Teil 9 - Lost

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Kapitel 20

Ben wurde verordnet noch einen gesamten weiteren Tag in der Krankenstation zu verweilen.
Obwohl er sich zunächst gewehrt und wiedersprochen hatte, willigte er letztendlich doch ein.
Sein Körper schien tausendfach so schwer wie normalerweise und seine Kopfschmerzen wurden um einiges stärker, wann immer er versuchte sich für eine längere Periode aufzusetzen.
Rey war, seitdem er sie weggeschickt hatte, nicht wiedergekommen und obwohl es ihm eine gewisse Last von den Schultern nahm, machte ein Teil von ihm sich gleichzeitig Sorgen dass er sie verschreckt oder verärgert haben könnte. Es lag nicht wirklich in ihrer Natur, und das wusste er, dennoch plagte ihn ein schlechtes gewissen, wenn er doch wusste dass er im recht war. Sein Vorhaben war zu ihrem besten.

Er hörte wie sich die eingangstür mit einem stillen zischen öffnete und jemand sich in den Türrahmen stellte.

"Kann ich reinkommen?"
fragte Finn in dem versuch souverän zu klingen, doch in seiner stimme klang die Verunsicherung mit.

"Sicher."
Er setzte sich auf und musterte seinen Gast mit unterdrückter Verwunderung.
Das geteilte Misstrauen wurde offensichtlich als sich ihre starren Blicke trafen.

"Fühlst du dich besser?"
Ben würde den genzwungenen Smalltalk am liebsten vermeiden, doch wenn Finn so tun würde als hätte er interesse an seinem Zustand, würde er so tun als hätte er interesse an einer unbedeutenden Konversation mit ihm.

"Ja, danke." er schluckte
"Ich nehme an mittlerweile wissen alle hierüber bescheid"
Er hatte nicht wirklich lust noch mehr aufzufallen als er es schon sowieso tat.

"Ach mach dir keine Gedanken, verwundete Neuankömmlinge ist der Widerstand schon gewohnt."
Beide wussten dass dies hier eine weitaus andere Situation darstellte, aber er schätzte den Versuch wert.
Ben lächelte.

"Ich schätze du bist aber nicht hier um mir das mitzuteilen, nichts für ungut."
Finn wirkte ertappt.
Er nickte langsam und trat über die türschwelle.

"Du weißt dass ich dir nicht vertraue."
Er sprach es aus wie eine Frage, aber in Wirklichkeit war es nur eine Feststellung.

"Ich weiß. Ich würde es an deiner Stelle auch nicht"
Finn nickte.

"Ich weiß nicht ob ich es jemals können werde, aber" er pausierte
"-sie tut es und weil wir uns alle um sie sorgen muss ich dich jetzt offen fragen ob du ihr bestes willst oder ob du in zwei Wochen zurück in deiner alten Haut bist."
Er sprach unglaublich schnell aber genauso mit ernstem Nachdruck.
"Denn wenn das der Fall ist dann-"

"Nein." unterbrach er ihn.
"Sie bedeutet mir etwas. Und ich will ihr bestes, nichts anderes"
er setzte sich etwas aufrechter hin
"Und ich werde nie mehr zurückgehen. Nie mehr"
Er sprach mit fester Stimme

"In Ordnung" sagte Finn
"Hör zu, ich weiß nicht was ich davon halten soll, aber du hast sie gerettet, also verdienst du wohl einen Vertrauensvorschuss.
Rey braucht niemanden der auf sie aufpasst, aber du kannst dir sicher sein, dass ich da sein werde falls du ihr irgendetwas antust."

"Werde ich nicht."
Er war weniger eingeschüchtert von Finn, sondern mehr von der Vorstellung dass er dazu im stande wäre. Und er wusste dass er es war.
Er hatte ihr bereits weh getan, wenn es auch lange zurück lag.
Er konnte es nicht noch einmal zulassen.

"Du hast Recht, sie braucht niemanden, aber ich werde mich fürs erste um sie kümmern.
Das sind meine einzigen Absichten.
Du hast mein Wort."

Finn musterte ihn für eine Sekunde und nickte dann erneut.
"Wenn du dich wieder fit fühlst, warten frische Sachen auf dich.
Essen findest du sicher auch noch."
Er hatte das Thema schnell gewechselt, doch Ben wusste dass er es ernst meinte.

"Danke, Finn" sagte er dann und sprach somit zum ersten mal seinen Namen aus.

"Keine Ursache Solo"
Er lächelte kurz und verließ dann das Zimmer.

Ben atmete aus, das hätte schlimmer laufen können.
Er nahm Finns besuch als Anlass die Krankenstation, trotz Anweisung des Pflegers, zu verlassen.
Er mochte die Weißen Wände nicht, da sie ihn an seine eigenen Quartiere errinerten.

In seinem eigenen Zimmer fand er tatsächlich neue Kleidung.
Ein weiteres weißes Hemd, das nun aber über Zeit, eher beige wirkte.
Dazu eine dicke Jacke mit fell Verfeinerung. Es war warscheinlich notwendig, wenn die nächte wirklich so kalt waren wie er gehört hatte.
Er zog sich um, blieb aber dennoch im Zimmer, da seine Schmerzen ihn noch immer nicht komplett verlassen hatten.
Er lehnte sich an die steinerne Wand und schloss seine Augen.
Zum ersten Mal hatte er keine Vision, keinen Traum, nur Stille. Nur Leere.

Er spürte ihre Anwesenheit bevor sie vor ihm stand und er musste lächeln.

"Hey" sagte sie
Er öffnete die Augen.

"Hey"
Er musste für ein paar Stunden geschlafen haben, denn der Himmel war nun deutlich abgedunkelt.

Sie suchte seinen Blick
"Ich wollte-"

"Nein, kann ich zuerst etwas sagen?" frage Ben
Sie nickte.

"Es tut mir leid wie ich vorhin mit dir gesprochen habe, du hast es nicht verdient so behandelt zu werden.
Vor allem nicht von mir.
Ich-"

"Es ist in Ordnung."
Sie setzte sich neben ihn auf die Pritsche und schaute nach vorne.
"Du fühlst dich nicht gut."

"Es ist nicht deine Schuld."

"Ich weiß aber ich wünschte-
Es tut mir leid, was passiert ist.
Deine Eltern...Du..."

"Rey, hör auf, bitte.
Ich will nicht dass du dich entschuldigst."
Er drehte ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste.

"Du bist so ziemlich das einzige dass noch geblieben ist. Ich will nur dass du weißt, dass ich dankbar bin, weil ich nicht weiß wie ich das verdient habe." er legte seine Stirn in Falten.
"Was ich getan habe ist unvorstellbar, ich erwarte nicht mal dass du mir verzeihst und trotzdem bist du hier, ich verstehe es nicht."
Seine Augen brannten
Sie öffnete ihren Mund.

"Bitte sag nichts."
Er wollte nicht dass sie sich dafür verantwortlich fühlte, dafür zu sorgen dass es ihm besser ging.
"Danke." flüsterte er, zog ihr Gesicht sanft näher an das seine, und presste seine Lippen auf die Ihren.
Er legte seine Hände vorsichtig auf ihren Armen ab, während sie ihre in seinen Haare vergrub.
Ihre Augen waren geschlossen, und für einen intimen Augenblick gaben sie sich nur einander hin.
Ben versuchte jede Vision zu vermeiden, er wollte nicht die Zukunft sehen. Dieser Moment reichte.
Als sie sich voneinander lösten, hielt sie sich noch immer an ihm fest und er strich ihrem Arm hoch und runter.
Er lächelte. Sie erwiederte es.

Rey ließ sich in seine Arme sinken und er hielt sie fest. Er beobachtete sie während er ihre Atmung auf seiner Brust spürte.
Sie wirkte ruhig, zwanglos.
Noch nie war er so gelöst und frei von Gewalt und Krieg gewesen.
Er fühlte Frieden. Erstmalige Vollkommenheit, er wollte dass es genug war, doch er sehnte sich weiter nach mehr. Nach verganenem.










Stand by you (reylo) Where stories live. Discover now