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Der Zug kam zum Stillstand und eine Menschenmenge drängte sich nach draußen auf den Bahnsteig. Es gab weder ein Chance sich aus diesem Strom zu lösen, weswegen sie beschlossen weiterzugehen. Einfach mit in die Unterführung, durch diese sie schlussendlich auch zum Ausgang kommen würden. Und von diesem mit der nächsten Busverbindung zur Bergiselschanze.

Heute war der Tag, viel zu langsam war die Zeit vergangen und nun endlich gekommen. Trotz des rauen Wetters, haben sie es sich nicht nehmen lassen, zur Schanze zu gehen und dort das Trainingsspringen zu beobachten. Es waren wenige Menschen bei den sogenannten Probedurchgängen und die Chancen standen um einiges höher, Autogramme zu ergattern. Dies war zumindest sein Plan.

Mit einer geschickten Handbewegung zog er ihr das Smartphone aus der Hand, welches sie die kurze Zugfahrt in die Hauptstadt nicht aus den Augen gelassen hat. Es wirkte fast, als würde sie ohne dies nicht leben können.

"Hey!", rief sie empört und sah ihn mit einem äußerst aussagekräftigen Blick an. Es war ihr Leben, welches er gerade in einem festen Griff hielt. Die Hand, in der sich das Smartphone befand, weit in die Höhe gehoben und nur das Kabel war alles, was es noch mit ihr verband. In der Jackentasche surrte etwas leise vor sich hin und der Wind pfiff ihnen um die Ohren. Auffordernd streckte sie eine Hand ihm entgegen und wollte es wieder haben. Sie hatte lange daran gearbeitet und in gewisser Maßen gezwungen worden zu sein, nur zur Schanze mitzufahren, kürzte ihr wieder etwas Zeit.

Sie hatte ein Werk.
Sie arbeitete ununterbrochen daran.
Und sie hatte einen knappen Zeitplan, um es zu verwirklichen.

"Wenn ich schon mit dir mitgehen und dein Erziehungsberechtigter sein muss", malte sie unsichtbare Anführungszeichen in die Luft, ehe ihre Hand wieder an die selbe Position in der Luft wanderte. "Lass' mich wenigstens noch die letzte Zeile Code fertig schreiben."

Mit einem kurzen Seufzer gab er sich geschlagen und das Smartphone wieder zurück an seinen rechtmäßigen Besitzer. Er wusste, würde er es behalten und weiter sich einen Spaß damit machen, es ihr vorzuenthalten, würde sie auf der Stelle umdrehen und in den nächsten Zug steigen. Somit war sein Ausflug gecancelt, da er als Minderjähriger nicht alleine dort hinein kommen würde.

Ihre Finger flogen schnell über die Tastatur und setzten damit weiße Buchstaben auf schwarzen Hintergrund, die er nicht im geringsten lesen, weder noch einziffern konnte. Es war eine eigene Sprache.

Der Bus hielt quietschend vor ihren Füßen und sie stiegen ein. Auf halber Strecke würden sie aussteigen und zu Fuß weiter gehen, da der Weg am kürzesten war. Nervös umklammerte er sein Buch und starrte aus dem Fenster. Die Häuser flogen vorbei und sie hatte sich immer noch nicht von ihrem Smartphone gelöst. Schließlich zog sie das kleine geräuschvolle Teil aus ihrer Manteltasche und ließ es in ihrer Handfläche ruhen, um das Kabel zu ziehen, welches es mit dem Smartphone verband. Ein kleiner Einplatinencomputer, verpackt in ein aus Legosteinen gebautem Gehäuse und mit einem Lüfter versehen, der das Surren von sich gegeben hat. Es war ihr Abschlussprojekt, welches sie für die Schule machen musste.

"Ich schaffe das nie", seufzte sie und verstaute die beiden Dinge in ihrer kleinen Umhängetasche. Um ihre Stirn zog schon ein leichter Kopfschmerz, zu viel hatte sie gedacht und zu wenig Schlaf, dass sie nicht einmal ihre Ferien genießen konnte. Im derzeitigen Anbetracht, war es eigentlich gut gewesen, sich überreden zu lassen. Sonst wäre sie wahrscheinlich nie nach draußen gekommen.

Kopfschüttelnd, erhob sich die Person vor ihr und machte sich bereit, bei der nächsten Haltestelle auszusteigen. Es wurde verdammt knapp werden, rechtzeitig zum Training zu kommen. Ihnen blieb schlussendlich nicht viel anderes über, als zu laufen oder zu spät zu kommen.

"Die Codes sind zu kompliziert und wenn ich nur einen Fehler einbaue, kann ich doppelt so lange suchen, wie ich gebraucht habe ihn auszutüfteln."
Sie rieb sich über die Stirn und erhob sich ebenfalls. Sie machten die wenigen Schritte bis zur noch geschlossenen Bustür. Das Buch, in dem Jonah Autogramme sammeln wollte, drückte er fest an sich.

[ryoyu kobayashi] etānitīWhere stories live. Discover now