Kapitel 10

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Belustigt sah ich den Dreien beim Aufräumen zu. Sie hatten alle einen Kater und waren müde. Das machte die Situation für mich jedoch sehr amüsant. Wäre ich nicht so unglaublich nett gewesen, hätte ich absichtlich rumgeschrien oder anders Lärm gemacht. Aber ich hielt mich zurück. Wusste ja selber wie nervig so ein Kater war.

Wir räumten die leeren Flaschen und Becher weg, sammelten den Plastikmüll ein und irgendwie hatten sie es ertragen können den Staubsauger durchs Wohnzimmer zu jagen.

Nun lagen wir zu viert auf der Couch, sahen einen Film. Naja eigentlich sahen nur Eren und ich den Film. Mike und Erwin waren wieder eingeschlafen und sabberten sich gegenseitig voll. „Wie geht's deinem Kopf?", fragte ich Eren dann und er lachte leise auf. „Nicht so gut. Aber hey, ich hab mein Ziel erfüllt."

Stimmt, er hatte sich ja das Ziel gesetzt vor seinem 18. Geburtstag betrunken zu sein. „Hast du inzwischen ein Ziel für mich gefunden?" Er seufzte leise und schüttelte den Kopf, was er sichtlich sofort bereute. „Du musst dir keine Ziele setzten. Du schaffst sowieso irgendwie alles.", meinte er dann.

Und verwirrt sah ich ihn an. „Mit dem ganzen Scheiß, den du schon hinter dir hast, kannst du immer noch hier sitzen und auf drei total verkartete Idioten aufpassen." Ich war mir nicht sicher, ob er auf meine Alkohol- und Drogenvergangenheit anspielte, von der ich ihm erzählt hatte. „Du bist ein verdammt starker Mensch und das bewundere ich. Also scheiß drauf, was du noch unbedingt machen musst. Mach einfach worauf du gerade Lust hast. Du wirst es eh hinkriegen."

Während er sprach legte er seinen Kopf auf meine Schulter, sah weiter auf den Fernseher. Eren unter Alkoholeinfluss war scheinbar ein wenig anhänglich. Doch mich störte das nicht. Ohne auf seine Worte einzugehen, rutschte ich ein bisschen mehr in die grauen Polster und lehnte meinen Kopf gegen seinen. Es war vielleicht nicht viel - und sah vermutlich echt dämlich aus - aber es machte mich glücklich, dass er so war. So ehrlich. So offen. Und ich hoffte, dass ich diese Offenheit von ihm lernen konnte.

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„Ihr passt perfekt zusammen." - „Vielleicht. Aber nicht, wenn er 6000 Kilometer weit weg ist.", murrte ich und baute weiter mit den Jungs am Lego. Ein Gutes daran, dass die Kinder kein Englisch verstanden war, dass Erwin und ich uns über absolut alles unterhalten konnten.

„Ihr könnt euch doch besuchen." - „Darum geht es mir nicht." Seit der kleinen Party waren drei Tage vergangen. In dieser Zeit ging Eren wieder abends mit mir spazieren, schlief eine Nacht bei mir und war sowieso irgendwie ständig bei mir. Wenigstens mit mir.

Seit einer Woche und drei Tagen war er nun da. Und es fühlte sich ehrlich gesagt schon so an, als würde er hier her gehören. Nicht in diese Stadt, nicht in dieses Land. Aber irgendwie fühlte es sich an, als hätte er hier seinen perfekten Platz. War das kitschig? Dass ich wirklich anfing ihn zu mögen? Dass aus dem "ganz ok" mehr wurde, als ich erwartet hatte?

Ich hatte keine starken Gefühle für ihn. Es war mehr ein Schwärmen. Ein Crush. Oder wie auch immer man das nennen wollte. Wenn er mir schrieb, war ich plötzlich bester Laune. Wenn er nachts am Balkon auf mich wartete, freute ich mich ihn zu sehen. Wenn wir zu viert etwas unternahmen - selbst wenn wir nur einkaufen gingen - blieb ich bei ihm und nicht wie sonst bei Erwin. Ich verstand selber nicht, warum ich das tat. Aber es machte mir erstaunlicherweise nichts aus. Bei ihm öffnete ich mich gerne. Meine Unsicherheiten verflogen einfach. Und dieses Gefühl, das hatte ich lange nicht mehr so gefühlt.

Ich liebte meine Freunde, doch auch sie schafften es nicht so, wie Eren es konnte. Er musste mich nur ansehen, mit diesen wunderschönen Augen und den wuscheligen Haaren. Er musste mich ansehen und ich war wie ein anderer Mensch. Oder nein, ich war kein anderer Mensch. Ich war ein glücklicher Mensch. Eren machte mich glücklich.

„Levi kriegst du das ab?", eines der Kinder holte mich aus meinen Gedanken, hielt mir zwei zusammengesetzte Legosteine hin und ich ging wieder meiner Arbeit nach. Jedoch mit den Gedanken nicht komplett bei der Sache.

Right Now [Ereri/Riren]Where stories live. Discover now