Kapitel 19

83 5 0
                                    

Als ich aufwache rieche ich den Duft frischer Brötchen. Beflügelt von diesem himmlischen Duft, stehe ich auf.

Sie haben einen großen Tisch aufgestellt und ein so großes Frühstück gezaubert, dass man fast 'Festmahl ' dazu sagen kann.

,,Wow.", platzt aus mir heraus, während ich große Augen mache.

Nur um das klar zu stellen: Ich liebe es zu essen. Aber eigentlich bin ich schlank.

,,Gefällt es dir?", fragt Julius mit lachender Stimme. ,,Ja. Es ist wunderschön.", murmel ich strahlend. ,,Das ist gut. Setz dich doch, Mia.", sagt Traver. Ich setze mich zwischen Traver und Luis. Luis legt mir eines der duftenden Brötchen auf einen Pappteller. Ich schnappe mir eine Himbeermarmelade, welche in der Mitte des Tisches steht.

Alle um mich herum sehen mich gespannt an, weshalb ich stocke. ,,Ist etwas?", frage ich eingeschüchtert. ,,Mia, wir haben heute die überflüssigen Besitztümer deiner Mutter entsorgt und dabei etwas gefunden.", sagt Josh. ,,Es lag in einer Kommode deiner Mutter.", fährt Traver fort. ,,Du solltest wissen, dass wir es noch nicht gelesen haben, da es für dich ist.", erklärt Kylie. ,,Es ist ein Umschlag. Darauf steht dein Name.", erläutert Luis.

Verzweifelt sehe ich zu Julius, der sich noch nicht zu dem Gespräch geäußert hat. Statt etwas zu sagen, gibt er mir einen gelben Umschlag mit roter Beschriftung. Ich nehme ihm den Umschlag ab und wollte ihn gerade öffnen, als Julius sich meldet: ,,Halt. Warte doch bis nach dem Frühstück. Dann kannst du dir den Umschlag alleine und ohne Beobachter durchlesen. Es ist immerhin für dich und nicht für uns."

Ich nicke bloß. Er hat recht. Ich will nicht, dass alle wissen, was in dem Umschlag steht. Ich streiche mir die Marmelade auf mein Brötch und esse hastig. Alle beginnen sich über ihre Erlebnisse in den letzten Tagen auszutauschen, außer ich. Ich sitze still an dem Tisch und esse. Bei den kleinsten Gedanken an meiner Mutter überweltigt der Schmerz mich. Es zerquetscht mein ohnehin schon schmerzendes Herz.

Aber in der Obhut meiner Freunde, meiner Verbündeten fühle ich mich sicher. Hier in dem Lager, welches wir erst seit 6 Tagen besitzen, fühlt man sich nicht fremd. Wir besitzen es.

Die Wächter hatten vor 3 Wochen meine und Lissas Wohnung durchsucht. Wieso hatten sie noch nicht das Lager besucht? Das machen sie doch immer, oder?

,,Kommen die Wächter irgendwann noch vorbei?", platzt aus mir heraus. Luis schmatzt etwas unangenehm und sagt:,,Sie wissen nicht, dass wir hier sind. Sie denken, dass dieses verlassene Lager noch in Betrieb ist. Es wurde erst kurz bevor wir hier her kamen zurück gelassen."

Das ist das erste mal, dass Luis mir nicht seltsam vorkommt. Dieses mal ist er ganz normal, weshalb ich etwas schmunzeln muss.

Mehr sage ich nicht. Ich bin nach dieser Antwort stumm. Als alle aufhören, etwas zu essen, räumen wir zusammen auf. Ich gehe wieder auf mein Bett zu und setze mich darauf. Schnell und neugierig öffne ich den Umschlag. Ich ziehe einen vergilbten Zettel heraus. Was darin steht, raubt mir den Atem.
Meine liebe Mia.
Heute ist der 25. August, 2063. Vor einem Monat bist du geboren. Du bist ein wunderschönes Kind. Deine leicht gebräunte Haut schimmert in der Sonne und deine kurzen braunen Haare sind weich wie Seide.
Bei der Tatsache, dass du mit 20 Jahren etwas schmerzhaftes erleben wirst, füllen sich meine Augen mit Tränen. Du wirst eine Aufgabe bewältigen für die nur du stark genug bist. Ich weiß, was passieren wird. Ich weiß nicht wann und wo, aber es wird passieren.
Wenn du diese schwere Aufgabe zu bewältigen versuchst, kann ich nicht mehr bei dir sein. Aber ich werde dich immer beobachten.
Mia, du wirst die stärkste Person sein, die ich je kannte. Denn du bist eine Morris, eine Mundor. Du bist das, was viele versuchen zu sein. Stark, freundlich, zuversichtlich, wunderschön.
Halte an deiner Liebe fest. Verliere sie nicht. Es ist alles was du brauchst, um deinen Kummer zu vergessen.
Mia, meine wunderschöne Tochter. Wenn ich dir in die Augen blicke, sehe ich Anmut. Ich spüre dich in meiner Seele, im meinem Herz.
Ich liebe dich aus tiefstem Herzen.
Du kannst alles schaffen. Auch ohne mich.
Ich werde dich aus dem Himmel beobachten und dich nie wieder aus den Augen lassen. Verspich mir nur eins. Gib nicht auf.
Ich liebe dich!
Deine, dich überalles liebende Mutter, Marissa Morris.

Wächter-gefangenWhere stories live. Discover now