Verwirrt

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Gemeinsam in diesem Bett zu liegen, war genauso seltsam, wie ich es erwartet hatte. Wir lagen beide auf dem Rücken und starrten unsicher an die Decke.

"Kannst du schlafen?" Seine heisere Stimme sprach immer noch von dieser unterschwelligen Unsicherheit. Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Wir hatten an diesem Abend so viel voneinander Preis gegeben und trotzdem waren wir Fremde füreinander.

"Nein." Ich drehte meinen Kopf, damit ich ihn ansehen konnte. "Erzähl mir etwas über dich", bat ich und er drehte sich ebenfalls zu mir.

"Ich soll dir etwas erzählen?" Er war verwirrt und ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht noch breiter zu grinsen.

"Ja. Wir haben irgendwie die Reihenfolge verdreht. Eigentlich lernt man sich doch erst kennen, bevor man im Bett landet oder?"

Er musste das Grinsen in meiner Stimme gehört haben, denn er erwiderte mit einem frechen Lachen. "Nicht unbedingt. Manchmal ist weniger mehr." Ich gab ihm das Kichern zur Antwort, das er hören wollte.

"Nein, im Ernst. Erzähl mir etwas über dich. Erzähl mir von einer peinlichen Situation, über die du heute lachst. Oder - warum färbst du deine Haare schwarz, wenn dein Wolf gar nicht schwarz ist?"

Er lachte. "Oh das kann ich beides mit einer Geschichte erzählen." Er rollte sich auf die Seite und stütze sich auf seinen Arm. "Es fing an, als ich so dreizehn oder vierzehn war. Ich bat meine Eltern, Musikunterricht zu bekommen. Am liebsten Gitarre oder Schlagzeug. Aber Klavier wäre auch okay gewesen. Meine Eltern wollten mir keinen Wunsch abschlagen, doch ich glaube, sie haben nie etwas so bereut, wie das." Er lachte herzlich bei dem Gedanken daran."Sie bezahlten die besten Lehrer, brachten mir die besten Instrumente, doch es änderte nichts daran, wie schlecht ich wirklich war. Innerhalb kürzester Zeit hatten meine Eltern so viele Beschwerden der Nachbarn, dass sie mir verboten, jemals wieder ein Instrument anzufassen. Angeblich soll sogar jemand gedroht haben, uns wegen Lärmbelästigung zu verklagen." Sein Lachen wurde lauter und ausgelassener. "Seit dem musste ich mir immer andere Hobbies aussuchen. Ich kriege sogar schiefe Blicke, wenn ich beim Aufräumen singe oder so."

"Und was hat das mit deinen Haaren zutun? Wolltest du Rocker werden oder so?"
Nathan warf mir einen schalkhaften Seitenblick zu. "Dafür dass du so locker mit deinem Körper umgehst, bist du manchmal sehr naiv."
Ich verstand den Zusammenhang immer noch nicht.

"Ich wollte Mädchen beeindrucken. Offenbar passen schwarze Haare gut zu meinen blauen Augen. Es bringt Mädchen reihenweise zum dahinschmelzen", erklärte er und grinste mich wissend an. Achja. Das erste mal, da ich ihn gesehen hatte, war er mir auch aufgefallen. "Sag mir nicht, dass das nicht der Grund für dein Äußeres ist."

"Du meinst Leute ins Bett zu kriegen?" Ich zog eine Augenbraue hoch und sah an ihm herunter und wieder herauf. "Weil ich so erfolgreich damit bin?"

Er grinste schief bei meiner Reaktion. "Ich bin ja wohl kein schlechter Fang!"

Jetzt stützte ich mich auch auf meinen Arm und musterte ihn. "Du bist hübsch, aber den Rest kann ich noch nicht beurteilen." Ich hielt länger als sonst den Augenkontakt zwischen uns aufrecht. "Du bist anders als ich. Obwohl wir doch ähnliche Situationen erlebt haben. Das ist ..." Ich wollte nicht aufregend sagen, auch wenn es das Wort auf meiner Zunge war. "Du bist spannend." Es war nicht viel besser, aber doch ein bisschen, redete ich mir selbst ein.

"Was meinst du?" Das Nathan sich so ehrlich für die Dinge interessierte, die ich sagte, traf mich viel mehr, als sein gutes Aussehen. Er lockte mich aus der Deckung, ohne das ich es hätte verhindern können.

"Ich gebe mir diese Mühe mit meinem Äußeren nicht, um anderen zu gefallen. Ich musste bis vor wenigen Wochen bei allem, was ich tat, darauf achten, dass ich mein Geheimnis nicht verriet." Langsam dämmerte es ihm. "Ich färbe meine Haare in der gleichen Farbe des Fuchses, damit nicht auffällt, wenn die Füchsin doch mal das Ruder an sich reißen will. Ich trage Klamotten, die wenig bedecken, weil es einfacher ist, aus ihnen heraus zu schlüpfen, wenn ich mich zu schnell in einen Fuchs verwandelt habe." Ich zog meine Hand unter meinem Kopf weg und zeigte ihm meine gebrochenen und rissigen Fingernägel. "Und ich klebe mir künstliche Fingernägel darüber, damit niemand die Spuren sieht, die die Krallen hinterlassen." Schnell ließ ich meine Hand wieder unter meinen Haare verschwinden. "Ich bin nur deshalb so gut mit Make-up geworden, weil ich Dinge wirklich nur auf die harte Tour lerne. Als Kind wundert sich noch niemand über blaue Flecke oder Kratzer, aber je älter man wird, desto ungewöhnlicher wird es." Es war wirklich spannend mit ihm zu reden. Man sah ihm an, dass er über die Dinge nachdachte, die ich sagte. Die meisten hier hatten nicht lange unter normalen Menschen leben müssen. "Deshalb hättest du auch ohne meine Absicherung nie befürchten müssen, dass ich etwas verrate. Ich weiß, wie schwer Geheimnisse auf einem lasten können."

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