23. Abschnitt (10.11.5,5; Herbst; Aus der Sicht der Ratte)

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Ich hatte länger als ein Sandkorn warten müssen bis ich wieder mit ihr sprechen konnte. Es war früher Herbst und die Blätter der Bäume, die um den See herum hinter und neben den Bänken standen, hatten sich gerade erst orange, rot und gelb gefärbt, waren aber noch nicht heruntergefallen.

An diesem Tag trug Hanna ein breites, hellblaues Haarband. Sie hatte es schon im Sommer oft getragen, sie mochte es wohl.

Der Park war fast leer, nur ich, Hanna und ihre Freundinnen waren da. Ich drehte wie immer meine Runden um den See.

Es war ein bisschen böig, aber das störte nicht.

Hanna nahm gerade ihr Haarband ab und wollte ihren Zopf neu binden als der Wind es ihr aus der Hand riss und auf einen Baum wehte. Ihre Freundinnen und sie standen von der Bank auf und liefen zu dem Baum, sie regten sich laut auf, aber keiner von ihnen traute sich auf den gut 4 Meter hohen Baum zu klettern an dessen Spitze Hannas Lieblingsband nun hing und vom Wind noch gefährlich hin und her geweht wurde. Ich lief sofort zu ihnen. Sie wichen ein paar Schritte von mir zurück. Natürlich, die feinen Mädchen durften und wollten keinen Kontakt zu jemanden wie mir haben. Aber das war meine Gelegenheit. Also begann ich den Baum hochzuklettern.

"Sei vorsichtig!", rief Hanna. Die anderen beiden blieben still und rückten etwas näher zusammen.

"Pah" machte ich. War sie immer so überfürsorglich? Ein bisschen wie meine Mutter. Als ich oben angekommen war schnappte ich mir das Band, drehte mich zu den Mädchen herum und schwenkte es in der Luft herum. "Gut gemacht. Jetzt komm runter!" rief die kleine blonde. Sie gab wohl gerne den Ton an.

Unten angekommen ignorierte ich Clarice (ich hatte ihren Namen irgendwann aufgeschnappt) und Lintu, die auf mich zukamen um mir das Band abzunehmen und ging direkt auf Hanna zu um es ihr persönlich in die Hand zu drücken.

"Du bist noch hübscher geworden." sagte ich, weil es wahr war. Ihre wilde, dicke, braune Haarmähne war noch länger geworden und ihr Gesicht war ovaler geworden und etwas weniger rund. Nicht, dass es vorher rund gewesen war, nur runder als jetzt. Und sie hatte eine weiblichere Form.

"Danke.", sagte sie selbstsicher und bestimmt. Ihr Blick war gerade auf mich gerichtet. Diesmal wurde ich verlegen. Sie hatte sich also nicht nur äusserlich verändert. Nervös konnte ich mich nicht entscheiden, wo ich hingucken sollte. Der Wind wehte ihre Haare ins Gesicht, aber es machte ihr nichts aus. Sie sah mich nur an.

Dann nahmen ihre Freundinnen sie bei der Hand und sie gingen zurück ins Haus.

Sehnsüchtig blickte ich ihr hinterher. 

NamenlosWhere stories live. Discover now