~Kapitel 16~

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Die Nacht kam schnell und mit ihr die Kälte, die das komplette Schiff einhüllte und wegen der sich die Teammitglieder in dicke Sachen eingehüllt hatten. 

Enya war dabei allerdings nicht entgangen, dass Freya eine der warmen Jacken von Naemi trug, die ihr allerdings ein wenig zu groß war, was sie aber wenig zu stören schien. Auch nun standen die beiden Mädchen dicht nebeneinander und unterhielten sich leise, wobei beide sehr glücklich wirkten. Lächelnd beobachtete Enya die beiden und wünschte sich dabei unbewusste, irgendwann auch jemanden zu finden, dem sie so nah sein konnte, wie Freya und Naemi sich nah standen. 

Plötzlich trat jemand neben sie und der Geruch nach Feuer und Kräutern umgab sie. Als sie aufsah, sah sie direkt in Neos silbergraue Augen, die sie warm musterten. ,,Wir sind jetzt da. Ab hier ist das Gebiet der Seedrachen", erklärte er und ließ seinen Blick über das Meer gleiten, dessen Wellen nun etwas wilder als noch Mittags gegen das dunkle Holz des Schiffes schlugen und ein lautes Klatschen hinterließen. Enya nickte Neo zu und richtete ihren Blick dann in den Himmel, der von dunklen Wolken verdeckt wurde, hinter denen sich die Sterne versteckten, als würden sie nicht mit ansehen wollen, wie das Schiff von den Monstern aus der Tiefe zerstört und die Besatzung gefressen wurde. Schnell schüttelte Enya diesen Gedanken wieder ab. Niemand würde hier gefressen werden! 

Die Teams von Leran und Lucitana hatten sich anscheinend dazu entschlossen, diese Nacht vor dem Gebiet der Seedrachen zu verbringen, was Enya sehr gelegen kam, denn so konnte sie ihren Vorsprung leicht ausweiten. ,,Gut. Sag den anderen, sie sollen sich bereit halten. Wir fahren jetzt in das Gebiet hinein", wies sie Neo an, der nickte und sich auf den Weg machte, den anderen ihren Befehl zu überbringen. 

Enya blieb an der Reling stehen und schloss die Augen, versuchte, das Wasser unter sich zu spüren, mit ihm zu verschmelzen. Sie fühlte, wie eine geisterhafte Berührung, wie das Wasser unter ihr mit ihrem Geist verschmolz, dann ließ sie ein paar Wasserströme des Meeres in eine Richtung fließen und versuchte sich, ein Bild von der Umgebung zu machen. Plötzlich nahm sie eine Bewegung neben sich wahr, dann spürte sie, wie das Wasser über einen schuppigen, gewaltigen Körper floss. Sie fühlte die scharfen Krallen des Meeresdrachen, nur dazu geschaffen, Wesen die Kehle aufzureißen, als sie leicht mit dem Wasser darüber strich, sie fühlte den muskulösen Körper des Tieres, das lautlos durch das tiefe Wasser glitt, immer höher zur Meeresoberfläche. Schnell schlug Enya die Augen wieder auf und schnappte nach Luft. 

Panik machte sich in ihr breit, setzte sich in ihrem ganzen Körper fest, ließ sie erstarren und ihr Herz schneller schlagen, doch Enya ermahnte sich, ruhig zu bleiben, atmete ein paar mal tief durch. Zog die kalte Nachtluft tief ein und stieß sie dann in einem langen Atemzug wieder aus. 

Ein und aus. 

Ein und aus. 

Die kalte Luft tat ihre Wirkung, es war, als würde Enya mit der Luft alle negativen Gedanken ausatmen, bis sie schließlich wieder ganz ruhig war. Sie war bereit für die erste Prüfung. 

Das Schiff setzte sich wieder in Bewegung, durchschnitt die Wasseroberfläche und schlug große Wellen, als es langsam wieder los segelte und immer näher den unheimlichen Unterwasserwesen kam. 

Neben ihr konnte Enya eine Bewegung wahrnehmen und ohne zu schauen wusste sie, dass es Ilyas war. ,,Bist du nervös?", fragte ihr bester Freund, der sich zwei gekreuzte Schwerter auf den Rücken geschnallt hatte. Enya trug nur wie gewohnt ihr Schwert bei sich und hatte dazu ihre Kampfkleidung an. ,,Ein wenig, ja", beantwortete Enya die Frage ihres Gegenüber und zwang sich zu einem Lächeln, das er etwas verspannt erwiderte. Man merkte, dass er es nicht gewohnt war, zu lächeln. 

Schweigen lag über dem Schiff, als es sich seinen Weg durch das Gebiet des Meeres bahnte, das am tiefsten nach unten ging und auf dessen Meeresgrund wahrscheinlich tausende Leichen von Seefahrern oder Fischern lagen und inzwischen wahrscheinlich schon vergessen worden waren. Nur namenlose Opfer, die keine weitere Bedeutung hatten, sondern inzwischen nur noch erwähnt wurden, wenn man kleinen Kindern von den Gefahren des Ozeans der Stürme erzählte. Man erzählte sich auch, dass dort, wo die Seedrachen hausten, kein einziger Sonnenstrahl jemals ihre dunklen Höhlen berührt hatte. Ein Schauern fuhr über Enyas Rücken. 

Kampf auf den WellenWhere stories live. Discover now