Vertrauen fassen

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Als er am späten Mittag erwacht, spürte Severus deutlich seine Knochen. Die recht unbequeme Position, in der er geschlafen hatte, führte dazu, dass er ein stechender Schmerz seinen Oberarm hinauf wanderte. Vorsichtig bettete er den noch schlafenden Harry neben sich und stieg aus dem Bett, um sich zu strecken.

Er sah aus dem Fenster. Der Sonnenschein vom Morgen, war einem verwaschenen Grau gewichen. Nieselregen fiel auf die Straße. Snape seufzte und drehte sich zu seinem Sohn, der noch immer schlief. Er musste ihn wecken. Der Junge musste essen und er wollte so schnell wie möglich mit ihm ins Manor, damit er endlich andere Sachen bekam. Severus setzte sich an das Bett seines Sohnes und strich ihm sacht über den Kopf.

»Hey aufwachen...«, sagte er sanft und Harry blinzelte.

»Wie geht's dir?«, wollte Severus wissen. Der Junge setzte sich etwas auf und griff nach seiner Brille.

»Ganz okay glaub ich.«

»Gut. Ich geh schnell ins Bad und mache dann etwas zu essen. Komm runter, sobald du soweit bist«, sagte der Lehrer, stand vom Bett auf und war bereits an der Tür, als er Harrys Stimme hörte.

»Dad?«, die Stimme war leise, aber Severus hatte es genau verstanden. Langsam drehte er sich um. Er spürte sein Herz bis zum Hals schlagen. Es war dieses Wort, dieses eine Wort, das er so gerne all die Jahre hören wollte. Dieses Wort, das er glaubte, nie zu hören.

»J-ja?«, seine Stimme war kratzig und er räusperte sich.

»Danke...«, kam es nun von dem Gryffindor. »Danke, dass du heute Nacht hier warst!«, Severus ging zurück zum Bett und gab seinem Sohn einen Kuss auf die dunklen Haare.

»Natürlich!«, sagte er und verließ dann das Zimmer. Er ging ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Er stieg unter die Dusche und konnte nicht verhindern, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Severus wusste nicht, warum er weinte. Es war Freude darüber, dass Harry ihn als Vater offenbar akzeptierte und es war die Trauer um Lily. Trauer, die er nie zugelassen hatte. Nun brach sie wie ein Sturm über ihm herein und er konnte sich nicht dagegen wehren.

Er war viel länger im Bad, als er geplant hatte. Aber es dauerte, ehe er sich beruhigen konnte. Als er aus dem Bad trat, sah er, dass Harrys Zimmer leer war. Schnell lief er nach unten. Als er in die Küche kam, stand Harry am Herd und hielt eine Pfanne in der Hand.

»W-was tust du da?«, wollte Severus wissen und trat näher. Der Gryffindor erschrak und ließ die Pfanne fallen. Er konnte gerade noch wegspringen und verhindern, dass ihm das schwere Küchengerät auf den Fuß fiel. Sofort wich er zurück an die hinterste Küchenwand.

»T-tut mir leid, das wollte ich nicht!«, wimmerte er und hielt die Arme schützend über den Kopf. Severus war wie erstarrt. Die Panik, die Harry bekommen hatte, die Schutzhaltung, dass alles brach ihm das Herz. Mit dem Schwenker seines Zauberstabs ließ er die Reste des Essens verschwinden. Langsam ging er auf Harry zu, der inzwischen mit angezogenen Knien an der Wand kauerte. Der Lehrer hockte sich vor seinen Sohn, vermied aber, ihn zu berühren.

»Harry, es ist alles in Ordnung. Du hast nichts falsch gemacht. Komm, lass uns aufstehen, okay?«, doch der Junge reagierte nicht. Er schüttelte den Kopf.

»N-nein du musst mich bestrafen, ich hab das Essen fallen lassen...«, schluchzte er. Snape war fassungslos. Was hatten diese Muggel seinem Sohn nur angetan? Er streckte die Hand aus und strich Harry über die Haare. Das Kind vor ihm wich etwas zurück, ließ es aber dann geschehen, dass sein Vater ihn hochhob und sich mit ihm auf dem Schoß auf einen der Küchenstühle setzte.

»Harry, sieh mich bitte an«, sagte Severus und zögernd sah der Junge auf.

»Solche Sachen passieren, hörst du? Es ist nichts, wofür man jemanden bestrafen sollte. Es war nicht deine Schuld. Ich hab dich erschreckt und das tut mir leid. Ich werde dir nie wehtun. Verstehst du das?«

Aus der FerneDonde viven las historias. Descúbrelo ahora