Hilflos

242 16 3
                                    

Mit einem Knall, der augenblicklich meine Lähmung vertrieb, schlug die Tür auf. Ich floh vor Herr Fletcher, wie ich noch nie in meinem Leben vor einem anderen Menschen geflohen war.

Ich hörte Knurren, tief und bedrohlich. Es wurde lauter und ich zwang mich, hin zu sehen. Herr Fletcher hatte einen der Wohnzimmerstühle schützend vor sich, während Nathan, halb Wolf halb Mensch sich vor ihm aufbaute.

"Versuchen Sie sowas nie wieder", grollte er und drehte sich zu mir herum. Das Herz in meiner Brust rebellierte so heftig, das meine Lungen nicht wussten, was zu tun war. Einatmen? Ausatmen? Ich wusste, dass ich hyperventilierte, aber ich hatte keine Zeit, mich zu beruhigen.

Ich ließ alles hinter mir, stürzte zur Haustür, mit den Händen an der Wand, um die Kurve zu kriegen, die Füße noch in den grauen Pantoffeln. Der Regen war so heftig, dass er einen undurchdringlichen Vorhang bildete, der mir nach wenigen Metern die Sicht unmöglich machte. Ich rannte trotzdem weiter, ohne auch nur zu Zögern. Das Tor zwischen Vorgarten und Straße stand offen. Ich schlitterte hindurch und rannte weiter gerade aus. Weg von dem Haus, weg von der Straße, Hauptsache weg.

"Bist du verrückt? Wo willst du hin?" Nathan packte mich am Arm, doch ich schrie wie am Spieß, riss mich los und fiel von dem Ruck zu Boden. Schlamm spritzte mir bis ins Gesicht und ich hustete, weil ich noch immer panisch durch den Mund atmen musste. "Du kannst nicht zurück zum Wohnheim!"

Sofort warf ich den Kopf herum, um ihn anzusehen. Was? Ich kroch rückwärts auf allen Vieren von ihm weg. In dem Moment erhellte ein Blitz die Szene. Nathan hatte besorgt die Augenbrauen zusammengezogen, machte aber keine Anstalten, mir zu folgen. Ich zuckte so heftig zusammen, als der Donner ohne Verzögerung kam, dass meine Muskeln davon schmerzten.

"Hast du solche Angst vor mir?"
Ich nickte heftig, während ich nach Luft rang. Es zu verneinen wäre lächerlich gewesen.

"Entschuldige." Langsam ging er in die Knie, um mit mir auf einer Höhe zu sein. "Du kannst nicht zum Wohnheim zurück, weil zwischen uns und dem Gebäude eine weite, offene Fläche ist."

Wieder ein Blitz, dieses Mal war der Donner so laut, dass ich instinktiv die Hände zu den Ohren riss. "Komm." Nathan hielt mir eine Hand hin und wartete. Es vergingen einige Sekunden, ehe ich mich genug gefasst hatte, um auch nur einen klaren Gedanken zu finden. Er hatte Recht. Das Gewitter war direkt über uns. Selbst im Wald wären wir sicherer, als auf der Rasenfläche.

Ich streckte meine Hand nach seiner aus und gerade, als er meine Finger erreichte, schlug ein Blitz nicht unweit von uns in einen Baum ein. Der Knall war so laut, dass all meine Ruhe sich in Nichts auflöste. Ich griff so fest nach Nathans Hand, dass ich ihn um ein Haar zu mir herunter gerissen hätte. Stattdessen holte er mich auf die Füße und rannte mit mir los. Er hatte offenbar einen Plan und ich ergab mich ohne Frage. Ich wollte nicht sterben und wenn er nicht vor hatte, sich vor allen zu outen, würde er diesen Wunsch mit mir teilen.

Zu meinem Entsetzen brachte er uns zurück zu den gepflasterten Weg. Ich konnte auf keinen Fall dorthin zurück! Ich drückte Nathans Hand fester, um ihm zu signalisieren, dass das ein Fehler war, doch er zog mich weiter. Ich hatte irgendwo einen Hausschuh verloren und fand auf dem überschwämmten Weg nicht genug halt, um mich ihm zu widersetzen. Die Füchsin in mir jaulte. Sie hatte genug. Sie wollte mich aus der Situation retten. Ich spürte, wie sich meine Krallen ins Nathans Hand bohrten, doch er ließ nicht los.

Er drückte meine Hand fester und zog mich an dem Haus vorbei. Es brannte kein Licht mehr. Er wollte gar nicht zum Lehrer zurück. Na klar. Wieso hatte ich sowas verrücktes gedacht? Stattdessen rannte er den Weg entlang zur anderen Seite der T-Kreuzung und bog mit mir dort in den ersten Vorgarten ein. Mit der freien Hand holte er ein Schlüsselbund aus einer zerrissenen Hose und öffnete uns die Tür.

The FoxTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon