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Jan und ich haben seither jeden Abend miteinander telefoniert und auch, wenn wir uns leider bisher noch nicht treffen konnten, freut es mich doch, dass ich ihm wieder etwas näher bin. Mir selbst geht es dabei gleich viel besser, einfach weil ich dann wenigstens Phasen habe, in denen ich mich etwas befreiter von meiner Last fühle, wo meine Depression weniger spürbar ist.
"Und was machst du morgen am Abend?", frage ich Jan interessiert, da er in letzter Zeit ziemlich oft feiern gewesen ist und ich mich daher frage, ob er es diese Wochenende wieder krachen lässt. "*Hrm* wahrscheinlich will Quentin wieder feiern gehen, aber das entscheiden wir morgen spontan. Wieso denn?", antwortet er mir und ich kann richtig spüren, wie er drauf hofft, dass ich ihn frage, ob wir etwas unternehmen wollen. Nur mir fehlt leider der Mut, denn ich weiß nie, wie es mir am nächsten Tag gehen wird, weswegen ich nicht wirklich vorausplanen kann. Ich hasse es so sehr, dass ich mich einfach nicht dagegen wehren kann.
"Ach nur so", füge ich gewollt nebensächlich bei, so als hätte es keine Bedeutung für mich und es ist wieder eine kurze Stille zwischen uns. Ich will mich doch endlich wieder mit ihm treffen können, will endlich wieder seine Nähe genießen können, doch so einfach geht das nicht. Die Depression schränkt mich in so vielen Dingen ein und ich bin ihr einfach hilflos ausgeliefert. Selbst Jan kann sich alles besser zusammenplanen und sein Leben dem Tourette anpassen, was bei mir eher schwieriger geht. Ich atme tief aus, denn mich nervt einfach die Gesamtsituation. Ich will doch einfach nur normal leben können und nicht mehr so viel zurückstecken müssen, aber so funktioniert das leider nicht.
"Was ist den los *Du alte Dirn!*?", sorgt er sich und seine Stimme wird dabei so angenehm weich, als wäre er ein Engel höchst persönlich. Das ist er auch, denn er ist mein Engel in schweren Zeiten. Alleine, dass ich wieder regelmäßig Kontakt mit ihm habe, bringt mich etwas aus dem Loch heraus und das schafft wirklich nur Jan mit seiner eigenen Kraft. Seine Art alleine, baut jemanden wieder auf, denn wie in dem Song, ist er einfach ein Krieger. Er ist so vieles für mich, doch das Wesentliche, was ich mir von ihm wünschen würde, das ist er leider nicht. Ich weiß, dass er nie mein Freund sein wird, denn ich bin weder sein Typ, noch hätte ich ernsthafte Chancen bei ihm. Der depressive Tim, würde ihn doch nur runter ziehen und das möchte ich ihm nicht erleiden lassen. Es reicht schon, dass einer von uns unglücklich ist.
"Ich hasse es schon so sehr, einfach nur in meinem Zimmer zu versauern, aber gleichzeitig traue ich mich nicht hinaus", gebe ich, etwas perplex über meine Ehrlichkeit, von mir. Das ich mich wirklich getraut habe, ihm das zu sagen, wundert mich selbst sehr. Na vielleicht wird es ja doch mal noch besser. Ich fange an, dass ich mit meinen Fingern spiele, da es mir trotzdem sehr unangenehm ist, über meine wirklichen Gefühle zu sprechen. Zumindest jetzt, seitdem alles so komisch anders und kompliziert geworden ist. Wiederum, dass ich gerade im Bett liege ist gut, denn so kann ich mich doch etwas entspannen. Das Bett ist echt meine heilige Festung geworden, denn recht raustrauen tue ich mich ja nicht. Mein Bett versteht mich einfach.
"Ach Tim. Ich weiß doch wie *He, du Opfer* das alles schwierig für dich ist. Wiederum weiß ich aber auch, dass wir das irgendwie hinbekommen werden!" Da war es wieder. Diese Wir, dass mir immer wieder ein Stich in mein Herz versetzt. Jan und ich waren schon immer ein wir, aber leider nur diese Art von Freundschaftlichen "Wir" und das wird auch nicht anders werden. Jan atmet nochmal durch und meint dann: "Weißt du was, du könntest doch morgen mit gehen. Der Club ist klein und dort sind auch nie wirklich viele Menschen. Und falls etwas ist, dann bin ich jederzeit für dich da und gehe mit dir mit, wenn du nach Hause möchtest. Was hältst du davon?"
