Kapitel 1

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Cara

~heute

"Cara, ich bin heute Abend mit Sarah im JJ's bist, du dabei?", hörte ich die Stimme meiner Freundin Alycia hinter mir, gerade als ich durch das Eingangsportal des San Francisco Kindred Hospital trat.

Ich drehte mich um und betrachtete sie skeptisch, als sie ebenfalls den Eingang passierte und mit wehenden Haaren auf mich zu kam.
Seit ich vor drei Jahren zu ihr nach San Fransisco gekommen war, versuchte sie seitdem, mich mit irgendwelchen Typen zu verkuppeln. Sie hatte wohl Angst, dass ich mal als zittrige Frau mit mehr als 10 Katzen enden würde.

Es war süß von ihr, wirklich, aber ich wollte das eigentlich gar nicht.
Ich brauchte erst einmal Zeit für mich selbst. Ja, ich weiß, drei Jahre waren viel Zeit für mich selbst, aber trotzdem wusste ich immer noch nicht, ob ich eine Beziehung gerade wirklich wollte.
Das alles hatte ich ihr schon oft genug erklärt, aber sie konnte und wohlte das nicht einsehen, also schleppte sie mich jedes Wochenende in eine andere Bar. Heute hatte sie mal wieder das JJ's ausgesucht, eines ihrer Lieblingslokale.

Mir selbst war das JJ's auch am liebsten, dort herrschte eine sehr angenehme Atmosphäre und ich hatte das Gefühl, dass die Besitzerin Cindy mich fast schon als ihre Enkelin ansah. Sie war eine unglaublich süße, ältere Dame, die mit ihrem Mann Steven das JJ's schon seit über 20 Jahren führt.

Und das netteste an den beiden war, dass sie mir immer, wenn ich in die Bar kam, den ersten Drink spendierten.
Alycia, die mich immer noch erwartungsvoll ansah, zog jetzt eine Schnute, als sie sah, wie ich skeptisch die Augenbrauen zusammen zog.

"Bitteeee", machte sie und schob die Unterlippe vor. So, wie sie sich manchmal benahm, würde ihr keiner glauben, dass sie in weniger als drei Monaten ihre Jugendliebe heiratete und eine feste Familie gründete.

"Das wird toll, glaub mir. Es wird einfach ein netter Mädelsabend, nur du, Sarah und ich. Und außerdem ist Freitag."
Sie sah mich mit solchen großen und treuherzigen braunen Augen an, dass ich dann doch schwach wurde und zusagte.
Sie quietschte freudig und klatschte begeistert in die Hände.

Dann griff sie nach meinem Arm und zog mich in Richtung Aufzug.
Als ich einen kurzen Blick auf die Uhr warf, die über der Information hing, wurden meine Schritte schneller.
Wir hatten noch fünf Minuten, bis unsere Schicht begann und wir mussten uns noch umziehen und fertig machen.

Alleine würde ich dafür vielleicht wirklich nur fünf Minuten brauchen, allerdings hatte ich Alycia im Schlepptau, die für das ganze schon mal zwanzig Minuten brauchte.

Sie war der Typ Frau, der gefühlte zehn Minuten, bevor sie los zur Arbeit musste, aufstand und sich dann an ihrem Arbeitsplatz fertig machte.
Auch war sie, warum auch immer, der Meinung, dass sie jeden Tag Lidschatten auftragen musste.

Neben ihr fühlte ich manchmal wirklich underdresst und hässlich. Das Mindeste, was bei mir bei der Arbeit ins Gesicht kam, war Concealer, Puder, Wimperntusche und manchmal etwas Rouge, wenn ich mal wieder aussehen sollte wie eine weiße Wand.

Was zugegebenermaßen ziemlich oft vorkam.

In diesem Job bekam man eben nicht allzu viel Schlaf, aber es war nun mal mein Traumjob, den ich um keinen Preis aufgeben wollte.
Da nahm ich den wenigen Schlaf natürlich in Kauf.

Auch nahm ich in Kauf, dass uns Dr. Luddington jetzt missbilligend ansah, als wir wenige Minuten zu spät in den Gemeinschaftsraum kamen.
Dass es nur etwa fünf Minuten Verspätung waren, hatte ich nur Alycias heutigem Aussehen zu verdanken, denn sie befand sich heute als "hübsch genug ohne Makeup, um nicht jedem Patienten gleich einen Herzinfarkt zu verpassen".

Manchmal war sie wirklich ein Dummkopf. Meiner Meinung nach war sie die hübscheste Person, die ich kannte, aber in ihrer Sicht war sie gerade mal unterer Durchschnitt.
Das konnte vielleicht auch daran liegen, dass ihr Selbstbewusstsein in der High School ziemlich gelitten hatte.

Sie war dort etwa zwei Jahre mit einem wirklich ekelhaften Typen namens Gordon Jenner zusammen, der wirklich alles, was sie getan oder gesagt hatte, niedermachte.
Das hatte ihrem Selbstbewusstsein einen ziemlich Knacks gegeben, aber seit sie mit David zusammen war, hatte sich das langsam wieder gebessert.

"Da Dr. Lewis und Dr. Morgan nun endlich auch an unserer Besprechung teilhaben wollen, kann ich nun endlich anfangen", sagte Dr. Luddington nun und warf uns einen strengen Blick zu.

Ich hob entschuldigend die Schultern und sah mich dann suchend im Raum um, während Dr. Luddington von irgendwelchen neuen Patientenverteilungen sprach, da Dr. Den-Namen-hatte-ich-noch-nie-in-meinem-ganzen-Leben-gehört in Mutterschaftsurlaub war und Dr. Malkin noch auf Kuba festsaß, da sie dort ihre Flitterwochen verbracht hatte und ihr Flieger jetzt wegen eines heftigen Sturms nicht starten konnte.

Endlich entdeckte ich Mason, der mit Carina auf einem der Tische hockte und gelangweilt Dr. Luddingtons Monolog lauschte.
Als ich vor drei Jahren nach San Fransisco gekommen war, hatte mich Alycia gleich am ersten Arbeitstag mit den beiden bekanntgemacht.

Mason kam aus San Jose, was nur ein Katzensprung von San Fransisco entfernt war und Carina kam aus Mexiko, wohnte aber schon seit mehr als 18 Jahren an der Westküste.
Ich hatte beide total ins Herz geschlossen.

Sie mich auch, obwohl ich mit meiner manchmal ziemlich verkorksten Art schon so manch anderen verschreckt hatte.

Nach der alltäglichen Besprechung machte ich erst einmal mit meinen Assistenzärzten einen Rundgang durch die Krankenzimmer, die Visite, und bereitete mich danach für die OP eines gewissen John Melark vor.

Er war gerade mal 25, Amateurfootballer und war irgendwie mein Stammpatient geworden. Mindestens zweimal im Jahr kam er in unser Krankenhaus, wenn er sich wieder einmal bei einem seiner Footballspiele verletzt hatte.

Ohne Witz, ich hatte wirklich das Gefühl, dass man sich bei  Amateursport schneller und schlimmer verletzte als im Profibereich.

Den einzigen Profisportler den ich mal behandeln durfte war ein Basketballer in meinem 2. Assistenzjahr, der sich das Sprungelenk gebrochen hatte.
Den Namen hatte ich schon wieder vergessen. Mir war es egal, wer die Person war, die ich opertierte. Es war mir egal, ob es der zweite Michael Jordan war oder einfach nur ein Junge, der sich beim Basketball spielen auf dem Pausenhof in der Schule den Knöchel gebrochen hatte.

Aber seitdem ich eben jenen Basketballer behandelt hatte, waren zwei Jahre vergangen, ich war Fachärztin der Orthopädie geworden und gehörte - ohne jetzt angeben zu wollen - zu einigen der besten jungen Sportärzte an der Westküste der USA. Diesen Namen hatte ich mir in nur einem Jahr gemacht, doch wie genau ich das bewerktstelligt hatte, wusste ich auch nicht so  genau. Ich machte nur meinen Job und das wohl ziemlich erfolgreich und gut.

Die letzte Zeit kam es auch öfter vor, dass irgendwelche Privatpatienten explizit nach Alycia, die ebenfalls schon eine anerkannte Ärztin war, oder mir fragten, weil sie gehört hätten, dass wir die beiden besten Sportärztinnen aus San Fransisco und Umgebung wären.

Keine Ahnung, ob das wirklich stimmte, aber es ehrte mich schon sehr, denn es war schön, für den Job, dem man gerne machte, auch Anerkennung bekam.




Hey, Leute,

es tut mir echt leid, dass das neue Kapitel so lange auf sich hat warten lassen, aber irgendwie kam ich die ganze Zeit nicht dazu, weiter zu schreiben. Ich hoffe aber, dass ich in der nächsten Zeit wieder regelmäßig ein Kapitel hochladen kann. :)

Ich freue mich wie immer sehr über eure Votes und Kommentare ;)

Sucker For Him | Band 2Where stories live. Discover now