeska Jean Bantwell aus dem Horotai hierher verlegen, in eine Hochsicherheitszelle im Hauptquartier des Empire." Lexingtons Stimme hatte einen leisen missbilligenden Unterton, doch er verschwand beinahe unter seinem Wohlwollen. Bella wünschte sich still, er würde so zu ihr sprechen. „Es ist der einzige Ort, der sich in Fragen der Sicherheit mit dem Horotai messen kann. Der Captain wird es nicht wagen, in das Herz des Empire einzudringen."

Bella wusste, dass Captain Bantwell vor nichts zurückschrecken würde, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, doch Lexington hatte recht. Das Hauptquartier war der Ort, an dem Lemeska Jean Bantwell am sichersten verwahrt war.

Lexington baute sich vor den versammelten Silverclaws auf. „Zwei von uns werden aufbrechen, um das Mädchen zu holen und sie hierher zu bringen. Eine einzelne Person ist zu wenig, und eine größere Gruppe würde nur die Aufmerksamkeit der Union auf sich ziehen. Sie werden so schnell wie möglich aufbrechen, zum Horotai fliegen, Lemeska Bantwell holen und sie hierher bringen. Alle zwei Stunden soll eine Nachricht gesendet werden, um mich davon zu versichern, dass alles glatt läuft. Sollte das nicht der Fall sein, werde ich die anderen losschicken, um nach den zweien zu suchen, also seid bereit."

„Wer von uns wird sie holen gehen?", fragte Breacon interessiert.

Lexington hob zu einer Antwort an, doch Bella kam ihm zuvor. „General Lexington, ich melde mich freiwillig. Ich habe Bantwell ins Gefängnisgebracht, und ich betrachte es als meine Pflicht, sie nach Condra zu begleiten", sagte sie fest. Dass einige der Silverclaws verwunderte Blicke tauschten und zu Shahakazam sahen, beachtete sie nicht.

Der General nickte ihr zu. „Gewährt, Captain Jacery. Der andere Teilnehmer wird Captain Shahakazam sein. Seine Verdienste für das Empire sind beachtenswert, und ich bin mir sicher, dass er der Aufgabe gewachsen ist."

Shahakazam setzte sich gerader hin und ließ die Glückwünsche der Silverclaws auf sich hinabregnen. „Danke, General, es ist mir eine Ehre", sagte er geschmeichelt.

Bella warf einen kurzen Blick zu ihm, und er fing ihn auf. Sein charmantesLächeln änderte sich unmerklich und wurde zu einem verschlagenen Zähnefletschen, eine wortlose Aufforderung zum Kampf. Bella lächelte ihm verächtlich zu. Sie hasste es, dass sie zum Zusammenarbeiten gezwungen waren, und sie hasste es, dass Lexington ihn gelobt hatte und sie nicht.

Doch sie würde sich gegen ihn beweisen, das wusste sie genau. Sie war besser als er, und auch Lexington würde es eines Tages bemerken.

„Zur Öffnung des Horotai wird ein Dekret des Präsidenten benötigt, das ich bereits beantragt und auch bekommen habe." Lexington zog einen kleinen, stiftförmigen Gegenstand hervor und aktivierte ihn. Das Dekret flammte auf, das Siegel glühte gleißend rot. „Es kann nur von vier Personen genutzt werden, von mir, dem Präsidenten, Shahakazam und nun auch Jacery. Somit kann die Union es nicht stehlen und kein Unionist kann sich als einer von uns ausgeben." Er reichte das Dekret an Shahakazam weiter, der es überrascht und interessiert in den Klauen drehte. „Ihr werdet morgen aufbrechen. Der Rest hält sich bereit. Jegliche Anträge auf freie Tage sind vorerst gestrichen und können fortgesetzt werden, sobald Bantwell hier hinter Gittern sitzt."

Breacon gab einen unwilligen Laut von sich, doch Lexington überging ihn. „Noch Fragen?" Einstimmiges Kopfschütteln. Der General nickte seinen Untergebenen zu. „Ihr dürft gehen. Shahakazam, Jacery, macht eure Schiffe klar und lasst sie überprüfen. Informiert eure Lotsen. Danke."

Die Silverclaws erhoben sich, der Holoscreen erlosch und die verdunkelten Scheiben wurden langsam wieder erhellt. Mit raschelnden Uniformen und klackenden Stiefeln verließen die Piloten den Raum, begierig darauf, dem Sonnenlicht entgegenzutreten. Bella machte ein großes Aufheben darum, ihre Unterlagen langsam zusammenzupacken und ihre Jacke so umständlich wie nur möglich wieder anzuziehen, nur um mit Lexington einen Moment allein zu sein. Fieberhaft überlegte sie sich, was sie sagen könnte, doch der General nahm ihr die Entscheidung ab.

„Gibt es noch etwas, Jacery?", fragte er, Erschöpfung schwang in seiner Stimme mit.

Bella sah ruckartig auf, ihre schwarzblauen Haarsträhnen flogen durch die Luft. Für einen Moment war sie dankbar, dass man ihr Erröten auf ihrer braunen Haut nicht sehen konnte. „Nein, General."

Still hoffte sie, dass er sie dafür loben würde, dass sie sich freiwillig gemeldet hatte, doch erneut kümmerte er sich nicht um ihre Erwartungen. „Gut. Ich hoffe doch, deine Fehde mit Shahakazam wird euch nicht von einer erfolgreichen Zusammenarbeit abhalten?", fragte er mit einem warnenden Unterton, während er seine Unterlagen zusammenlegte und in eine Tasche schob.

„Nein, auf keinem Fall, General." Oh doch, das würde sie. Das wusste Bella schon jetzt.

„Hervorragend", sagte Lexington einsilbig.

Nervös überlegte Bella, wie sie noch weiter mit ihm sprechen konnte, doch ihr wollte nichts einfallen. „Ich werde dich nicht enttäuschen, General", versprach sie schließlich.

Lexington sah nicht von seinen Papieren auf. „Das hoffe ich. Du kannst wegtreten."

Bella nickte steif, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Sie durfte ihre Feindschaft zu Shahakazam nicht in ihre Arbeit einspielen lassen, niemals. Denn sie wollte Lexington nicht enttäuschen. Sie wollte, dass er sie bewunderte und mochte, und dass er realisierte, dass sie existierte. Dass sie mehr war als eine der vielen Captains, die bei den Silverclaws dienten.

Dieser Einsatz, schwor sie sich, würde dafür sorgen. Und wenn sie Shahakazam dafür vom Himmel schießen musste.

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