Kapitel 38

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„Scheiße“, schrie Moritz und ich zuckte zusammen.
Es war wirklich Scheiße. Die Situation konnte kaum an anderes Wort besser beschreiben. Wir waren nach München gefahren und Moritz hatte sich auf eine Konfrontation  mit seinem Bruder eingestellt. Stattdessen standen wir irgendwo in einem verlassenen und wirklich gruseligen Viertel vor einem verschlossenen Garagentor.
„Lass und erst einmal hier weg gehen.“, meinte ich und zog ich leicht an seiner Jacke hinter mir her. Er fuhr sich durch die Haare.
„Ich wollte ihn doch nur einmal fragen, wieso er abgehauen ist.“, sagte Moritz. Seine Stimme war wieder leiser geworden und abgesehen von den leicht roten Ohren, die er immer hatte wenn er wütend war, sah er schon wieder ziemlich gefasst aus.
„Ja, ich verstehe das. Aber um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wie wir ihn jetzt noch finden sollen.“ Ich wollte etwas Aufbauendes sagen, doch dies hätte nur in einer Lüge geendet.
Wir liefen schweigend nebeneinander die Straße, von der wir gekommen waren, hoch.
„Lass uns wieder zurück fahren.“, sagte Moritz monoton und setzte sich auf die Bank der Straßenbahnhaltestelle.
Ich vergrub meine Hände in der Jackentasche. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Meine Mission die ich mir vorgenommen hatte, durfte nicht so enden. Aber ich hatte leider keine Ahnung wie ich es schaffen sollte Niko zu finden. Ich spielte kurz mit dem Gedanken Moritz bei Vermisst, einer Sendung auf RTL, bei der eine Frau verschwundene Verwandte von Leuten sucht, anzumelden. Doch gleich schob ich diese schwachsinnige wieder Idee weg. Ich musste jetzt logisch denken, es zumindest versuchen.
In der Ferne sah ich eine Straße. Es sah so aus, also würden dort wenigstens wieder ein paar Leute sein und das Restaurant, welches, obwohl wir erst zwölf Uhr hatten, in rot-orangenem Licht leuchtete, gefiel mir auch. Essen. Somit hatte ich wenigstens noch Zeit einen ultimativen Plan zu entwickeln.
„Äh. Ich hab Hunger. Komm wir Essen dort was.“ Wieder zog ich ihn mit mir. Schon als wir nur ein Stück in die Richtung gelaufen waren, kam mir der Duft von Pommes entgegen.
„Ich will jetzt wirklich nichts essen. Können wir nicht gehen?“ Er war niedergeschlagen, obwohl er vor drei Tagen noch nichts von dem Treffen mit Niko hielt. Wahrscheinlich hatte er sich schon zu sehr darauf eingestellt und insgeheim hoffte ich, er hatte sich sogar darauf gefreut.
„He, ich möchte aber gerne was Essen.“, meinte ich beleidigt, weil ich wirklich Hunger hatte.
Wiederwillig nickte er.
Wir betraten den Laden. Es war kein Restaurant, eher eine Pommesbude. Hätte uns die Frau hinter der Theke, nicht schon gesehen, hätten wir wahrscheinlich wieder kehrt gemacht. Der Laden war nicht sehr seriös und es roch ziemlich nach Bratfett.
Rechts und links von der Theke, hinter der Würstchen auf einem Grill brutzelten, standen Stühle und Tische.
Die Frau grinste uns an, wir kamen näher und als sie bemerkte, dass wir noch nicht wussten, was wir bestellen wollte, ging sie nach hinten.
Mit gerunzelter Stirn warf ich Moritz einen Blick zu, der nur die Schulter zuckte.
Während ich auf die Karte, die auf der Theke klebte sah, hörte man hinten in dem Lager, dort wo die Frau hingelaufen war, Stimmen. Es war ein Mann der mit ihr redete.
Dann Schritte und schließlich lief dieser Mann nach vorne. Auch Moritz Blick war steif auf die Karte gerichtet.
„Was darf es sein?“, sagte der Mann und stütze seine Hände in die Hüften.
Komischerweise blickten Moritz und ich gleichzeitig auf und sahen auch gleichzeitig, wer dieser Mann war. Er hatte die gleichen Augen wie Moritz und auch der Körperbau war haargenau der Selbe, wie der meines besten Freundes.
Es war still. Nur die Würstchen auf dem Grill waren zu hören.
 Moritz hatte erkannt, dass Niko vor ihm stand und Niko hatte erkannt, dass der Kunde, den er soeben bedienen wollte, sein Bruder war.
„Was…was machst du hier?“, fasste Niko als erster das Wort.
„Was machst du hier? Ich dachte du arbeitest in einer Werkstatt?“
Die beiden Fragen prallten aufeinander, weswegen es wieder still war. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Irgendwie war ich von dem Zufall, der sich hier ereignet hatte, geplättet.
Niko lief einmal um die Theke. Sie standen voreinander und sahen sich an. Irgendwie rechnete ich damit, dass Moriz völlig ausrasten würde. Doch sie fielen sich in die Arme. Drückten sich so fest, dass man fast nicht mehr erkennen konnte wer von beiden wer war.
Nach gefühlten Minuten lösten sich und ich lächelte. Es war wie in einem Film. Abartig schnulzig, aber trotzdem so schön.
„Wieso bist du weggegangen?“, fragte Moritz nun ernst.
Niko wollte antworten, doch er kam nicht dazu.
„Weißt du wie du Mama weh getan hast? Weißt du wie schrecklich es einfach war, damit klar zu kommen, dass du auf unsere Familie scheißt?“, kam ihm Moritz zuvor.
„Moritz. Es tut mir Leid. Ich wollte es erklären, aber es ging einfach nicht. Es ist schwer etwas zu erklären, ohne den wirklichen Grund zu nennen.“ Er sprach in Rätseln. Soweit ich wusste, gab es keinen anderen Grund, außer den Wunsch auf einen eigenen Werkstatt hier.
„Was redest du da? Der einzige Grund, war es doch, nur deinen Willen durchzusetzen. Du wolltest doch unbedingt nach München um diese Werkstatt zu kaufen.“, meinte Moritz. Seine Ohren waren wieder leicht rot gefärbt, aber ich glaube diesmal, weil er aufgeregt war.
„Warte… .“
Niko lief zu Eingangstür und schloss sie von Innen ab.
„Kommt mit.“, sagte er bestimmt und wir folgten ihm in das Lager, von dem er vorhin gekommen war,.
Ganz hinten im Raum führte eine Treppe nach oben, zu einer Wohnung, in der wir schließlich standen.
„Selma?“, sagte Niko.
„Ja?“, kam es aus einem Raum, der direkt neben dem Treppenaufgang lag. Wir liefen Niko hinterher, der dort hinein ging.
„Wir haben Besuch.“, sagte er. Ich trat ein Stück nach links um an ihm durchzusehen. Auf dem Sofa saß die Frau, die vorhin hinter der Theke gestanden hatte. Sie hatte lange blonde Haare und große braune Augen.
„Das ist meine Frau. Selma.“, meinte Niko.
Selma stand auf und reichte uns lächelnd die Hand.
„Hallo.“, sagte sie.
„Selma. Das ist meine Bruder und Sarah, eine Freundin von ihm.“
Erst jetzt bemerkte ich das Kinderbettchen, welches neben der Couch stand. Selma nickte. Sie wusste anscheinend von den Verhältnissen zwischen den beiden.
Niko lief auf das Bettchen zu und hob ein kleines Baby heraus.
„Das ist Luna. Sie ist jetzt drei Monate alt.“ Ich war schockiert.
Das Baby war zuckersüß und hatte die gleichen Rehaugen wie ihre Mama.
Selma kam mit einem anderen Kind, dass ungefähr ein bisschen mehr als ein Jahr alt war.
„Und das ist Enrico.“ Er legte das Mädchen wieder behutsam in ihr Kinderbettchen.
„Die beiden sind meine Kinder.“

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Hey Leute.
Neues Kapitel. Eigentlich wollte ich es gestern hochladen, aber das wunderbar tolle Internet hat mich wieder verlassen.
Wie fandet ihr es? Habt ihr geahnt, dass sie Niko doch noch wiederfinden?
Würde mich mal interessieren.

Übrigens. Die Tage werde ich wieder an Die Reise weiterschreiben. Ich hab den Titel in die Geschichte einer Reise umgewandelt und dem ganzen ein neues Cover verpasst, welches ich diesmal selber gemacht habe. Würde mich freuen wenn ich mal vorbei schauen würdet.  

Noch was. Habt ihr Bock auf ein Buch, in dem ich meine  Meinung zu verschiedenen Themen, die ihr euch zum Teil selbst aussuchen könnt, raus lasse? Wenn ja, dann schreibt es doch in die Kommentare.

Jetzt reicht’s aber.
Tschüüüüss.

Lysell <33

Instagram: _lysell_

Hundert WünscheWhere stories live. Discover now