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Mona ließ sich auf ihrem Platz im Klassenzimmer nieder und starrte auf das dampfende Essen hinab. Sie hatte nicht im geringsten Hunger um auch nur einen Bissen hinunterzukriegen.

Mit einem Seufzer griff sie in die Schultasche und holte ihre Kopfhörer hervor. Ihr Kopf fühlte sich so unbeschreibbar schwer an und eigentlich wollte sie nur mehr nachhause. Doch sie hatte nur noch zwei Stunden und die Mittagspause zu überstehen, weswegen sie dieses Verlangen unterdrückte.

Letztes Jahr war ihr dieses viele Fehlen vom Unterricht zum Verhängnis geworden, doch so hätte es nicht geschafft, alleine aus dem Bett zu kriechen. Mit der nicht vorhanderer Motivation wäre sie von selbst wieder rücklings hineingefallen.

Sie hat ihn gehasst dafür, dass er ihr das alles angetan hat und Mona deswegen die Klasse wiederholen musste.

Doch im Anbetracht der Umstände bezweifelte sie ihre damalige Denkweise. Vielleicht war sie zu viel in Selbstmitleid versunken und hat dies mit Hass auf Ryoyu überspielt. Sie hat offenbar einfach einen Sündenbock benötigt, der für ihre Probleme verantwortlich war.

Er war der Auslöser und schlussendlich auch verantwortlich.

Irgendwie würde sie gerne wissen, wie es ihm in dieser Zeit ergangen war. Da er sich nach knapp einem dreiviertel Jahr aufmachte, um Mona zu suchen, wird es ihm kaum besser ergangen sein als ihr.

Ich habe ihn beschäftigt.

Erneut mit einem Seufzer, riss sie sich aus ihrem Kopf und bemerkte, dass sie ihre Kopfhörer nur als Deckschatten aufgesetzt hat. Doch sie beließ es dabei, da sie im Moment nicht wusste, was sie hören sollte. Zum ersten Mal seit langer Zeit verlangte es ihr nicht nach dem altbewährten Metal.

Langsam wurde ihr mulmig um ihr selbst.

Mona begann in den Spaghetti herumzustochern, als sie Lachen durch die Kopfhörer vernahm, welches langsam näher kam. Ihre Augen drehten sich von selbst und Angst kroch in ihr hoch. Dennoch versuchte sie nach außen gelassen zu wirken, während sie desinteressiert versuchte, wenigstens etwas zu essen. 

Sie legte sich ihr Smartphone auf den Tisch und las nebenbei Nachrichten, die sie ablenken sollten. Mona aß oft mehr, wenn sie mit jemanden sprach oder etwas las. Doch in dieser Klasse mit jemanden zu sprechen, hatte sie noch nicht miterlebt.

Einzig und allein war das kichernde Kleinkind in der letzten Reihe verantwortlich, welches Mona den Aufenthalt ihres letzten Jahres an dieser Schule mächtig zur Hölle machte und aufgrund deswegen sich niemand traut, sich mit ihr anzufreunden. Mona hat es sich alleine mit ihrem veränderten Aussehen nicht einfacher gemacht, dass Menschen offen auf sie zukommen, doch der Hauptgrund lag bei ihm.

Mona verfolgte die Sprachfetzen, die hinter ihrem Rücken über sie ausgespuckt und von Kichern begleitet wurden, krallte sich ihre Hand immer fester an den Tisch.

Am Anfang hat sie sich einen Kopf darum gemacht, doch hat sie mit der Zeit gelernt, dass es vielleicht uninteressant für die Gang werden würde, wenn sie sie einfach ignoriert; im Gegenteil, es wurde schlimmer. Mona begann nur mehr Japanisch zu fluchen und versuchte sich in ihrer Welt zu verstecken. Sie ließ es über sich ergehen.

Doch jetzt verspürte sie den Drang danach, dass sie den Spieß umdrehte und sich ein schöneres Leben beschaffte. Jeden Tag mit eiskalten Händen vor dem Spiegel zu stehen und sich selbst mehrfach überreden müssen, dass das Heute nicht schlimmer als das Gestern werden würde, begann ihr langsam wieder psychisch zu viel zu werden.

Mona hatte nicht im Sinn die Klasse nach zwei Monaten wieder zu schmeißen. Dann müsste sie sich endgültig von der Schule und ihrem Abschluss verabschieden, da es kein drittes Mal gab, dieselbe Klasse zu wiederholen.

[ryoyu kobayashi] etānitīWhere stories live. Discover now