Gib nicht auf

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Severus wusste nicht, wie lange sie beide so dagesessen hatten. Wie lange er seinen Sohn im Arm gehalten hatte. Irgendwann zuckte Harry leicht zurück und sofort ließ der Tränkemeister ihn los.

»Hast du Schmerzen?«, wollte er wissen. Zögernd nickte der Junge.

»Es ist dein Rücken, oder? Ich muss ihn noch mal behandeln. Nur so kann er vollständig heilen. Darf ich?«, wieder nickte Harry. Snape ahnte, welche Überwindung es für das Kind war. Nach allem, was er erlebt haben musste, war es ein Wunder, dass er ihm überhaupt so weit vertraute.

»Okay, du musst das T-Shirt ausziehen und dich hinlegen. Ich verspreche, ich bin vorsichtig«, sagte der Tränkemeister so sanft wie möglich. Harry sah ihn ängstlich an, zog aber das Shirt aus und legte sich auf den Bauch. Er hatte Schmerzen und er wollte, dass es aufhörte. Immer wieder sagte er sich, dass Snape sein Vater war, ein Vater, der ihn offenbar aufrichtig liebte. Er versuchte, seine Panik niederzukämpfen, aber es gelang ihm nur bedingt. Er atmete schneller und in seinen Ohren rauschte es. Doch plötzlich war da die Stimme seines Vaters. So sanft und einfühlsam, so wie Harry sie nie vorher gehört hatte.

»Ganz ruhig, hab keine Angst«, sagte der Lehrer und ganz langsam entspannte der Gryffindor sich.

Er als er das Gefühl hatte, Harry würde nicht in Panik geraten begann Severus mit der Behandlung. Er entfernte den Verband, der die Wunden darunter bedeckte. Sie sahen viel besser aus, als noch vor wenigen Tagen, aber auch die Diptam-Essenz hatte sie nicht sofort vollständig heilen können. Vorsichtig träufelte er die Essenz auf die Wunden. Der Junge zuckte immer wieder leicht.

»Gleich vorbei«, sagte Severus beruhigend. Nun waren die Verletzungen, beinahe vollständig geschlossen. Zufrieden bedeckte der Tränkemeister die frische Haut wieder mit einem Verband und half dem Kind beim Anziehen seines Shirts. Erschöpft ließ sich Harry in die Kissen sinken.

»D-Danke«, stotterte der Gryffindor.

»Schon gut, das war das Mindeste«, sagte Severus und lächelte.

»So du solltest jetzt wirklich schlafen. Morgen reden wir weiter, okay?«, Harry nickte.

»Bleibst du noch«, wollte der Junge zögernd wissen.

»Wenn du willst.«

»Bitte«, sagte der Gryffindor und drehte sich leicht auf die Seite. Severus zog sich den Stuhl an das Bett. Nur Minuten später war Harry eingeschlafen. Sanft strich der Tränkemeister, seinem Sohn durch das rabenschwarze Haar, bevor er das Zimmer leise verließ.

Er lief die wenigen Stufen zum Wohnzimmer hinunter. Er war wenig überrascht, als er Lucius im Sessel vor dem Kamin sitzen sah.

»Ich dachte, ich lasse mich selbst rein«, sagte dieser und reichte dem Tränkemeister nun ein Glas Wein.

»Danke«, sagte Severus, griff nach dem Glas und ließ sich seufzend auf den anderen Sessel sinken.

»Und? Hast du ihm alles gesagt?«, der Tränkemeister nickte matt.

»Sev, nun lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Wie hat er reagiert?«, wollte Lucius wissen und stellte sein Glas ab.

»Wie schon? Er war natürlich vollkommen geschockt und ist weggelaufen.«

»Weggelaufen? Aber er ist wieder da, oder?«

»Ja, keine Sorge. Es war meine Schuld, i-ich wusste nicht, wie ich es am besten mache, also hab ich ihm meine Erinnerung an seine Geburt gezeigt.«

»Bei Merlin Sev«, stöhnte der Blonde.

»Ja, ja ich weiß, es war dumm. Aber ich dachte, so ist es am einfachsten.«

Aus der FerneWhere stories live. Discover now