Epilog III

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Die erste Zeit lähmte ihn der Schmerz. Er brauchte kein Wasser, kein Essen, er brauchte ja nicht mal Luft, weshalb er etwa ein halbes Jahr in Colorado war, bei seinem Werk. Er saß einfach nur da, unfähig etwas zu tun. Er empfand nichts, er war außerhalb seines Körpers.

Doch irgendwann kamen die Gefühle. Es war eine Nacht, und diese Nacht war der Nacht so ähnlich, in der  Dean ihn genau hier fand nach Sams Tod. Auch diese Nacht war sternenklar aber rau. Es schien als hätten die Sterne die gleiche Stellung wie vor so vielen Jahren.
Er erinnerte sich an den Schmerz, als er dachte, Dean würde sich umbringen, wie sie beide daran zerbrachen, wie ihre Körper gefangen waren, ihre Seele und Gnade.

Doch der Schmerz damals war nicht vergleichbar mit dem jetzigen. Doch natürlich wusste Cas warum es so sehr weh tat, warum es niemals mehr werden würde. Er saß da, ein halbes Jahr, ehe er trauern konnte. Er schaffte es davor nicht, er konnte es nicht, doch nun musste er.

Er erinnerte sich an eine Nacht mit Dean. Sie lagen in einem schäbigen Motelzimmer. Der Wind zog durch die Fenster, der Mond stand hell am Himmel. Die Heizung war kaputt, doch Dean musste nicht frieren.
Es war eine seltsame Nacht, sie war schaurig, wunderschön, bizarr.
"Cas", fing Dean behutsam an. Sie beiden sprachen es nicht oft an, eigentlich nie, und sie brachten das Gespräch auch nie zu Ende.
Dean hatte an diesem Abend auch nicht vorgehabt, dieses Gespräch zu führen, doch bei einer Sache musste er sicher sein, denn sie beschäftigte ihn schon eine Weile.
" Cas, du musst mir einwas versprechen. Nur noch ein was."
"Alles Dean", meinte der Engel.
" Falls ich sterbe, also wenn ich sterbe. Bitte lebe weiter. Bitte bleib hier, lieber hier als in der Leere."
Der Engel nickte nur. Das reichte als Versicherung für Dean und sie genossen weiter diese seltsame Nacht, die aber so viel Bedeutung hatte.

Der Engel musste nun mit diesem überwältigenden Schmerz zurecht kommen. Er dachte die Fassungslosigkeit, die Leere in ihm, hatte ihn schon zugesetzt. Doch als der Schmerz kam, auf einmal, stark, ziehend, stechend wünschte er sich beinahe diese Leere, diese Teilnahmslosigkeit zurück.

Doch Dean hatte es nicht verdient, dass er nur noch als Leere Hülle herum lief, die ihn nicht mal betrauern konnte, weil er sonst daran kaputt ging. Doch in dieser Nacht ging der Engel kaputt. Er war zerstört, er hatte ein Loch in sich, eine Leere, die man nicht füllen konnte.
Er wand sich auf dem Boden, er konnte nicht ruhig sitzen, da sein Leiden einfach zu groß war, als das er ruhig sitzen konnte. Sein Körper verkrampfte, sein Gesicht zitterte und seine Kehle war staubtrocken.
Mit kurzen abgehackten Zügen stoß er Luft aus sich und nahm sie wieder auf, als sei es lebensnotwendig für ihn. Als hätte ihn Dean, die Zeit mit ihm so menschlich gemacht.
Dean...
Der Name fiel wie der erste Domino in seinem Kopf und löste das Leid, das sich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch zeigte.

Cas begann zu weinen und schreien, er schrie so laut wie er konnte um diesem Schmerz, der Trauer und der Wut Platz zu machen.
Alles tat weh, es wurde nicht besser.
"Dean!!"
Er schrie so laut, Dean musste ihn doch hören. Warum hörte er ihn nicht, warum war er weg? Wieso musste er alleine sein? Er wollte nicht alleine sein, nicht so.

Doch er hatte es ihm versprochen, er würde es versuchen. Und er musste durch den Schmerz gehen für Dean, sodass er angemessen trauern konnte. Dass es Dean würdig war.

Langsam erhob sich der Wind, er wurde lauter und stärker. Er erweckte Cas, er riss in aus der verkrampften Embryo Haltung, die er eingenommen hatte. Verdammt, so konnte es nicht weitergehen für ihn. Er würde die Ewigkeit hier verbringen, alleine, zerstört. Doch er musste das beste draus machen.
Bei Einbruch des Morgens hatte er seinen Entschluss gefasst.
Jeder hatte seine Geschichte, wie es dazu kam, weshalb man sich so entschied.
Also fuhr Cas nach all den Jahren zum Bunker zurück. Er war nicht mehr dort seit Dean und er sich das kleine Haus gekauft hatten. Vor all den Jahren.
Er packte alles ein, was ihm sinnvoll erschien und nicht zu sperrig war.
Er warf den Motor des Impalas an und fuhr los. Er hörte Radio. Es kam eine Meldung eines seltsamen Todesfall in Ohio. Darauf wendete er das Auto und fuhr los, der Meldung aus dem Radio hinterher, seinem früheren Leben entfliehend und doch wieder mehr einholend als jemals zuvor. Doch er konnte sich keinen besseren Weg vorstellen als Dean zu würdigen, auch wenn Dean nie jagen wollte. Er hatte es immer mit einer Akzeptanz hingenommen, dass das Leben nichts besseres für ihn vorgesehen hatte. Und diese Akzeptanz, dass es nicht besser würde, fühlte auch der Engel und er wusste, es war der einzige Weg für ihn den er jetzt gehen konnte.

Fix you-DestielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt