prologue: till your voice is running out

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Mit einem kurz erfreuten Seufzer, sah er auf seine Armbanduhr und versuchte kein zu übermäßiges Lächeln aufzusetzen. Ein einfaches, leichtes stand sowieso schon seit dem Gedanken seines Plans auf seinen Lippen.  

Eine Hand klammerte sich an die bereits matte, graue Metallstange, die an der Wand befestigt war; er starrte am Fenster der Tür hinaus. Der Zug wanderte ratternd über die Schienen und damit er immer weiter seinem Ziel entgegen. Draußen flog die Landschaft mit ihren Bäumen, Häusern und Straßen vorbei. 

Es war ein wundervoller Sommertag. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen und die Temperaturen waren angenehm. Eigentlich würde er heute Training haben und auch die nächsten Tage in einem dieser Camps verbringen, doch er hat sich umentschieden. Seine Ski sind zuhause geblieben und alles, was nur an seinen ausgeführten Sport erinnerte, war die rote Jacke mit den Sponsorenaufnäher und dem Japan Schriftzug am Rücken. Er hat sich diese Jacke über das Shirt geworfen, in grauen Shorts, einem Paar Converse und einem kleinen Rucksack auf dem Rücken in dem das nötigsten war, hat er das Land verlassen. 

Er fühlte sich wie ein Wanderer auf einer Welttour, der per Autostopp voran kam. Ziellos und neugierig. Doch er war keinesfalls motiviert planlos, er wusste, wohin es ging. 

Der Zug kam mit einem leichten Ruck zum Stillstand und pfeifend gaben die Bremsen ein Zeichen von sich. Der Knopf, der ihm auffordernd grün entgegenleuchtete, ihn zu betätigten, ließ nach dem Druck die Türen nach links und rechts aufgleiten. Er stieg auf den Bahnsteig und betrachtete erst einmal den klaren Blick zum Himmel, während die Menschen sich an ihm vorbeidrängten; dieses wunderschöne Blau, welches ihm zuhause meist durch seidige Wolkenfelder verweigert war. Auch wenn er durch das Skispringen das meiste zuhause verpasste und es sich dort kaum mehr für ihn anfühlte, zu leben, hatte er durch die Reisen und verschiedenen Bewerbsorte die Möglichkeit, den Himmel von vielen verschiedenen Flecken auf der Erde zu betrachten. 

Er sah um sich. Der Bahnsteig war mit grauen Steinen bedeckt und ein Dach aus dunkelblauen Aluplatten schützten die Reisenden bei ungestümen Wetter. Ein Schild mit der Bezeichnung des Bahnhofs baumelte von diesen und er erkannte in der Ferne die Treppe. Über dieser hing ebenfalls ein dunkelblaues Schild von der Decke und zeigt mit einem orangen Pfeil auf die Unterführung, wodurch man zu Bahnsteig 1 bis 4 kam. Er stand gerade auf Bahnsteig 5 nach seiner Beobachtung. 

Seine Füße setzten sich in Bewegung und seine Augen waren auf den gepflasterten Weg des Bahnsteigs gerichtet. Seine Hände klammerten sich an die Träger seines Rucksacks und er lief schier die Treppe nach unten. Es war keine Menschenseele mehr hier, die auf den nächsten Zug wartete, der auf dem fünften Bahnsteig kommen würde. Nur er war dagestanden und müsste leer in den Himmel gestarrt haben. Doch hinter jedem Starren steckt ein kleiner Gedanke, der von dieser Geste nur vor der Menschheit retuschiert, den Menschen selbst dafür beschäftigt. Eine Weisheit, die er am Anfang des Jahres gelernt hat. 

Sein Lächeln wurde wieder etwas breiter und er spürte die Lachgrübchen, die sich bildeten. Er löste die Hände von den Trägern und griff sich an die glühenden Wangen, die er bis zum Ausgang wieder abgekühlt haben möchte. Aber er konnte kaum seine Augen schließen, kaum einmal seine Gedanken außer Acht lassen, da schweiften sie auch schon wieder ab ohne ihn zu warnen. Dies hat ihm nicht einmal einen Ellbogen in die Rippen einkassiert, da er die halbe Besprechung des Trainingsplan neben Kento gesessen, verschlafen hatte. In seiner Tagträumerwelt.

Er sah um sich und konzentrierte sich, nicht im Untergrund verloren zu gehen, wobei niemanden geholfen wurde und fand schließlich das Schild mit dem Pfeil gerade nach vorne, zum Ausgang. Sein Smartphone hatte den Weg in seine Hand gefunden und er begann sofort einmal Nachrichten zu beantworten und sich die Ohren mit Musik zu zudröhnen. Ein kleiner Haufen zusammengeknüllter In-Ear-Pods erschien in seiner Hand, aus der Jackentasche geholt, die er anschloss und nach dem Entwirren an sich installierte. Musik war sein zweites Leben, vielleicht würde es in späterer Zukunft, auch einmal an dritte Reihe schlittern, aber momentan war Musik das einzige, was ihn beruhigte. 

[ryoyu kobayashi] etānitīWhere stories live. Discover now