72.: Stay

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- Mittwoch, 20.09.2034 -

Taehyung wachte von Händen an seinem Körper auf. Berührungen durch den Stoff seiner Kleidung, die ihn abzutasten schienen, als würden sie etwas suchen.
Jemand griff an seinem Hals und er schrie laut auf.

„Alles gut, beruhig dich", murmelte eine unbekannte Stimme, ganz dicht an seinem Ohr und er spürte, wie seine Arme gepackt wurden und er hochgezogen wurde. Er merkte, dass er die Kraft hatte auf eigenen Beinen zu stehen, allerdings wirkten die Reize der Außenwelt noch viel zu heftig auf ihn ein, als dass er das auch umsetzen konnte.

Alles war viel zu hell und viel zu laut.

„Sieh an. Unser lieber Namjoon hat es doch tatsächlich durchgezogen und seinen besten Freund verraten."

Taehyung versuchte zu blinzeln, als er den Namen hörte und nach und nach viel ihm alles wieder ein.
Der Auftrag, Jeongguk, Südkorea und... Namjoon.
Als er bei der letzten Erinnerung angekommen war, riss er schlagartig die Augen auf.

Er befand sich in einer sehr großen Lagerhalle. Kaltes Licht flutete den Raum und strahlte ihr Raumschiff direkt an, das wohlbehalten und ohne eine einzige Delle in der Mitte stand. Die Türen waren geöffnet und ein paar Leute schienen die Einrichtung auszuräumen.
Weitere Personen standen etwas abseits und Taehyung brauchte nicht lang, um zu erkennen, dass es sich um Namjoon, Mark Tuan und einige andere handelte.

Mark schien ihn zu beobachten und als er sah, dass Taehyung endlich die Augen aufhatte, kam er zu ihm herüber. Taehyungs Blick jedoch folgte nicht seinen Bewegungen, sondern denen von Namjoon, der ihm hinterher trottete, wie ein treuer Hund.

„Verräter", rief Taehyung laut, als sie bei ihm angekommen waren und versuchte sich aus dem Griff der beiden Typen, die ihn festhielten loszureißen. Einem entwischte er und der andere konnte allein nicht verhindern, dass Taehyung auf seinen besten Freund zustürzte und noch im Lauf zum Schlag ausholte.

Namjoon jedoch reagierte schneller, als irgendeiner der anderen Umstehenden, blockte Taehyung ab und drehte ihm den Arm auf den Rücken, sodass der Jüngere sich nicht mehr rühren konnte, egal wie heftig er sich wehrte, und ihm die Tränen langsam in die Augen traten. Namjoon hielt seinen Griff genau drei Sekunden lang und ließ danach so plötzlich los, dass Taehyung erschrocken zurück stolperte und sein Gleichgewicht verlor.

„Und dafür hast du die Seite gewechselt?"
Mark Tuans kalte Stimme klang ungläubig und Taehyung spürte, wie sein Boss ihm mit dem Fuß leicht anstupste, als würde er testen, ob er noch lebte.
Er rührte sich nicht.
„Für so einen heroischen Idioten..."

„Ja, das hab ich... und jetzt lasst ihn gehen", unterbrach Namjoon Mark ruhig und ging in die Hocke, um eine Hand auf Taehyungs Rücken zu legen und über den Stoff seines Pullovers zu fahren.
Er spürte, dass sein bester Freund zitterte. Ob er weinte oder einfach nur Angst hatte, wusste er nicht.

„Ich bleibe hier", murmelte Taehyung jedoch auf einmal. Seine Stimme war dünn und Namjoon dachte im ersten Moment sich verhört zu haben.
„Was?"

„Ich bleibe hier! Hast du mich nicht verstanden?", brüllte Taehyung jetzt schon fast und richtete sich langsam aber taumelnd wieder auf. Sein Gesicht war gerötet, aber Namjoon wusste, dass er kurz davor war zu weinen.
Sofort traten die beiden Schlägertypen vor und hielten Taehyung fest, als hätte er ihnen gerade verkündet gewaltsam auszubrechen und jeden abzuknallen, der sich ihm in den Weg stellte.

„Na schön. Wenn das dein Wunsch ist, Taehyung", meinte Mark nur und sah grinsend zu Namjoon dem die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben stand.
„Dann führt die zwei jetzt mal auf ihr Zimmer und gebt ihnen was anständiges zu essen... sie haben sehr viel für uns getan, auch wenn es nicht danach aussieht."

Ein Kerl trat hinter Namjoon, aber der schüttelte seine Hand so schnell wie möglich ab, während Taehyung sich richtig in den Griff seiner beiden Aufpasser reinlegte und hinterher ziehen ließ. Sein Gesicht war noch immer wutverzerrt und er starrte Namjoon so finster an, dass dieser nach einer Weile den Blick auf seine Schuhe senken musste.

Sie verließen die Lagerhalle und Namjoon erkannte, dass sie sich in dem Gebäude befanden, in dem er sechs Jahre seines Lebens verbracht und trainiert hatte. Die Gänge kamen ihm sehr vertraut vor, aber es war zu lange her, als dass er genau zuordnen konnte, wohin sie führten.
Je länger sie durch das Gebäude wanderten, desto mehr Erinnerungen an diese Zeit kamen zurück.

Doch als der kleine Tross mitten in einem der weißen Flure stehen blieb und die Wachen Taehyung fallen ließen, um die Tür aufzuschließen, fiel Namjoon plötzlich wieder ein, wo man sie hingebracht hatte. Dieser Teil des Gebäudekomplexes war früher verwendet worden, um die jahrelange Isolation zu simulieren. Sie wurden einzeln in abgedunkelte Räume gebracht, mit Nahrung versorgt und erst nach zwanzig Tagen wieder herausgelassen.
Wer nicht verrückt geworden war, der hatte bestanden.

Da Taehyung sich nicht mehr rechtzeitig halten konnte, war er zu Boden gerutscht. Mit einem leichten entschuldigenden Lächeln auf den Lippen hielt Namjoon seinem besten Freund eine Hand hin, die dieser jedoch nur wegschlug und sich von selbst zurück auf die Beine zog.

„Dass ich hierbleibe hat nichts damit zu tun, dass ich dich so gern hab", zischte Taehyung und marschierte mit hoch erhobenem Kopf in das geöffnete Zimmer hinein. Es sah ein bisschen anders aus, als die zwei es in Erinnerung hatten. Zum einen waren die beiden Fenster weit geöffnet und man konnte die Nachtlichter Pjöngjangs erahnen. Und zum anderen standen neben den zwei Betten ein Tisch und zwei Stühle.
Eine geschlossene Tür führte in einen Nebenraum, wo die Toilette sein musste.

„Womit dann?"
Namjoon hatte Taehyungs Arm gepackt, sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war und sich die Ruhe über den Raum gesenkt hatte. So dämlich er sich dabei auch vorkam, aber irgendwie beruhigte es ihn wieder mit Taehyung allein zu sein. Als wären sie zurück auf dem Schiff, wo ihnen niemand etwas anhaben konnte.

„Dir ist schon klar, dass die mich trotzdem umgebracht hätten, wenn ich gegangen wäre, oder?", fauchte Taehyung und schritt hinüber zum Fenster, um hinauszusehen. Sie befanden sich im sechsten Stock des Gebäudes. Namjoon erinnerte sich auch auf dieser Etage bei seiner Prüfung gewesen zu sein. „Ich weiß alles. Ich kenne den Plan. Und wenn sie mich gefunden und in die Luft gejagt hätten, würde es nicht lange dauern, bis sie das gleiche mit Jeongguk machen... kaum zu fassen, dass du so naiv sein konntest-..."

Ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen kam aus einer Ecke des Zimmers, von einem der Betten und Taehyung und Namjoon zuckten zusammen.

„Was? Jeongguk? Ist er hier?"

Zögernd näherte Namjoon sich dem Bett von dem die heisere Stimme kam. Taehyung reckte den Hals, um etwas erkennen zu können, doch da hatte Namjoon schon die Decke zurückgeschlagen und die dünne Gestalt grob aus dem Bett gerissen und gegen die Wand gedrückt.

Das Licht fiel auf sein Gesicht und Taehyung schnappte überrascht nach Luft.

„Lasst mich los, ihr Penner!", brüllte der dritte Bewohner des Zimmers, trat verzweifelt um sich und schrie, als wäre Namjoon gerade drauf an dran, ihm den Hals umzudrehen.

Es war Min Yoongi.










Mir ist mittlerweile so langweilig, dass ich mir gestern einen einstündigen Livestream angesehen hab.
Ohne Pause.
Und ohne Untertitel.
...
Aber ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass Tae wirklich unnormal hübsch ist.
...
Und was habt ihr so gemacht?

The Final Countdown  ⇢  TaekookWhere stories live. Discover now