11. Abschnitt (42.7.7; aus der Sicht von Luci)

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Gemeinsam mit Ratte zu jagen war sehr schön. Das erste was ich hatte lernen müssen war das Tier zu verletzen. Dafür brauchten wir Pfeil und Bogen. Die Ratte hatte mir meinen ersten eigenen Bogen geschnitzt. Ich wusste nicht wo er gelernt hatte so gut zu schnitzen, wahrscheinlich hatte er es sich selbst beigebracht. Der Bogen war recht gut und ich benutzte ihn immer noch, ich hatte mir aber auch selbst noch zwei Ersatz-Bögen geschnitzt.

Erst hatte ich lernen müssen zu zielen. Auf Bäume zum Beispiel. Später auf Tiere.

Eine andere Möglichkeit um das Tier zu verletzen oder sogar schon zu fangen waren Fallen. Fallen bauen ist recht einfach mit etwas Seil, was Isegrimm uns besorgte wenn wir es brauchten, Stöcken die wir im Wald sammeln konnten und ein paar Steinen, die schwer genug waren um kleinere Tiere mit ihrem Gewicht zu verletzen. Wenn der Stein richtig schwer war tötete er das Tier sogar. Als Köder benutzten wir meistens Fleisch, Honig oder Dörrobst.

Was ich noch nicht gelernt hatte und was unvermeidbar ist, wenn man das Tier schon verletzt hat, war das töten. Das erste Tier was ich tötete war ein Mader. Er war in eine unserer Fallen gelaufen. Vorher hatte die Ratte immer für mich getötet. Wir hatten nicht darüber geredet. Ich wollte nicht töten. Ich hatte dafür die Falle aufgestellt und den Köder gelegt.

Auch an diesem Tag dachte ich dass wäre genug. Als wir das Tier entdeckten nahm die Ratte eins seiner geliebten abgenutzten Messer aus seiner Tasche. Er ging auf das Tier zu und ich sah weg.

Doch an diesem Tag kam Isegrimm dazwischen. „Lass das." brummte er grimmig zur Ratte. Er wusste, dass ich noch nie getötet hatte. Und er war hier um das zu ändern. Er sah mich an und ich wusste was er wollte. Er würde es nicht sagen, denn er redete nicht gerne. Der Mader war schon vor ein paar Stunden in die Falle gelaufen, er lag bewegungslos, ja schon halbtot unter dem Stein und versuchte nicht mal mehr sich frei zu zappeln. Ich nahm mein Messer aus meiner selbstgemachten Tuch-Tasche, die ich immer um meine Hüfte trug. Bis jetzt hatte ich es nur fürs schnitzen benutzt. Naja und zum häuten. Das häuten von Tieren war auch nicht gerade schön. Aber es war mir angenehmer als das hier. Der Marder bleckte seine Zähne als ich näher kam. Es kam wieder Leben in ihn, ein letztes Mal. Am liebsten hätte ich wieder weggeschaut oder wäre einfach gegangen. Aber Isegrimm hätte das nicht akzeptiert. Das Tier gab zischende Geräusche von sich. Es hatte böse, wilde Augen, gefüllt mit Angst. Da hatten wir etwas gemeinsam. Ich stach zu. Mehrmals, schnell, fest und endgültig.

Isegrimm nickte halb anerkennend, halb gelangweilt und verschwand dann wieder. Er war schnell nicht mehr in Sichtweite und ich brach in Tränen aus. Ich zitterte. Aufbauend klopfte die Ratte mir auf die Schulter: „Alles in Ordnung?" Ich konnte oder wollte nicht antworten. Erst war er ein bisschen ratlos. Dann beschloss er mich einfach zu umarmen. Ich erwiederte seine Umarmung nicht, war aber froh dass er da war. Als ich mich wieder beruhigt hatte ließ er mich los.

Er wollte den Stein hochheben um das Tier zu häuten und zu braten. Isegrimm besorgte nur noch im Winter Essen für uns und auch dann nur manchmal.

Ich stieß die Ratte beiseite als wäre ich nicht gerade noch völlig aufgelöst und hilflos gewesen und sagte: „Ich mach das."

Damals hatte mich das Töten so berührt, inzwischen war es schon Routine. So wie dass ich mir jeden Nachmittag neue Pfeile schnitzen und einmal alle 7 Tage mit Mutter an meiner Magie arbeiten musste.

NamenlosWhere stories live. Discover now