Kapitel 21

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Die Stelle, in der der Nagel steckt, brennt höllisch. Es ist so unerträglich, dass ich Hilfe brauche. ,,Julius! Lissa! Traver! Kylie! Josh! Irgendjemand? HILFE!", schreie ich durch das ganze Lager.

Nach ein paar Sekunden -gefühlte Stunden- kommen Lissa, Josh und Luis zu mir und starren mich an, während ich auf dem Boden sitzend mein Bein umklammere. ,,Was hast du? Tut dein Fußgelenk wieder weh?", fragt Josh aufgeregt. ,,Nein, es ist meine Wunde.", krächze ich. Sie starren mich irritiert an. Ich habe ihnen noch nichts von meiner Wunde erzählt. Wie auch? Es ging alles zu schnell. ,,Welche Wunde?", harkt Lissa nach. Ich bringe kein Wort heraus. Der Schmerz überweltigt mich. Anstatt irgendetwas zu sagen, lehne ich mich ein wenig zurück, damit sie einen Blick auf meine Wunde werfen können. ,, Die Wunde ist sehr tief eingeschnitten. Warum hast du dir das angetan?", fragt mich Luis. ,,Ja genau! Ich habe mir ein Messer genommen und gesagt: Hach, was mache ich denn heute mal schönes? Ach ja, ich könnte mir eine so tiefe Wunde schneiden, dass der Schmerz unerträglich wird. Natürlich nicht! Ich hatte einen kleinen Unfall bei dem Einbruch.", motze ich ihn an. Ich weiß nicht warum ich das tue. Vielleicht weil ich mit der ganzen Situation ein bisschen überfordert bin. Bevor Luis etwas sagen kann, wird mir plötzlich schwarz vor Augen.

Ich stehe in einem langen Gang und sehe in die Richtung eines grellen weißen Lichtes. Langsam und dennoch zu schnell um zu realisieren, was gerade geschieht, bewege ich mich auf das Licht zu. Es gibt 2 Wege in diesem Gang. Weg 1 ist voller Fotos, Erinnerungen, und Menschen die ich liebe. Weg 2 hat ein grelles weißes Licht an seinem Ende. ,,Mia. Bleib hier! Wir brauchen dich.", sagt jemand aus dem 1. Weg. Auf dem Gang des 2. Weges sehe ich meine Mom. Ich will auf sie zurennen, aber ich bewege mich noch immer zu langsam, um schnell bei ihr zu sein. ,,Mia. Komm nicht. Geh zurück. Sie brauchen dich." ,,Mom! Warte auf mich ich komme." ,,Nein! Komm nicht! Hörst du mir nicht zu. Kehr um!" ,,Mom. Ich brauche dich zu sehr. Ich will bei dir sein. Es geht nicht anders. Ich liebe dich." Ich weine. Mir fließen viele Tränen über meine Wangen. ,,Kehr um! Sie brauchem dich zu sehr! Mia. Du wirst ein anderes Mal die Chance haben mich wieder zu sehen. Aber diese Zeit ist noch nicht jetzt. Ich will, dass du weißt, dass ich jede deiner Entscheidungen akzeptiere und dich immer unterstütze. Aber du bist noch nicht bereit, zu mir zurück zu kommen. Du hast noch eine Aufgabe zu erledigen. Du bist der Wichtigste Bestandteil einer neuen Revolution. Bleibe stark! Ich liebe dich." Mit den letzten Worten meiner Mutter erlischt das Licht und wird immer dunkler. ,,Mom! Mom! Verlasse mich nicht schon wieder. Komm zurück! Ich liebe dich. Wo bist du?", rufe ich verzweifelt. ,,Komm zurück!", schreie ich diesmal aggressiver und auffordernd. Sie kommt nicht zurück. Stattdessen werde ich schnell zu dem anderen Gang gezogen. Es ist zu schnell. So schnell, dass ich starke Kopfschmerzen bekomme und mir sofort übel wird.

Ich öffne langsam die Augen und fühle mich müde und kaputt. Ich atme sehr schwer und mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren.

,,Leute! Sie ist wach! Julius komm her sie ist endlich wieder wach.", sagt Josh. Julius kommt angestürmt und begrüßt mich: ,,Hey, Mia. Wie geht es dir?" Mit einer heiseren Stimme antworte ich: ,,Es geht mir nicht so gut. Ich habe starke Kopfschmerzen." ,,Kein Wunder bei dem Fieber, das du hattest.", erklärt mir Kylie. ,,Was ist denn passiert?'' ,,Dir wurde eine gefährliche Menge des tödlichen Serums injiziert. Du hattest alle Symptome in einem sehr heftigen Zustand.", erläutert Traver. ,,Wer hat es mir verabreicht?", frage ich. ,,Es war in deiner Wunde. Aber mehr wissen wir nicht.", informiert mich Josh. Ich weiß es aber. Bei dem Einbruch bin ich irgendwo hängen geblieben und habe mir eine Wunde zugelegt. Die Wunde wurde von einem Nagel verursacht. Aber anscheinend war es kein Nagel, sondern ein Serumbehälter, der mir aus meiner Jackentasche gerutscht ist. Er hat sich in mein Bein gebohrt, einen langen Strich gezogen und mir somit eine Wunde verpasst. Ich habe den Behälter, von dem ich dachte es wäre ein Nagel, dann wieder heraus gezogen und mir somit ausversehen das Serum verabreicht. Ich bin selber daran Schuld.

Mir geht es am Nachmittag schon wieder viel besser und ich muss erstmal etwas essen. Als ich das erledigt habe, will ich geradewegs auf Luis zugehen. Ich will ihm sagen, dass ich weiß, was er und Kylie meinet wegen besprochen haben. ,,Luis. Warte mal." ,,Ach hey, Mia.", sagt er. ,,Wir müssen reden.", befehle ich ihm. ,,Oh, Gut! Das wollte ich sowieso noch machen." ,,Ich weiß, dass du denkst, dass ich nicht die Mundor aus der Legende bin.", fange ich an. ,,Woher weißt du das?", erkundigt er sich. ,,Ich habe dich und Kylie reden hören. Und ich bin mir selber nicht einmal mehr sicher, ob ich die Mundor aus der Legend bin. Aber ich hoffe es, da ich nicht zulassen kann, dass jemand anderes stirbt." ,,Meinst du etwa, dass ich sterben will? Ich würde nichts lieber tun als mit jemandem zu tauschen." ,,Luis, das ist ziemlich Eigennützig von dir.", unterstelle ich ihm. Er zuckt mit den Schultern, als ob es ihn nicht interessieren würden und geht. Einfach so. Ziemlich dreist. Am Abend gehe ich erschöpft zu Bett und Jemand lege sich unerwartet zu mir.

Wer wohl? Na, Julius.

Er streicht mir sanft von hinten über mein Haar. Von dort aus gleitet er mit seinen Fingern an meiner Figur von der Schulter bis zu Taille, wo er mit seiner Hand stehen bleibt. Seine Hand berührt nun meinen Bauchnabel. Ich streiche mit meinen Fingern über seine. Unsere Hände verschrenken sich ineinander. Ich fange an ein wenig zu lächeln. Das mache ich das erste mal nach langer Zeit. Nun spüre ich seinen Atem in meinem Nacken und ein Schauder überfährt mich.

,,In meiner Nähe wirst du immer sicher sein." Er küsst mich in meinem Nacken. ,,Wenn du bei mir bist, wirst du nicht sterben." Er küsst mich an meinem Hals. „Ich werde immer erst dich beschützen, bevor ich mich selbst schütze." Er küsst mich hinter meinem Ohr. ,,Ich werde versuchen, dich zu verstehen. Wir werden versuchen, einander zu verstehen." Er küsst mich auf meine Wange. Ich drehe mich zu ihm um. ,,Denn du bist alles, was ich brauche." Er küsst ich mit seinen schmalen, zarten Lippen auf meinen Mund. Lächelnd erwidere ich diesen sanften Kuss.Doch löse ich mich kurz von ihm. ,,Wie kann ich alles sein, was du brauchst, wenn ich mir selber nie genug war?", frage ich. Er sieht mich beinahe emotionslos an. Beinahe... ,,Du warst schon immer genug."

Wächter-gefangenWhere stories live. Discover now